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Literatur
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Carl Wunderer, Einfährung in die antike Kunst mit
besonderer Berücksichtigung der modernen Plastik. Vor-
träge. Erlangen 1913. Th. Blaesings Universitätsbuch-
handlung. VII und 74 S.
Die bayerische Oymnasialordnung läßt in ihrem Lehr-
plan der klassischen Archäologie einen Platz; deswegen
namentlich wenden die bayerischen Gymnasiallehrer der an-
tiken Kunst ein besonderes Interesse zu. Ihre Tätigkeit
darin ist vorbildlich auch für die anderen deutschen Staaten,
in denen dieser Teil der "Altertumskunde zum Teil noch
nicht die gebührende Beachtung gefunden hat. Auf Grund
von an Gymnasien gehaltenen Vorträgen, die sich dann aber
auch an ein größeres Publikum wandten, ist Wunderers
»Einführung in die antike Kunst« entstanden, ein treffliches
Büchlein, das weiteste VerbreitungverdientundStudierenden,
Künstlern sowie sich bilden wollenden Freunden der Kunst
Wissen und Anregung schaffen kann. Wunderer will in
das Wesen der griechischen Kunst einführen, indem er ihre
Entwicklung an hervorragenden ausgewählten Werken zeigt.
Einleitende Gedanken über die Aufgabe der Kunst überhaupt
und die Bedeutung der griechischen Kunst, die vielleicht
nach dem Kriege nochmals höher eingeschätzt werden muß
als bisher, sind vorausgeschickt. Sieben weitere Vorträge
führen von der Zeit der großen Tempelbauten bis zur helle-
nistisch-römischen Kunst. Dem Grabmal und dem Porträt
st der 9. Vortrag gewidmet. Die vergleichende Methode,
die Wunderer leitet, wendet er auch insofern an, als er in
seinem 10. Vortrag die antike Plastik mit der modernen ver-
gleicht, wobei er natürlich nur solche Künstler unserer Zeit
heranführt, welche auf der antiken Kunst weiterbauend
modernes Empfinden mit dem antiken Formensinn vereinigt
haben. Als solche werden Begas, Meunier, Hildebrand,
Klinger betrachtet. Photographien des Kapitolinischen
Dornausziehers, der Athena Parthenos (Varvakion) und des
Klingerschen Beethoven begleiten den hübsch geschriebenen,
vielfach mit Dichterworten ausgeschmückten Text.
M. Maas
Adolf von Oechelhäuser, Krieg und Kunst. G. Braun-
sche Hofbuchdruckerei und Verlag, Karlsruhe i. B. 1915.
Der Verfasser behandelt das dankbare und zeitgemäße
Thema, ohne auf die zu Anfang des Krieges viel erörterten
Vorwürfe einzugehen, die von Feinden und sogenannten
»Neutralen« gegen unsere Kriegführung im Westen erhoben
werden; auch auf die Beziehungen zwischen dem Kriege und
den bildenden Künsten geht er nur insofern ein, als er
zu zeigen sucht, daß Politik und Kunst streng auseinander
zu halten sind. Der Begriff des »Nationalen« ist nach
Oechelhäusers Darlegungen eine mit Sprachengemeinschaft
und Rassenreinheit fest verbundene Vorstellung. Trotz des
engen politischen Zusammenschlusses im österreichischen
Nationalstaate empfindet und äußert sich die deutsche Volks-
seele nun einmal anders als die ungarische und slawische,
und selbst innerhalb des fast ganz aus germanischen Ele-
menten zusammengesetzten Deutschen Reiches lassen sich
eigenartige Strömungen mit stark ausgeprägtem National-
charakter je nach der früheren Stammesangehörigkeit der
einzelnen Volksteile deutlich unterscheiden. An Beispielen
aus der Literaturgeschichte zeigt der Verfasser, daß in Zeiten,
da das Volk als solches am Kriege nicht beteiligt war,
d. h. als noch Söldner die Schlachten seiner Herrscher und
Regierungen schlugen, von einem tiefer gehenden Einflüsse
des Krieges auf die Dichtkunst nicht gesprochen werden kann.
Das eigentliche Kriegslied beginnt erst mit dem klas-
sischen Nationalhymnus der Franzosen, der Marseillaise,
die im Jahre 1792 zum ersten Male erklang, und mit den
patriotischen Dichtungen unserer Freiheitskriege; es findet
seine Fortsetzung in der deutschen Volksdichtung der vier-
ziger Jahre, als das junge Deutschland die Morgenröte einer
glücklicheren Zeit begrüßte, dann während der Kriege, die
Deutschlands Einigung vorbereiteten und verwirklichten.
Wenn man im Hinblick auf jene Zeiten aus der Art und
Fülle dichterischer Produktion einen Schluß auf die Volks-
tümlichkeit eines Krieges machen darf, so ist der deutsche
Krieg, den wir jetzt gegen eine Welt von Feinden führen,
der volkstümlichste, den Deutschland je erlebt hat. Das
deutsche Volk kämpft und dichtet, der Berufene und auch
der Unberufene sucht die mannigfachen Empfindungen
dichterisch auszulösen, die der Krieg erweckt, und wenn
dermaleinst der Weizen von der Spreu gesondert wird,
dann kann nach Oechelhäusers Uberzeugung Deutschland
auch auf diesem Gebiete in Ehren bestehen.
Zu seinem Hauptthema übergehend, fragtX)echelhäuser,
ob der Krieg und die bildenden Künste in ähnlichem Zu-
sammenhange miteinander stehen, das heißt, ob das natio-
nale Element auch hier als ausschlaggebend zu betrachten
ist, und ob die kriegerische Erhebung eines Volkes be-
fruchtend und steigernd auf die Entwicklung der bildenden
Künste einwirkt. An einer langen Reihe von Darlegungen
aus der Kunstgeschichte aller Zeiten erörtert er ausführlich,
daß die Kunst weder Verstandes- noch Gefühlserzeugnis
ist, daß kein Gesetz und keine Regel den Schaffensdrang
des souveränen, jeder Zeit und jeder Schranke spottenden
Künstlergenius bestimmen. Doch wäre es grundfalsch,
daraus die Folgerung zu ziehen, es gäbe keine nationale
Kunst. Es hat vielmehr bei uns und bei anderen Völkern
zu allen Zeiten Künstler gegeben, die wegen ihrer stark
ausgeprägten Eigenart dem nationalen Empfinden beson-
ders nahe gekommen und dadurch besonders volkstümlich
geworden sind, und der Verfasser hofft, daß unserem Volke
nach siegreich beendetem Kriege das Glück beschieden
sein wird, auch künstlerische Großtaten aufzuweisen. In-
folge der Steigerung des Bewußtseins unserer Kraft wird
das nationale Selbstgefühl sich steigern, die unselige Aus-
länderei abschütteln und eine ehrliche, eigenartige und selb-
ständige deutsche Kunst im Anschluß an unsere eigene
große Vergangenheit hervorbringen, eine Kunst, die deutsch
ist imStreben nach den gleichen Idealen, ausdenenunserVolk
seinen Opfermut und seine Kraft zum Siege schöpft. b.
MODERNE GRAPHIK
Reich mit 60 Abbildungen
illustrierter KATALOG an ernsthafte
Interessenten unberechnet
E. A. SEEMANN VERLAG IN LEIPZIG
Inhalt: Kasseler Brief. Von O. Qr. — Paul Meyerheim t- Kaoru Inouye t- Peter Oelbert t- Carl Weber f. Oeorg Oalland f. Wilhelm
Widemann t- — Personalien. — Römerfunde in Nordafrika; Weitere Funde im Fritzlarer Dom. - Berliner Ausstellungen. — Berliner
Kupferstichkabinett. — Berliner Akademie der Künste. — Stiftung für Wiesbaden. — Beratungsstelle für Kriegerdenkmäler in Sachsen. —
Perspektive; Mitteilungen über Mänyoki; Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens. — Karl Scheffler, Die Architektur der Großstadt; Carl
Wunderer, Einführung in die antike Kunst; Adolf von Oechelhäuser, Krieg und Kunst. — Anzeige.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b.h., Leipzig
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Carl Wunderer, Einfährung in die antike Kunst mit
besonderer Berücksichtigung der modernen Plastik. Vor-
träge. Erlangen 1913. Th. Blaesings Universitätsbuch-
handlung. VII und 74 S.
Die bayerische Oymnasialordnung läßt in ihrem Lehr-
plan der klassischen Archäologie einen Platz; deswegen
namentlich wenden die bayerischen Gymnasiallehrer der an-
tiken Kunst ein besonderes Interesse zu. Ihre Tätigkeit
darin ist vorbildlich auch für die anderen deutschen Staaten,
in denen dieser Teil der "Altertumskunde zum Teil noch
nicht die gebührende Beachtung gefunden hat. Auf Grund
von an Gymnasien gehaltenen Vorträgen, die sich dann aber
auch an ein größeres Publikum wandten, ist Wunderers
»Einführung in die antike Kunst« entstanden, ein treffliches
Büchlein, das weiteste VerbreitungverdientundStudierenden,
Künstlern sowie sich bilden wollenden Freunden der Kunst
Wissen und Anregung schaffen kann. Wunderer will in
das Wesen der griechischen Kunst einführen, indem er ihre
Entwicklung an hervorragenden ausgewählten Werken zeigt.
Einleitende Gedanken über die Aufgabe der Kunst überhaupt
und die Bedeutung der griechischen Kunst, die vielleicht
nach dem Kriege nochmals höher eingeschätzt werden muß
als bisher, sind vorausgeschickt. Sieben weitere Vorträge
führen von der Zeit der großen Tempelbauten bis zur helle-
nistisch-römischen Kunst. Dem Grabmal und dem Porträt
st der 9. Vortrag gewidmet. Die vergleichende Methode,
die Wunderer leitet, wendet er auch insofern an, als er in
seinem 10. Vortrag die antike Plastik mit der modernen ver-
gleicht, wobei er natürlich nur solche Künstler unserer Zeit
heranführt, welche auf der antiken Kunst weiterbauend
modernes Empfinden mit dem antiken Formensinn vereinigt
haben. Als solche werden Begas, Meunier, Hildebrand,
Klinger betrachtet. Photographien des Kapitolinischen
Dornausziehers, der Athena Parthenos (Varvakion) und des
Klingerschen Beethoven begleiten den hübsch geschriebenen,
vielfach mit Dichterworten ausgeschmückten Text.
M. Maas
Adolf von Oechelhäuser, Krieg und Kunst. G. Braun-
sche Hofbuchdruckerei und Verlag, Karlsruhe i. B. 1915.
Der Verfasser behandelt das dankbare und zeitgemäße
Thema, ohne auf die zu Anfang des Krieges viel erörterten
Vorwürfe einzugehen, die von Feinden und sogenannten
»Neutralen« gegen unsere Kriegführung im Westen erhoben
werden; auch auf die Beziehungen zwischen dem Kriege und
den bildenden Künsten geht er nur insofern ein, als er
zu zeigen sucht, daß Politik und Kunst streng auseinander
zu halten sind. Der Begriff des »Nationalen« ist nach
Oechelhäusers Darlegungen eine mit Sprachengemeinschaft
und Rassenreinheit fest verbundene Vorstellung. Trotz des
engen politischen Zusammenschlusses im österreichischen
Nationalstaate empfindet und äußert sich die deutsche Volks-
seele nun einmal anders als die ungarische und slawische,
und selbst innerhalb des fast ganz aus germanischen Ele-
menten zusammengesetzten Deutschen Reiches lassen sich
eigenartige Strömungen mit stark ausgeprägtem National-
charakter je nach der früheren Stammesangehörigkeit der
einzelnen Volksteile deutlich unterscheiden. An Beispielen
aus der Literaturgeschichte zeigt der Verfasser, daß in Zeiten,
da das Volk als solches am Kriege nicht beteiligt war,
d. h. als noch Söldner die Schlachten seiner Herrscher und
Regierungen schlugen, von einem tiefer gehenden Einflüsse
des Krieges auf die Dichtkunst nicht gesprochen werden kann.
Das eigentliche Kriegslied beginnt erst mit dem klas-
sischen Nationalhymnus der Franzosen, der Marseillaise,
die im Jahre 1792 zum ersten Male erklang, und mit den
patriotischen Dichtungen unserer Freiheitskriege; es findet
seine Fortsetzung in der deutschen Volksdichtung der vier-
ziger Jahre, als das junge Deutschland die Morgenröte einer
glücklicheren Zeit begrüßte, dann während der Kriege, die
Deutschlands Einigung vorbereiteten und verwirklichten.
Wenn man im Hinblick auf jene Zeiten aus der Art und
Fülle dichterischer Produktion einen Schluß auf die Volks-
tümlichkeit eines Krieges machen darf, so ist der deutsche
Krieg, den wir jetzt gegen eine Welt von Feinden führen,
der volkstümlichste, den Deutschland je erlebt hat. Das
deutsche Volk kämpft und dichtet, der Berufene und auch
der Unberufene sucht die mannigfachen Empfindungen
dichterisch auszulösen, die der Krieg erweckt, und wenn
dermaleinst der Weizen von der Spreu gesondert wird,
dann kann nach Oechelhäusers Uberzeugung Deutschland
auch auf diesem Gebiete in Ehren bestehen.
Zu seinem Hauptthema übergehend, fragtX)echelhäuser,
ob der Krieg und die bildenden Künste in ähnlichem Zu-
sammenhange miteinander stehen, das heißt, ob das natio-
nale Element auch hier als ausschlaggebend zu betrachten
ist, und ob die kriegerische Erhebung eines Volkes be-
fruchtend und steigernd auf die Entwicklung der bildenden
Künste einwirkt. An einer langen Reihe von Darlegungen
aus der Kunstgeschichte aller Zeiten erörtert er ausführlich,
daß die Kunst weder Verstandes- noch Gefühlserzeugnis
ist, daß kein Gesetz und keine Regel den Schaffensdrang
des souveränen, jeder Zeit und jeder Schranke spottenden
Künstlergenius bestimmen. Doch wäre es grundfalsch,
daraus die Folgerung zu ziehen, es gäbe keine nationale
Kunst. Es hat vielmehr bei uns und bei anderen Völkern
zu allen Zeiten Künstler gegeben, die wegen ihrer stark
ausgeprägten Eigenart dem nationalen Empfinden beson-
ders nahe gekommen und dadurch besonders volkstümlich
geworden sind, und der Verfasser hofft, daß unserem Volke
nach siegreich beendetem Kriege das Glück beschieden
sein wird, auch künstlerische Großtaten aufzuweisen. In-
folge der Steigerung des Bewußtseins unserer Kraft wird
das nationale Selbstgefühl sich steigern, die unselige Aus-
länderei abschütteln und eine ehrliche, eigenartige und selb-
ständige deutsche Kunst im Anschluß an unsere eigene
große Vergangenheit hervorbringen, eine Kunst, die deutsch
ist imStreben nach den gleichen Idealen, ausdenenunserVolk
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