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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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335

Ausstellungen — Vereine — Vermischtes

336

von tüchtigem Können zu begrüßen, von dessen
weiterer Entwicklung wir noch Bedeutenderes zu er-
warten haben.

Reife Künstlerschaft zeigt Walter-Kurau, der
sich ebenfalls als eine ausgesprochene Künstlerpersön-
lichkeit mit ganz eigenem Stil gibt. Er malt nicht
in kräftigen Eigenfarben, sondern in matten ausge-
glichenen Tönen, bei denen das Grünliche vorherrscht.
Ein ungewöhnlicher feiner Farbensinn und vornehmer
Geschmack beherrscht diese Ton- und Flächenmalerei,
die offenbar auf eine Art Teppichwirkung ausgeht.
Bildnisse, Landschaften, Aktbilder zeigen, daß sich
auch auf diesem Wege echt künstlerische Wirkungen
erzielen lassen, und Walter-Kurau ist auf ihm zu
immer größerer Sicherheit vorgeschritten.

Die Galerie Arnold bot in den letzten Wochen
eine ausgezeichnete Sonderausstellung der Berliner
Sezession, in der Louis Corinth den Ton angab,
während die Ausstellung des Dresdner Künstler-
bundes kaum geeignet ist, Dresdens Künstlerruhm
zu mehren. Wohl aber ist das zu erwarten von der
bevorstehenden Ausstellung der Dresdner Künstler-
vereinigung, die Anfang Juni eröffnet werden soll.
Die Stadt Dresden hat in den beiden Kriegsjahren
an der Lennestraße auf dem Gelände des be-
kannten städtischen Ausstellungspalastes ein neues
kleineres Ausstellungshaus errichtet und dieses der
Dresdner Künstlervereinigung auf fünf Jahre zur Ver-
anstaltung gewählter kleiner Kunstausstellungen ver-
pachtet. Die Dresdner Kunstgenossenschaft besitzt
seit einigen Jahren ein eigenes Künstlerhaus, zu dessen
Bau die Stadt seinerzeit 80000 Mark beigesteuert hat.
Nun ist durch die Verpachtung des neuen Ausstellungs-
hauses an die Dresdner Künstlervereinigung ein bil-
liger Ausgleich geschaffen. Der Vorsitzende dieser
Künstlervereinigung Geh. Hofrat Prof. Otto Guß-
mann versicherte bei der Übergabe des Hauses den
Vertretern der Stadt Dresden, daß die künftigen Kunst-
ausstellungen die langersehnte gedeihliche Weiter-
entwicklung des Dresdner Kunst- und Ausstellungs-
wesens bringen würden. Die erste wird den Namen *
Neue Kunstausstellung Dresden 1916 führen
und ungefähr 150 Kunstwerke umfassen.

Schließlich ist als wichtiges Ereignis für Dres-
den zu erwähnen, daß am 1. Mai der neue Stadtbau-
rat Prof. Hans Pölzig sein Amt angetreten hat.
Der ausgezeichnete Künstler, der, wie bekannt, bisher
in Breslau wirkte, ist erst von Dresden aus zur Be-
werbung um sein neues Amt angeregt worden und
wurde dann fast einstimmig gewählt. Von allen Seiten
freudig als ein würdiger Nachfolger Hans Erlweins
begrüßt, geht er selbst auch mit freudiger Tatkraft
an das baukünstlerische Schaffen, das ihn in Dresden
erwartet. Er ist übrigens auch zum Honorarprofessor
in der Hochbauabteilung der Technischen Hochschule
ernannt worden mit einem Lehrauftrag für Stegreif-
entwerfen in Architektur und Kunstgewerbe. m

AUSSTELLUNGEN
Als Frühjahrsausstellung wurde in Wiesbaden eine
Schau der Freien Sezession Berlin im Neuen Museum durch
den Nassauischen Kunstverein eröffnet. Dr. Hartlaub hielt
einen Vortrag über das Wesen der Kunst der Jüngsten, in
dem er Ursachen und Zusammenhang darlegte, die zu
dieser Kunstentwicklung mit beigetragen haben.

VEREINE

In der deutschen und österreichischen Archi-
tektenschaft sind Bestrebungen im Gange, ein gemein-
sames Zusammenwirken einzuleiten. Kürzlich regte Archi-
tekt Albert Hofmann in der Vereinigung Berliner Architekten
an, solch Zusammen wirken, zunächst der Architekten Deutsch-
lands und Österreichs, in gemeinsamen Angelegenheiten zu
besprechen, ferner zur Beratung solcher Angelegenheilen
im größeren Kreise allgemeine Architektenversammlungen
zunächst 1917 in Berlin und 1918 in Wien anzustreben.
Damit würde nur ein früherer Zustand wiederhergestellt,
der in den 1840er Jahren alle Architekten deutscher Sprache
zusammenführte. So haben auch österreichische Archi-
tektenvereine jetzt beim Vorstand des Bundes Deutscher
Architekten angeregt, durch Austauschredner ein geistiges
Band zu knüpfen. Hofmann befürwortete, die Grenzen
der Zusammengehörigkeit auf alle Baukünstler, auch des
Auslandes, zu beziehen, welche sich der deutschen Sprache
bedienen. In der Diskussion wurden gegen eine zu enge
Begrenzung des Zusammenschlusses inbezug auf die deut-
sche Sprache, namentlich der verschiedenen Nationalitäten
in Osterreich wegen, Bedenken geäußert. Der Vorstand
beschäftigt sich weiter mit der bedeutungsvollen Frage.

VERMISCHTES

Hamburg. Vor kurzem haben zwei Bildnisse des
Bürgermeisters Dr. M. Predöhl die Staffelei des Grafen
L. v. Kalchreuth verlassen. Das eine, Halbfigur, ist für
die städtische Baudeputation, das zweite, Ganzfigur, für die
Kunsthalle bestimmt. Das Format beider ist lebensgroß.
Der bis zur äußersten Strenge gesteigerten Einfachheit in
Aufbau und Zeichnung, wie sie der Kalckreuthschen
Bildnismalerei ja überhaupt eigen ist, tritt hier als ein den
koloristischen Reiz erhöhendes Moment das satte Tiefschwarz
der nach altniederländischem Vorbild zugeschnittenen Amts-
tracht hinzu, die als einziger heller Ton ein breitabstehender,
gerüschter weißer Halskragen umzieht. Das persönlich
Menschliche des Modells ist voll ausgeschöpft und neben-
bei zugleich die deutsche Art des Künstlers als etwas
Selbstverständliches ohne alle Absichtlichkeit betont.

An dieselbe deutsche Art erinnert auch ein Genre
»Weihnachtsabend 1915«, an das der Künstler erst kürzlich
letzte Hand gelegt hat. In biedermeierhaft ausgestattetem,
gelbwandigem Wohnraum steht neben einem Mahagoni-
tisch ein Christbaum, dessen hellbrennende Lichter sich in
der blanken Politur des Tisches und des Fußbodens
spiegeln. An zwei auseinanderliegenden Punkten, sitzend,
je eine weibliche Gestalt, die in ihrer Haltung als Trä-
gerinnen gedacht erscheinen der von dem strahlenden
Bäumchen ausgehenden Christfeststimmung. Eins der far-
bigsten Gemälde, das aus der Kalckreuthschen Werkstatt
hervorgegangen, ist dieser »Weihnachtsabend« zugleich ein
reifstes Bekenntnis von des Künstlers Art, den Beschauer zum
innerlichen Mitempfinden heranzuziehen. Er ist zurzeit im
Kunstverein ausgestellt, verbleibt aber in Hamburger Besitz.

Inhalt: Tagebuchblätter von einer Studienreise nach Rußland. Von Theodor Hampe. (Schluß.) — Dresdner Brief. — Frühjahrsausstellung in
Wiesbaden. — Deutsche und österreichische Architektenschaft. — Zwei Bildnisse Dr. Predöhls aus der Staffelei des Grafen L. v. Kalckreuth.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraßella
Druck von Ernst Hedrich Nachf., G.m.b.H., Leipzig
 
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