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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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295

Denkmäler — Funde - Sammlungen — Vereine — Vermischtes

296

In Stuttgart ist, 87 Jahre alt, der durch seine reiche
fachliterarische Tätigkeit auf dem Gebiete des Buchdruck-
gewerbes und der Geschichte der Buchdruckerkunst be-
kannte Schriftsteller August Theodor Goebel gestorben
(geb. am 17. März 1828). Er hat eine fruchtbare Tätig-
keit als Mitarbeiter fast aller graphischen Fachblälter des
In- und Auslandes entfaltet. Von seinen in Buchform
veröffentlichten Arbeiten verdient besondere Hervorhebung
das Werk »Friedrich König und die Erfindung der Schnell-
presse«, das 1883 mit Illustrationen erschien, ins Franzö-
sische übersetzt und 1906 als deutsche Volksausgabe ge-
druckt wurde.

DENKMÄLER
In Hannover ist ein Denkmal zu Ehren von Konrad
Wilhelm Hase, des ehemaligen langjährigen Lehrers der
Baukunst an der dortigen Technischen Hochschule, ent-
hüllt worden. Es ist am Künstlerhause der Stadt, dem
ehemaligen Provinzialmuseum, einem Werk Hases, ange-
bracht, und stammt vom Architekten Otto Lüer und Bild-
hauer Karl Gundelach in Hannover, deren Arbeit im Wett-
bewerb mit dem ersten Preis gekrönt war.

FUNDE

Über einen überraschenden Gemäldefund in Pelplin
berichtet in den Mitteilungen des Westpreußischen Ge-
schichtsvereins der Provinzial - Konservator, Baurat B.
Schmid-Marienburg u. a.: Bei der Instandsetzung eines
Altarbildes aus der Kathedrale zu Pelplin wurde das Haupl-
bild des Kreuzaltars herausgenommen, da es der Säuberung
und der Entfernung neuerer Übermalung bedurfte. Nach
den von Frydrychowicz gemachten Angaben ist der Altar
1625 gestiftet, und dieser Zeit entspricht auch der Stil der
aus Holz geschnitzten Architektur des Aufbaues; ursprüng-
lich enthielt er ein Bild der heiligen Familie. 1675 wurde
dieses ältere Hauptbild in einem neu errichteten, jetzt noch
vorhandenen Marmoraltar der hl. Familie eingefügt; über
die Herkunft des neuen Bildes im Kreuzaltar (es stellt
Christus am Kreuze dar, mit den üblichen drei Begleit-
figuren, Maria und Johannes stehend und Magdalena kniend
am Kreuzesstamm) fehlte es bisher an Überlieferungen.
Nun hat sich am unteren Ende des Kreuzesstammes die
Künstlerinschrift Andr. Stech fec. Anno 1690 gefunden,
die das Bild dem Andreas Stech zuweist und damit das
Werk des Meisters um ein bemerkenswertes Stück bereichert.

SAMMLUNGEN
Für die Bildnissammlung der Berliner National-
galerie in der Bauakademie ist ein Bildnis Goethes er-
worben worden, das der Düsseldorfer Akademieprofessor
Heinrich Kolbe 1892 in Weimar gemalt hat, und das Goethe
als Staatsminister darstellt.

VEREINE

In der letzten Sitzung der Historischen Gesellschaft
der Provinz Posen am 11. April d. J. berichtete Prof. Dr.
Ludwig Kaemmerer über die auf seine Veranlassung
von K. Hase, einem Schüler Prof. August Oetkens, muster-
gültig freigelegten und in Aquarellkopien aufgenommenen
mittelalterlichen Wandmalereien im Chor der St. Johannis-
kirche zu Gnesen. Die einschiffige Backsteinkirche mit
einem aus zwei Seiten des Sechsecks geschlossenen Chor
gehörte der Augustinerkongregation der Wächter vom hl.

Grabe, deren polnisches Stammhaus in Miechqw bei Krakau
(im russischen Gouvernement Kielce) sich befindet. Ihre Ent-
stehungszeit ist urkundlich nicht festgelegt. Die Bildung des
Grundrisses, die Stellung des Chorschlußpfeilers in die Achse
der Kirche, namentlich aber das reiche aus Kunststeinmasse
gegossene bezw. gepreßte architektonische Zierwerk des
Inneren (rosettenbesetzte Gewölberippen, Kopf- und Mas-
kenkonsolen), die Verwendung des Rundbogens als Ab-
schluß der gotischen Sediliennischen und deren tiefunter-
schnittene Profilierung verleihen dem Bau eine Sonder-
stellung in der Kunstgeschichte der Provinz. Sie weisen
unzweideutig in die Richtung der Parierschule. Einzelne
Übereinstimmungen sind so stark, daß der Vortragende
kein Bedenken trägt, böhmische Steinmetzen dieser Schule
als Verfertiger der Gneser.er Stuckarbeiten, die in halb-
trockenen Zustand mit Messer und Meißel bearbeitet sind,
zu bezeichnen.

Auch die Malereien, die die ganzen Wand- und Ge-
wölbeflächen des Chors bedecken: Darstellungen der Vor-
hölle, Enthauptung Johannis d. T., Krönung Maria, Ver-
kündigung Mariä, Maria als mater misericordiae, Christus im
Elend, männliche und weibliche Heiligengestalten, sowie
die in den Gewölbezwickeln in doppelter Lebensgröße an-
gebrachten Köpfe von 18 Propheten und Patriarchen,
weichen, wie der Vortragende in eingehender Vergleichung
nachwies, von den sonst bekannten Wandmalereien des
Nordostens, im Ordenslande wie in Polen und Schlesien
durchaus ab, zeigen vielmehr in ihrer merkwürdig weich un-
dulierenden Umriß- und Faltenzeichnung, den großen Köpfen
mit zurückfliehendem Untergesicht, scharfgebogenen Nasen,
flammendem Locken- und Barthaar, die engsten Beziehungen
zu jener spätkarolinischen Stilphase böhmischer Malerei auf,
die zeitlich und örtlich vielleicht am bestimmtesten durch das
1368 von Johannes von Troppau illuminierte Evangeliar der
Wiener Hofbibliothek gekennzeichnet wird. Da dieGnesener
Malereien aber noch etwas weniger manieriert erscheinen
— auch Anklänge der die Kunst des Theodorich von Prag-
fehlen nicht — dürfte ihre Entstehung um 1350-60 an-
gesetzt werden.

Die daraus zu folgernde frühe Entstehung des Kirchen-
baus, der — wie oben bemerkt — alle Anzeichen eines
Parierbaues aufweist, läßt die bis zum Überdruß erörterte
Streitfrage nach der Herkunft des Vaters Peter Parlers, des
Henricus (P)arler de Polonia magister de gemunden einer
erneuten Nachprüfung an der Hand der im Gebiet des alten
Polens vorhandenen Denkmäler wert erscheinen; Dehios
Anschauung (Repert. XXII, 389) von einer Wanderung der
Bauformen von Ost nach West dürfte damit neue Stütz-
punkte erfahren.

Man darf auf die Veröffentlichung des Materials, mit
dessen Bearbeitung der Vortragende beschäftigt ist, als
eines weiteren Beitrags zu der immer noch nicht geklärten,
eher durch die letzten Kontroversen noch mehr verwirrten
»Parierfrage« gespannt sein. '

VERMISCHTES

Im Jahre 1918 wird Basel und die gelehrte Welt den
100. Geburtstag Jakob Burckhardts begehen können.
Otto Markwart in Zürich, ein hervorragender Schüler
Burckhardts, arbeitet an einer Biographie des Meisters. Der
Verwalter des Nachlasses Burckhardts, Professor Oeri, hat
dem Biographen zu diesem Zwecke die Verwertung des
gesamten vorhandenen Materials zugestanden. Die Jakob
Burckhardt-Stiftung in Basel unterstützt dieses Unternehmen.

Inhalt: Wiener Ausstellungen. Von Hans Tietze. — Vom Dome zu Luiid. Von Richard Haupt. — Helene Cramer f; August Theodor Goebel t- —
Denkmal zu Ehren Konrad Wilhelm Hases in Hannover. — Oemäldefund in Pelplin. — Neuerwerbung für die Berliner Nationalgalerie. —
Historische Oesellschaft der Provinz Posen. — 100. Geburtstag Jakob Burckhardts.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Frnst Hedrich Nachf., o.m.b.H., Leipzig
 
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