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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0130

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Krieg und Kunst — Vermischtes

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daß weder Moes, der Spezialist auf dem Gebiete der hol-
ländischen Porträtkunst, in seinen Werken, der Iconographia
Batava und der Monographie über Frans Hals, es erwähnt,
noch Hofstede de Groot in seinem kritischen Verzeichnis,
noch Bode-Binder in ihrem Standardwerk über den Haar-
lemer Meister. Und doch stand das genannte Bildnis als
ein Werk des Frans Hals in dem Führer durch das Bischöf-
liche Museum in Haarlem gebucht, in dem es seit 1878
ausgestellt war. In einem Artikel eines holländischen
Kunsthistorikers in »De Amsterdamer« war irrtümlicher-
weise vermeldet, daß das Erzbischöfliche Museum in Utrecht
das Gemälde jahrelang an einem dunkeln Platze bewahrt
gehabt habe; auf dessen Autorität hin hatte ich dies über-
nommen, obwohl in anderen Berichten vom Haarlemer
Museum die Rede gewesen war. In dem Führer des
Haarlemer Bischöflichen Museums, sowohl in der dritten
Auflage von 1888 als auch in der neuesten, der fünften,
von 1913 wird das Werk mit Angabe der Bezeichnung und
Datierung unter Nr. 369a, bzw. Nr. 39, als ein authentischer
Frans Hals aufgeführt. Auch Jonkheer W. B. van Riems-
dyk, dem Generaldirektor des Ryksmuseums, war das Werk
als eine Arbeit von Frans Hals wohlbekannt; in einem
alten Notizbuch, das Aufzeichnungen über Kunstgegenstände
dieser Sammlung enthielt, ließ mich derselbe eine Blei-
stiftskizze nach dem Werke sehen, woraus u.a. deutlich
hervorgeht, daß der Kopf damals jedenfalls gut erkennbar
war; der Kopf gehörte auch, zusammen mit den Händen,
zu den besterhaltenen Teilen des Gemäldes. In der letzten
Nummer der holländischen Zeitschrift De Katholiek (Teil 149
p. 233 ff.) erzählt der Konservator des Bischöflichen Museums
in Haarlem die näheren Schicksale des Gemäldes und sucht
der Legendenbildung, der das Werk zum Opfer gefallen
ist, entgegenzutreten. Die Verwaltung der genannten An-
stalt wußte sehr gut, welcher Schatz ihrer Aufsicht unter-
stellt war. Daß sie nicht besser für ihn sorgte, indem
sie ihn wiederherstellen ließ, lag an den geringen Mitteln,
die ihr zu diesem Zwecke zur Verfügung standen. Erst
der 1913 ernannte neue Pastor in Akersloot, H. J. G. van
Baaren, war in der Lage, die hohen Kosten einer Restau-
rierung zu bestreiten, und ihm ist also mittelbar dieser
»Fund« zu danken. Die Ehre aber, das verwahrloste Ge-
mälde aufgefunden zu haben, kommt dem Konservator J.
J. Graaf zu, der es 1878, also vor 38 Jahren, auf dem
Boden der Pfarrei von Akersloot entdeckte, mit neun an-
deren Bildnissen, von denen sieben andere Pastoren der
Gemeinde und zwei Laien darstellen. Das Bildnis von
Stenius hatte sich nicht nur aus dem alten Rahmen, der
aber noch vorhanden war, losgelöst, sondern es waren
sogar von den vier Latten, auf die die Leinwand gespannt
war, drei im Laufe der Zeiten ganz abhanden gekommen,
so daß dem Bild aller Halt fehlte und es sich ganz ver-
zogen hatte, wodurch dann die Risse und Sprünge ent-
standen waren. Durch die Vermittlung des Entdeckers
kam das Stück dann 1878 in das Bischöfliche Museum;
auf Kosten der Museumskasse wurde die Leinwand, die
selbst keine eigentlichen Risse hatte, wieder aufgespannt
und das Stück in seinen alten Rahmen gesetzt. In den
Räumen des Museums hat das Stück bis 29. Oktober 1914
gehangen. m. d. h.

KRIEG UND KUNST
Auf Anregung des Prinzen Johann Georg von Sachsen
soll in der katholischen Hofkirche in Dresden ein Kreuz-

weg als Kriegerdenkmal von den Gemeindemitgliedern
gestiftet werden. Für die Aufstellung der vierzehn Bilder
wurden die breiten Pfeiler des inneren Ganges zwischen
Haupt- und Seitenschiff gewählt. Dem Kunstausschuß für
diese Ausführung gehören u. a. an: Geh. Rat Prof. Prell,
Geh. Baurat Schmidt, Prof. Wrba, Architekt Witte. Die
Ausführung ist dem Münchner Maler Franz Xaver Dietrich
übertragen.

VERMISCHTES

Majos und Majas zur Zeit des Goya. Was eine
Maja sei, glaubt wohl jeder Betrachter der beiden allbe-
kannten Hauptwerke Goyas, die diesen Namen führen, zu
wissen. Daß aber der Meister, wie die Überlieferung be-
hauptet, eine Angehörige des höchsten Adels, die Herzogin
von Alba, als Maja gemalt haben soll, wird manchem
spanisch vorkommen, und er dürfte vergebens nach einer
Erklärung dafür suchen. Er findet sie in der nachfolgenden
Notiz einer damaligen vornehmen deutschen Zeitschrift,
derZeitung für die elegante Welt, in ihrer Nr. 446 vom Sonn-
abend den 5. Dezember 1801, Spalte 1179 f.:

»Majos und Majas in Spanien. Es gibt in Madrid
eine Art renomistischer Petitmaitres aus der Volksklasse,
die man Majos nennt. Schwerlich dürfte anderswo eine so
eigene Mischung von Galanterie und Brutalität zu finden sein.

Der Ma j o trägt gewöhnlich einen ungeheuer dreieckig-
ten Hut, und eine lange Redesilla (Haarnetz), die ihm
bis auf den Rücken herunterhängt; ein kurzes blaues Jäck-
chen mit einer Menge kleiner blanker Metallknöpfe, und
eine bunte seidene Weste; eine dicke, nachlässig um-
geworfene Schärpe mit langen herunterhängenden Quasten,
und schwarze oder bunte Manchesterhosen, blaue, weiße
oder melierte Strümpfe und weit ausgeschnittene Schuhe
mit ungeheuer blitzenden Schnallen.

Man kann sich nichts Impertinenteres denken als
einen solchen renomistischen Stutzer, als einen solchen
galanten Bramarbas. Ein Blick, eine Miene, eine Bewegung
ist hinreichend, ihn in Harnisch zu jagen. Stante pede
droht er euch den Hals zu brechen und das wenigste, was
euch begegnen kann, ist immer eine Beleidigung.

Etwas ähnliches in ihrer Art sind die sogenannten
Majas, worunter man teils Freudenmädchen von Profession,
teils im allgemeinen alle libertinen Frauenzimmer versteht.
Etwas Freieres, Üppigeres und Unverschämteres kann so
leicht nicht wieder gefunden werden. Die kurze dünne
Basqvifia, die jede nur zu bedeutende Bewegung des
Körpers verrät, die langen durchsichtigen Fransen, die noch
etwas über die Wade sehen lassen, der Busen, den ein
kleiner Blumenstrauß bedecken soll, das verführerische
wollüstige Augen- und Mienenspiel — wehe dem Fremden,
der in die Hände einer Maja fällt, er wird es mit seinem
Beutel und seiner Gesundheit bezahlen.

Und dennoch sind es diese Majas und jene Majos,
die man nicht bloß auf dem Theater, sondern selbst unter
den höheren Ständen häufig zu kopieren sucht. Keine Lust-
oder Tanzpartie, wo man nicht einige Majos und Majas
sähe, so sehr diese verkleideten Herren und Damen auch
durch ihren Stand über diese Klasse erhaben sind. Ge-
bärden, Anstand, Ausdruck usw., alles muß ä la Majo und
ä la Maja sein. Man gefällt sich in dieser Verkleidung,
man wetteifert in dieser Rolle und ist stolz darauf, für einen
vollendeten Maj o und für eine eigentliche Maja gehalten
zu werden.« o. Witkowski.

Inhalt: Franz Marc t; Dr. Julius Oensel f. — Personalien. — Preisausschreiben der Allgemeinen Elektriziiäts-Gesellschaft (AEO). — Fund in der
ehemaligen Dominikanerkirche in Bozen. — Art and Arcliaeology, eine neue amerikanische Kunstzeitschrift. — Ausstellungen in Berlin und
Frankfurt a. m. — Neues Kunstmuseum in Basel. Neuerwerbungen der Stadt Berlin. Londoner Viktoria- und Albert-Museum. Metro-
politan-Museum in New York. — Zu dem »neuentdeckten. Frans Hals. — Krieg und Kunst. — Majos und Majas zur Zeit des Goya.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., G.m.b.H., Leipzig
 
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