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Franz Zauner, ein klassizistischer Bildhauer Österreichs
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unterrichtet. Hier eine der vielen Lücken in der Kunst-
geschichte des Klassizismus ausgefüllt zu haben, und
zwar in der Weise, die man endgültig nennen daif, ist
das Verdienst dieses Buches. Burg, der seinem Studien-
gange nach der Wiener Schule angehört, .zeigt die
großen Vorzüge dieser Schule, die strenge Objektivität
der Darstellung, die eindringliche Materialkenntnis, das
Vermeiden alles ästhetischen, nach dem Feuilleton
schmeckenden Geredes. Sein Buch hat die Auszeichnung
verdient, in vorbildlicher Ausstattung mit reichlichen
und wohlgelungenen Abbildungen vom K. K. Ministe-
rium für Kultus und Unterricht herausgegeben zu
werden. Bei der Beschriftung der Abbildungen wäre
nur noch die Angabe des Aufenthaltortes wünschenswert
gewesen, den man sich so erst aus dem Verzeichnis
der Werke1) am Schluß heraussuchen muß.
Mit Klarheit und Umsicht schildert Burg den Ver-
lauf dieses Künstlerlebens aus den dunkeln und ver-
worrenen Zuständen eines Bildschnitzer- und Stein-
metzenlehrlings zum Hofstatuarius und Direktor der
Wiener Kunstakademie. Gerade die Jugendentwicklung
bot dem Biographen Schwierigkeiten. Sie sind, soweit
es das Material zuließ, trefflich gelöst. Mit wahrer
Anteilnahme liest man diesen mühseligen Aufstieg, der
den schüchternen Tiroler Bauernjungen aus Valpatann
durch eine harte Schule nach Wien unter die Fuchtel
des »eigentlichen Beherrschers der Wiener Bildhauer-
kunst«, Johann Christian Wilhelm Beyers führt. Dieser
interessante Typ, halb Künstler, halb Unternehmer,
steht an der Spitze der Persönlichkeiten aus dem Leben
Zauners, die den Chorus der Zeitgenossen bilden und
die Burg mit Liebe und Verständnis geschildert hat.
Ausgezeichnet, was er hier über die Elemente des Stils
dieses Künstlers sagt: man erhält einen klaren Einblick
in das Tasten und Suchen, das Anlehnen und das
Zurückgreifen, in die Verworrenheit der künstlerischen
Anschauungen, aus denen sich der klassizistische Stil
emporarbeitet. Wie sind diese Meister doch voll
inneren Widerspruchs! Auch Beyer, der heftig gegen
die Franzosen polemisiert, unterliegt praktisch ihrem
Einfluß. Aber Zauner hat seinen tiroler Bauernkopf
für sich. Sein Donau-Enns-Brunnen in Schönbrunn,
so französisch er noch mit seiner Felskomposition
anmutet, hat doch schon die Elemente des klassizis-
tischen Stiles in sich. Er trägt ihm das Romstipen-
dium und die Gunst des Staatskanzlers Fürsten Kaunitz
ein. Von nun an geht der Weg in gerader Linie
weiter. In Rom bildet sich Zauner zum Klassizisten
um; maßgebend für ihn, praktisch wie theoretisch,
wird, wie für so manchen anderen Bildhauer, Alexander
Trippel. Eine innige Freundschaft schließt er dort
mit Füger, dem er später, als Füger 1806 nicht ganz
freiwillig das Direktorat der Kunstakademie nieder-
legt, im Amte nachfolgt. Vier Jahre, 1776—80, währt
der römische Studienaufenthalt.
1) Eine sachliche Kleinigkeit sei bei der Statuette des
Genius Bornii (S. 168) angemerkt. Burg findet die Sig-
natur B. (!) Zauner auffallend. B. ist in diesem Fall wohl
sicher als Bruder aufzulösen; Born und Zauner waren Logen-
brüder, Born, als Zauner in die Loge »Zur Wahrheit« ein-
trat, Meister vom Stuhl.
Heimgekehrt fallen ihm zunächst Arbeiten mehr
dekorativen Charakters zu: der sparsame plastische
Schmuck am Palais des Grafen Fries (Pallavicini), das
Hohenberg erbaut hat. Hier bringt Burg den wich-
tigen Nachweis, daß die Karyatiden am Hauptportal
erst vier Jahre später aufgestellt wurden und große
Vasen ersetzten, die in den Park von Vöslau kamen.
Auch die knienden Engel, die den von Hohenberg
der Stilreinheit wegen in gotischen Formen erbauten
Altar — Gotik von 1784! — schmückten und hundert
Jahre später in die Kirche eines kleinen Bauerndorfes,
Sarasdorf nahe der ungarischen Grenze, geschenkt
wurden, weiche und von der Sentimentalität der Zeit
erfüllte Gestalten, ordnen sich noch dekorativ einem
architektonischen Gefüge ein.
Der Monumentalplastiker offenbart sich in zwei
Grabmälern: das eine, das die Witwe Laudons dem
Feldmarschall im Walde bei Hadersdorf errichten ließ,
bringt mit dem seitab neben dem schweren antiken
Sarkophag sitzenden trauernden Ritter in Rüstung und
Schnurrbart dem romantischen Empfinden der Zeit
einen Tribut. Es heißt, Freund Füger habe den Ent-
wurf vorgezeichnet, aber das unmittelbar sich anschlie-
ßende Grabmal Kaiser Leopolds II. in der Augustiner-
kirche, ein Hauptwerk Zauners, beweist, daß die
malerische Lockerung der Komposition, die man beim
Laudonsgrab gern dem Einfluß Fügers zuschreibt,
doch in der Richtung der plastischen Phantasie des
Bildhauers selbst lag. Denn auch die an den Sarkophag
des Kaisers gelehnte weibliche Allegorie, »eine keusche
Priesterin unter der züchtigen Verhüllung der in weichen
Kurven fließenden Gewänder« ist genau so locker hin-
zugestellt wie am Laudongrab der sitzende Ritter.
Beides sind alte barocke Kompositionselemente in
modischer Wandlung. Mit Recht weist Burg für die
Figur des ausgestreckt auf dem Sarkophag liegenden
Kaisers auf Schadows schlummernden Grafen von der
Mark hin, der 1793 in Sintzenichs Schabkunstblatt den
ausländischen Künstlern bekannt geworden war. Welch
Unterschied indessen in der steifen, von der schwerge-
schienten Rüstung beengten Haltung des Kaisers gegen
die holde Schlummerruhe des kleinen Grafen! Also
auch hier kein eigentlich originaler Gedanke so wenig
wie auf dem Grabmal des Grafen Johann Fries und
seines ihm schnell nachgestorbenen Sohnes Josef im
Schloßpark zu Vöslau, das sich, wie Burg zutreffend
beobachtet hat, frei an die antike Gruppe des Künstlers
Menelaos anlehnt.
Ausführlich ist dann die Rede von dem großen
Reiterdenkmal auf dem Josefsplatz (1795—1806). Die
Typen des barocken Reitermonuments, das sich bäu-
mende und das ruhig schreitende Pferd, die in Wien
schon Balthasar Moll für seinen Josef II. und Franz [.
verwandt hatte, der Wettstreit zwischen antikem Gewand
und historischer Zeittracht, die Einordnung des Mo-
numents in die große architektonische Anlage nach dem
Muster der französischen places royales — alle diese bei
jedem Denkmal der Zeit die Künstler aufregenden
Fragen werden mit knappen Worten gestreift; die tech-
nische Herstellung in Bronzeguß, nachdem die vorher-
gehenden Generationen das weiche schmiegsame Blei
Franz Zauner, ein klassizistischer Bildhauer Österreichs
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unterrichtet. Hier eine der vielen Lücken in der Kunst-
geschichte des Klassizismus ausgefüllt zu haben, und
zwar in der Weise, die man endgültig nennen daif, ist
das Verdienst dieses Buches. Burg, der seinem Studien-
gange nach der Wiener Schule angehört, .zeigt die
großen Vorzüge dieser Schule, die strenge Objektivität
der Darstellung, die eindringliche Materialkenntnis, das
Vermeiden alles ästhetischen, nach dem Feuilleton
schmeckenden Geredes. Sein Buch hat die Auszeichnung
verdient, in vorbildlicher Ausstattung mit reichlichen
und wohlgelungenen Abbildungen vom K. K. Ministe-
rium für Kultus und Unterricht herausgegeben zu
werden. Bei der Beschriftung der Abbildungen wäre
nur noch die Angabe des Aufenthaltortes wünschenswert
gewesen, den man sich so erst aus dem Verzeichnis
der Werke1) am Schluß heraussuchen muß.
Mit Klarheit und Umsicht schildert Burg den Ver-
lauf dieses Künstlerlebens aus den dunkeln und ver-
worrenen Zuständen eines Bildschnitzer- und Stein-
metzenlehrlings zum Hofstatuarius und Direktor der
Wiener Kunstakademie. Gerade die Jugendentwicklung
bot dem Biographen Schwierigkeiten. Sie sind, soweit
es das Material zuließ, trefflich gelöst. Mit wahrer
Anteilnahme liest man diesen mühseligen Aufstieg, der
den schüchternen Tiroler Bauernjungen aus Valpatann
durch eine harte Schule nach Wien unter die Fuchtel
des »eigentlichen Beherrschers der Wiener Bildhauer-
kunst«, Johann Christian Wilhelm Beyers führt. Dieser
interessante Typ, halb Künstler, halb Unternehmer,
steht an der Spitze der Persönlichkeiten aus dem Leben
Zauners, die den Chorus der Zeitgenossen bilden und
die Burg mit Liebe und Verständnis geschildert hat.
Ausgezeichnet, was er hier über die Elemente des Stils
dieses Künstlers sagt: man erhält einen klaren Einblick
in das Tasten und Suchen, das Anlehnen und das
Zurückgreifen, in die Verworrenheit der künstlerischen
Anschauungen, aus denen sich der klassizistische Stil
emporarbeitet. Wie sind diese Meister doch voll
inneren Widerspruchs! Auch Beyer, der heftig gegen
die Franzosen polemisiert, unterliegt praktisch ihrem
Einfluß. Aber Zauner hat seinen tiroler Bauernkopf
für sich. Sein Donau-Enns-Brunnen in Schönbrunn,
so französisch er noch mit seiner Felskomposition
anmutet, hat doch schon die Elemente des klassizis-
tischen Stiles in sich. Er trägt ihm das Romstipen-
dium und die Gunst des Staatskanzlers Fürsten Kaunitz
ein. Von nun an geht der Weg in gerader Linie
weiter. In Rom bildet sich Zauner zum Klassizisten
um; maßgebend für ihn, praktisch wie theoretisch,
wird, wie für so manchen anderen Bildhauer, Alexander
Trippel. Eine innige Freundschaft schließt er dort
mit Füger, dem er später, als Füger 1806 nicht ganz
freiwillig das Direktorat der Kunstakademie nieder-
legt, im Amte nachfolgt. Vier Jahre, 1776—80, währt
der römische Studienaufenthalt.
1) Eine sachliche Kleinigkeit sei bei der Statuette des
Genius Bornii (S. 168) angemerkt. Burg findet die Sig-
natur B. (!) Zauner auffallend. B. ist in diesem Fall wohl
sicher als Bruder aufzulösen; Born und Zauner waren Logen-
brüder, Born, als Zauner in die Loge »Zur Wahrheit« ein-
trat, Meister vom Stuhl.
Heimgekehrt fallen ihm zunächst Arbeiten mehr
dekorativen Charakters zu: der sparsame plastische
Schmuck am Palais des Grafen Fries (Pallavicini), das
Hohenberg erbaut hat. Hier bringt Burg den wich-
tigen Nachweis, daß die Karyatiden am Hauptportal
erst vier Jahre später aufgestellt wurden und große
Vasen ersetzten, die in den Park von Vöslau kamen.
Auch die knienden Engel, die den von Hohenberg
der Stilreinheit wegen in gotischen Formen erbauten
Altar — Gotik von 1784! — schmückten und hundert
Jahre später in die Kirche eines kleinen Bauerndorfes,
Sarasdorf nahe der ungarischen Grenze, geschenkt
wurden, weiche und von der Sentimentalität der Zeit
erfüllte Gestalten, ordnen sich noch dekorativ einem
architektonischen Gefüge ein.
Der Monumentalplastiker offenbart sich in zwei
Grabmälern: das eine, das die Witwe Laudons dem
Feldmarschall im Walde bei Hadersdorf errichten ließ,
bringt mit dem seitab neben dem schweren antiken
Sarkophag sitzenden trauernden Ritter in Rüstung und
Schnurrbart dem romantischen Empfinden der Zeit
einen Tribut. Es heißt, Freund Füger habe den Ent-
wurf vorgezeichnet, aber das unmittelbar sich anschlie-
ßende Grabmal Kaiser Leopolds II. in der Augustiner-
kirche, ein Hauptwerk Zauners, beweist, daß die
malerische Lockerung der Komposition, die man beim
Laudonsgrab gern dem Einfluß Fügers zuschreibt,
doch in der Richtung der plastischen Phantasie des
Bildhauers selbst lag. Denn auch die an den Sarkophag
des Kaisers gelehnte weibliche Allegorie, »eine keusche
Priesterin unter der züchtigen Verhüllung der in weichen
Kurven fließenden Gewänder« ist genau so locker hin-
zugestellt wie am Laudongrab der sitzende Ritter.
Beides sind alte barocke Kompositionselemente in
modischer Wandlung. Mit Recht weist Burg für die
Figur des ausgestreckt auf dem Sarkophag liegenden
Kaisers auf Schadows schlummernden Grafen von der
Mark hin, der 1793 in Sintzenichs Schabkunstblatt den
ausländischen Künstlern bekannt geworden war. Welch
Unterschied indessen in der steifen, von der schwerge-
schienten Rüstung beengten Haltung des Kaisers gegen
die holde Schlummerruhe des kleinen Grafen! Also
auch hier kein eigentlich originaler Gedanke so wenig
wie auf dem Grabmal des Grafen Johann Fries und
seines ihm schnell nachgestorbenen Sohnes Josef im
Schloßpark zu Vöslau, das sich, wie Burg zutreffend
beobachtet hat, frei an die antike Gruppe des Künstlers
Menelaos anlehnt.
Ausführlich ist dann die Rede von dem großen
Reiterdenkmal auf dem Josefsplatz (1795—1806). Die
Typen des barocken Reitermonuments, das sich bäu-
mende und das ruhig schreitende Pferd, die in Wien
schon Balthasar Moll für seinen Josef II. und Franz [.
verwandt hatte, der Wettstreit zwischen antikem Gewand
und historischer Zeittracht, die Einordnung des Mo-
numents in die große architektonische Anlage nach dem
Muster der französischen places royales — alle diese bei
jedem Denkmal der Zeit die Künstler aufregenden
Fragen werden mit knappen Worten gestreift; die tech-
nische Herstellung in Bronzeguß, nachdem die vorher-
gehenden Generationen das weiche schmiegsame Blei