sich doch meist der Halt, den der Künst-
ler aus seiner Weltanschauung ge-
winnt, zu seiner Künstlerschast wie eine
dünne Stützstange zu einem stämmigen
Baum. Allein diesen Bäumen schcint
das Bewutztsein, eine Stange neben sich
zu haben, nützlich zu sein, obschon die
Stange nicht nötig wäre. Mit andern
Worten: eine neben oder über der
Kunst schwebende Jdee als Agens oder
sagen wir als Mobil des Schaffens
zu besitzen, ist sür den Künstler wünsch-
bar, weil sörderlich. Wenigstens nach
der Seite der Energie. Nach der Seite
der Qualität vcrhält es sich bedenk-
licher; da gibt es gefährliche, schäd-
liche Agentien, wie denn z. B- der
Richtungen geordnet denken; beides
würde eigene Bedeutung und beson-
deren Neiz haben. Aber wo ist der
Mann, der grotze Nachempfinder, der
an eine solche bändereiche Arbeit sein
Leben setzen könnte? Denn man täusche
sich nicht: Der gelehrte Forschcr ist
hier nicht berufen, und oine Gesellschaft
würde nichts Einheitlich-Grohes zu
Stande bringen. Als eine Vorarbeit
des für die Erkenntnis deutschen Lebens
sicherlich notwendigen Werkes ift die
bei Diederichs in Leipzig erschienene
Anthologie romantischer Lprik „Die
blaue Blume" zu betrachten, die Fricd-
rich von Oppeln-Bronikowski und Lud-
wig Jacobowski herausgegeben haben.
Patriotismus, auch der edelste, gerade-
zu giftig aus ein aus ihm entsprungenes
Kunstwerk wirken kann.
Larl Spitteler.
Litcrntnv.
* Die blaue Blume. Bekannt-
lich fehlt uns noch die große deutsche
lyrische Anthologie, die nach weiten
Gesichtspunkten alles zusammenstellte,
was indeutscherLyrik„Blume", „Perle",
„Edelstein" gcworden ist. Man kann
sie sich cntwcder nach Stämmen und
Landschaften oder nach literarischen
lde- Ganz zufrieden bin ich mit ihr noch
nes nicht, ich verkenne aber auch nicht dic
grohen Schwierigkeiten, die eine solche
c. Arbeit bietet, und stehe nicht an, sie
wenigstens als sehr interessant zu be-
int- zeichnen. Für das große Publikum
sche genügt sie unbedingt, es wird sich
iten durch sie einmal wiedcr des ungeheuren
llte, Reichtums dcr romantischon Töne be-
le", wußt und, wenn auch nicht für die
mn Neuromantik unsercr Tage, doch für
md eine vorurteilslose Betrachtung der
hen alten Romantik gewonncn wcrden.
Maiheft ;yao
- -
ler aus seiner Weltanschauung ge-
winnt, zu seiner Künstlerschast wie eine
dünne Stützstange zu einem stämmigen
Baum. Allein diesen Bäumen schcint
das Bewutztsein, eine Stange neben sich
zu haben, nützlich zu sein, obschon die
Stange nicht nötig wäre. Mit andern
Worten: eine neben oder über der
Kunst schwebende Jdee als Agens oder
sagen wir als Mobil des Schaffens
zu besitzen, ist sür den Künstler wünsch-
bar, weil sörderlich. Wenigstens nach
der Seite der Energie. Nach der Seite
der Qualität vcrhält es sich bedenk-
licher; da gibt es gefährliche, schäd-
liche Agentien, wie denn z. B- der
Richtungen geordnet denken; beides
würde eigene Bedeutung und beson-
deren Neiz haben. Aber wo ist der
Mann, der grotze Nachempfinder, der
an eine solche bändereiche Arbeit sein
Leben setzen könnte? Denn man täusche
sich nicht: Der gelehrte Forschcr ist
hier nicht berufen, und oine Gesellschaft
würde nichts Einheitlich-Grohes zu
Stande bringen. Als eine Vorarbeit
des für die Erkenntnis deutschen Lebens
sicherlich notwendigen Werkes ift die
bei Diederichs in Leipzig erschienene
Anthologie romantischer Lprik „Die
blaue Blume" zu betrachten, die Fricd-
rich von Oppeln-Bronikowski und Lud-
wig Jacobowski herausgegeben haben.
Patriotismus, auch der edelste, gerade-
zu giftig aus ein aus ihm entsprungenes
Kunstwerk wirken kann.
Larl Spitteler.
Litcrntnv.
* Die blaue Blume. Bekannt-
lich fehlt uns noch die große deutsche
lyrische Anthologie, die nach weiten
Gesichtspunkten alles zusammenstellte,
was indeutscherLyrik„Blume", „Perle",
„Edelstein" gcworden ist. Man kann
sie sich cntwcder nach Stämmen und
Landschaften oder nach literarischen
lde- Ganz zufrieden bin ich mit ihr noch
nes nicht, ich verkenne aber auch nicht dic
grohen Schwierigkeiten, die eine solche
c. Arbeit bietet, und stehe nicht an, sie
wenigstens als sehr interessant zu be-
int- zeichnen. Für das große Publikum
sche genügt sie unbedingt, es wird sich
iten durch sie einmal wiedcr des ungeheuren
llte, Reichtums dcr romantischon Töne be-
le", wußt und, wenn auch nicht für die
mn Neuromantik unsercr Tage, doch für
md eine vorurteilslose Betrachtung der
hen alten Romantik gewonncn wcrden.
Maiheft ;yao
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