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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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18g

Funde — Ausstellungen

1Q0

widmet. Die Ausschmückung der Maximilians-Oedäclitnis-
kirche wird sich vorwiegend auf dem Gebiete der Malerei
und zum kleineren Teil auf dem der plastischen Kunst be-
wegen. Krieg und Frauenleben in Verbindung mit reli-
giösen Darstellungen werden das Motiv der Ausschmückung
bilden, zu dem noch Gedenktafeln und anderer plastischer
Schmuck treten werden.

FUNDE

Altertumsfund in Griechenland. In der sagenum-
wobenen uralten Burg Tiryns (bei Argos) ist, wie die »Neue
Zür. Ztg.« berichtet, ein ebenso merkwürdiger wie kostbarer
Schatz aus dreitausendjähriger Grabesruhe ans Licht ge-
fördert worden. Mit dem Graben eines tiefen Loches be-
schäftigt, stieß ein Arbeiter der Ackerbauschule von Tiryns
plötzlich auf Metall. Der vom Finder sofort benachrichtigte
Vorsteher Guda ordnete die sorgfältige Bergung des Fundes
und dessen Überführung nach dem archäologischen Museum
in Athen an. Nach der »Patris« besteht der Gesamtfund,
zu dessen Besichtigung sich im Nationalmuseum der Kultus-
minister Michelidakis, der Erste Sekretär des Deutschen
Archäologischen Instituts Prof. Dr. Karo einfanden, aus
einer Anzahl kunstvoll gearbeiteter goldener Ringe, wo-
von der eine von ungewöhnlicher Größe, Diademen, Hais-
und Armbändern und sonstigen Schmuckgegenständen von
Gold, Achat, Elfenbein, Bernstein, Glasmasse usw. Sämt-
liche Stücke sind in reinster Schönheit erhalten, zum großen
Teil mit eingravierten mythologischen und allegorischen
Bildern von großer Feinheit versehen. Nur ihr Glanz habe
im Laufe der Jahrtausende gelitten, aber der Wert sei un-
schätzbar hoch. Die Sammlung war in einem ehernen Ge-
fäß eingeschlossen und dieses wiederum in einem großen
Kessel, der verschiedene kleinere Becken enthielt sowie
einen Dreifuß, mehrere Schwerter und viele Gebrauchsge-
genstände. Der Schatz war augenscheinlich in einem ge-
wöhnlichen Nebenhaus prähistorischerZeit verborgen worden
und deutet auf den Stamm der Chetäer in Kleinasien. Die
Technik sei die assyrisch-babylonische.

AUSSTELLUNGEN

Berliner Ausstellungen. In die Räume der »Berliner
Sezession« — man muß es der Deutlichkeit halber hinzu-
setzen, daß es sich um das neue Haus der Corinth-Gruppe
handelt — hat eine »Wiener Kunstschau« ihren Einzug
gehalten. Man war gewöhnt, unter dieser Bezeichnung das
ganze Vielerlei Neu-Wiener Werkstättenkunst zu verstehen
mit Kleidern und Möbeln, Schmucksachen und vergoldeten
Fayencen, diese typisch Wienerisch neumodische Eleganz,
die ihre eigene Note besitzt, und wie immer man sich zu
ihr stellen mag, als selbständige Schöpfung ihren Platz
behauptet und Beachtung erheischt. Auch bei uns in
Deutschland hat das neue Kunstgewerbe sich seine Geltung
erobert, aber es hat niemals eine derart beherrschende
Stellung gewonnen wie in Wien. Man konnte es sogar
beobachten, wie die besten unter unseren Malern und
Bildhauern, etwa die ehemalige Berliner Sezession, um die
prominenteste Gruppe zu bezeichnen, eine leise ablehnende
Haltung beobachteten. Das Publikum verdachte es ihren
Ausstellungen oft, daß sie die billigen Effekte kunstgewerb-
licher Zurichtung verschmähten. Aber dem zu Grunde lag
die gesunde Scheu vor nichts als dekorativen Wirkungen.
Es ist etwas anderes, mit Farben angenehme Effekte zu
erzielen, etwa auf Stoffen oder Tapeten, oder diese selben
Farben zum Bilde zu verarbeiten. Es ist so grundsätzlich
verschieden, so nahe es dem oberflächlichen Blick scheinen

mag, daß eines dem anderen nicht Raum zu lassen ver-
mag. Darum muß es als ein Zeichen gesunder Kraft
gelten, daß die deutschen Sezessionen eine engere Ge-
meinschaft mit den Bestrebungen der neuen Handwerkskunst
nicht suchten, vielleicht sogar mieden. Und aber darum ist
es ein bedenkliches Symptom, daß die Wiener Sezession
mehr und mehr in das Kielwasser der Werkstätten geriet.
Der Ehrgeiz eines Malers wie Gustav Klimt zielt nicht
höher, als es den raffinierten Farbenspielen der Muster-
zeichner gleichzutun und Dekorationsstücke zu schaffen,
die einem geschmäcklerisch hergerichteten Räume gleich
einem bunten Vorhang oder einer Fensterverglasung
die koloristische Note geben. Daß »Tod und Liebe« als
Vorwand für ein solches Dekorationsstück herhalten müssen,
bleibt ein äußerlicher Zufall. Daß dieses neue Werk in
Anlage und Komposition auf ein Haar den ehemals so
umstrittenen Bildern für die Wiener Universität gleicht,
zeigt die Ärmlichkeit des Schemas, ein Vorwurf, der auch
dem engumgrenzten Motivenschatz des Wiener Ornamentes,
von dem Klimts Gemälde Musterkarten zu sein pflegen,
nicht erspart werden kann.

Daß Klimts Werke einmal ernsthaft als Äußerungen
hohen Kunstgeistes diskutiert werden konnten, will heut
kaum mehr begreiflich erscheinen. Wie bedeutsam aber
trotzdem sein Einfluß noch jetzt in Wien sich fühlbar macht,
zeigt diese Ausstellung. Die Kunst Egon Schieies ist nichts
als ein zweiter Aufguß des Klimtschen Gebräus mit einem
Zusatz von Braun zu den rosig süßen Farben des Originals,
von hektischer Kränklichkeit zu der im Grunde naiven
Sinnlichkeit der Empfindung Klimts. Die sexualpathologi-
sche Zuspitzung der Motive verweist nach der anderen
Zentralsonne Neu-Wiener Kunst, dem zu schneller Berühmt-
heit emporgestiegenen Maler Oskar Kokoschka. Die un-
gewöhnliche Begabung dieses Künstlers steht außer jeder
Frage. Seine Gabe psychologischer Zuspitzung machte ihn
zu einem außerordentlichen Porträtisten, als noch die Form in
gleichsam tastendem Suchen gefunden wurde. Die neuen Bild-
nisse wollen nicht ganz so unmittelbar mehr überzeugen. Die
Strichführung ist gröber, und auch die Charakterisierung hat
nicht mehr die gewiß peinlich gewaltsame Zuspitzung, ent-
entbehrt aber dafür der Tiefe. Trotz solcher Bedenken muß
auch indieser Ausstellung Kokoschka als die weit überragende
künstlerische Potenz bezeichnet werden. Seiner mit ge-
schmeidigem Pinselzug in zart schmelzenden Farben hin-
geschriebenen italienischen Landschaft ist nichts auch nur
von Ferne Gleichwertiges an die Seite zu stellen, man mag
bekannte Namen aufsuchen wie Carl Moll, der mit schwäch-
lich nichtssagenden Veduten vertreten ist, Koloman Moser,
der durch Hodlers Kunst ganz aus der eigenen Bahn ge-
raten ist, oder neue Erscheinungen wie Anton Faistauer,
der immerhin nicht kunstgewerbliche Dekoration, sondern
Malerei zu geben versucht, und in dem etwas von der
Wiener Tradition der Makartschule sich zu regen scheint,
oder Felix Harta, der den Neo-Klassizismus der Hofer und
Caspar in Wien repräsentiert.

So ist es wenig verführerisch, weiter ins Einzelne
gehend von jedem der verhältnismäßig kleinen Zahl der
Aussteller zu berichten. Es genüge die Feststellung, daß
diese Wiener Kunstschau nicht eben hochgespannte Er-
wartungen zu befriedigen imstande ist. Auch die anderen
Ausstellungen, die zur Zeit in Berlin zu sehen sind, be-
dürfen nur einer kurzen Erwähnung, die Sievogt-Ausstellung
bei Paul Cassirer, weil über den Künstler erst kürzlich
gelegentlich der Ausstellung bei Gurlitt ausführlicher die
Rede war, das Künstlerhaus mit Hendrich und Sascha
Schneider, weil ein so anspruchsvoller Dilettantismus nicht
einmal ernsthafter kritischer Einwendungen an dieser Stelle

bedarf- Glaser.
 
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