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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Bredius, Abraham: Ein neuer Hercules Seghers
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https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0049

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Ein neuer Hercules Seghers

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erste Frau hieß Cathalyna Heemees; sie war sechzehn
Jahre älter als er. Hoffentlich bringen die Archive
darüber noch näheres ans Licht.

Wenn ich den von Kühlmannschen Seghers in
seine mittlere Periode setze, müßte ich also spätestens
an das Jahr 1625 denken. Und da staunt man, wenn
man dieses ganz modern anmutende Bild mit den
Werken von gleichzeitigen Künstlern: Esaias van de
Velde, van Ooyen, Salomon Ruysdael, vergleicht.
Sie alle haben in dieser Zeit noch etwas Alter-
tümliches, Steifes, besonders in der Behandlung der
Bäume, und das Kolorit ist bei ihnen oft noch schwer,
bei den zwei letztgenannten stark ins bräunlich-gelb-
liche hinüberspielend. Hier finden wir eine so feine,
zarte Farbgebung: die feinen Nuancen in den Baum-
partien links, die leuchtenden, von der Sonne be-
schienenen roten Dächer rechts, der fein gestimmte
Himmel (ein ganz helles Grau-Blau, mit weißen
Wölkchen), daß man das Bild zwischen moderne
Landschaften der Barbizon- und Haager Schulen hängen
könnte, ohne daß es altertümlich erscheinen würde.
Die kühne Linie, gebildet durch den Hügel auf
dem Vordergrunde, der als Repoussoir dient, stört

merkwürdigerweise gar nicht; der Hügel kommt uns
ganz plausibel vor.

Charakteristisch für Seghers sind die zackigen,
spitzen Bäume (Lärchen), die er so gerne malt und
die, ich möchte sagen, Bewegung in seine Land-
schaften bringen. Man findet sie auch auf dem
Simonschen und dem Kronigschen Bilde und in fast
all seinen Landschaftsradierungen. Sie sind gleich-
sam eine Signatur des Künstlers.

Das Bild ist auf Holz gemalt, 25 cm hoch und
40 cm breit und vortrefflich erhalten.

Auch hier ist Seghers der Bahnbrecher, seinen Zeit-
genossen weit überlegen und allen holländischen Land-
schaftsmalern ein Viertel jahrhundert voraus. Das Bild steht
vollständig auf der Höhe der Jacob van Ruisdaels aus den
fünfziger Jahren und wäre ein prächtiges Gegenstück zum
kleinen Jacob van Ruisdael des Haarlemer Museums.

Hoffen wir, daß es noch nicht das letzte Bild des
unglücklichen Künstlers ist, das wieder ans Licht
gebracht wird! In alten Inventaren kommen (um 1630
bis 1660) Dutzende seiner Bilder vor — ich fand
Nachtbilder, Bilder mit einem Brunnen usw. er-
wähnt —, es bleibt noch vieles »zu entdecken«!
 
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