Lurch das Ministerium. Ist dann die Schließung der Werkstätten
erfolgt, dann bleibt es den einzelnen Werkstättenämtern überlasten,,
wahllos Leute auf die Straße zu setzen, ganz wie es einzelnen Vor-
gesetzten paßt. Der schrankenlosen Willkür ist damit Tür und Tor
geöffnet. Kaum jemals wurde von Privatarbeitgebern so rigo-
ros verfahren, wie es hier von der Eisenbahnverwaltung ge-
schieht. Es ist von uns wiederholt ausgesprochen worden, daß diese
Aktion sich lediglich gegen den Deutschen Eisenbahneroerband richte.
Dabei mag eine ganz bestimmte Absicht zugrunde liegen. Das Be-
triebsrätegesetz ist bekanntlich jetzt in Kraft getreten. Die Wahlvor-
schriften sind ergangen. Fast kommen wir auf den Gedanken, die
Verwaltung greift deshalb zu dem Mittel der Entlastung unserer
Funktionäre, um bei den bevorstehenden Wahlen zu den Betriebs-
räten zu verhindern, daß tüchtige Kräfte die Interesten der Arbeiter
wahrnehmen. Sollte diese unsre Vermutung richtig sein, so wäre
kein Wort scharf genug, um ein solches Verhalten zu brandmarken.
Wie verkehrt übrigens die Maßnahmen der Verwaltung auch nach
einer anderen Richtung hin find, zeigt der Umstand, daß bei der
Schließung der Werkstätten die Arbeiter für 14 Tage entlasten wer-
den und für diese Zeit den Lohn erhalten. Das nennt man dann
größere Wirtschaftlichkeit, wenn dem Staate hohe Kosten auferlegt
werden, ohne daß auf der andern Seite entsprechende Werte für
die Vvlksgesamtheit geschaffen werden. Gegenüber diesem ganzen
Treiben erwächst der Organisation die Verpflichtung, mit den schärf-
sten Mitteln den Abwehrkampf aüfzunehmen. Unser Kollege
Brunner, Beirat im preußischen Ministerium der öffentlichen
Arbeiten, hat daraus in voller Uebereinstimmung mit dem Ver-
dandsvorstand seine Konsequenzen gezogen und seinen Rück-
tritt angekündigt.
Weiter ist beschlossen worden, in den Parlamenten die An-
gelegenheit zur Sprache zu bringen. Für die Deutsche Nationalver-
sammlung wird sich dazu Gelegenheit bieten, wenn die Ersetzung
des jetzigen Reichsverkehrsministers durch den bisherigen preußi-
schen Minister Oeser zur Sprache kommt. Wir wissen nicht, ob der
letztere etwa gerade dadurch, daß er jetzt den starken Mann mar-
kiert, der Reichsleitung zeigen will, daß er der geeignete Nachfolger
für den bisherigen Minister Bell ist. Wir sind jedenfalls der Mei-
nung, daß er dann ein untaugliches Mittel gewählt hat, denn in
einer demokratischen Republik, wie sie Deutschland gegenwärtig bil-
det, ist es die Pflicht eines parlamentarischen Ministers, mit seinen
von den Mehrheilsparteien, die die Regierung bilden, eingesetzten
Beiräten über wichtige Maßnahmen zu beraten. Unsre Kollegen
in den Parlamenten werden bei paffender Gelegenheit die reaktio-
nären Methoden des „demokratischen" Eisenbahnministers einer
scharfen Kritik unterziehen.
Zum Schluß möge noch gesagt sein, daß die wiederholt abge-
gebene Erklärung des Ministers, daß er nicht gegen die Gewerkschaf-
ten sei und mit ihnen zusammen arbeiten wolle, im Widerspruch
steht mit seinen Handlungen. Mit rücksichtsloser Entschlossenheit
werden wir deshalb die Interessen unserer Kollegen wahren. Müs-
sen Funktionäre der Arbeiterbewegung auf dem Pflaster bleiben,
die als Familienväter arbeitslos werden, nur weil sie ihre Pflicht
seit vielen Jahren in treuester Weise erfüllt haben, so gibt uns das
Veranlassung, gegen die Urheber mit gleicher Rücksichtslosigkeit vvr-
zugehen.
Das eine sei betont, und die geschichtliche Erfahrung hat das
bisher gelehrt, Ausnahmegesetze gegen eine bestimmte Gruppe oder
Klaffe im Staate haben noch niemals ihren Zweck er»
reich t. Die davon Betroffenen sind stets gestärkt aus den Käm-
pfen hervorgegangen. Das wird auch hier der Fall sein. Früher
oder später wird sich zeigen, daß der Deutsche Eisenbahnerverband
in ungebrochener Stärke die Interessenvertretung der deutschen
Eisenbahner ist.
Arbeiter! Habt acht auf euere heiligsten Güter!
In unserem Chemnitzer Parteiblatt schreibt ein Arbeiter sehr
zutreffend das folgende:
„Fort mit dem Achtstundentag — her mit dem Zehnstundenlag;
fort mit der Arbeitslosenunterstützung — her mit dem Arbeitszwang
und dem Streikverbot; fort mit der Zwangswirtschaft, her mit der
freien Wirtschaft." Das ist die Tonart, die seit einiger Zeit in allen
bürgerlichen Zeitungen angeschlagen wird. Was bedeutet bas?
Nichts anderes, als daß ein großzügig angelegter Feldzug der ge-
samten bürgerlichen Gesellschaft gegen die heiligsten Rechte und
wichtigsten Lebensinteressen der Arbeiter im Gange ist. In den Ar-
tikeln redet man den Arbeitern vor, der Sozialismus habe pleite
gemacht und es wäre doch besser, zu der Ordnung zurückzukehren,
unter der wir „die gute alte Zeit" hatten, wobei natürlich wohl-
weislich verschwiegen wird, daß uns die "alte Ordnung" nicht er-
sparen konnte, durch das Blutmeer eines Weltkrieges zu waten.
Die Forderung des Neun- bezw. Zehnstundentages muß den Hun-
derttausenden von Arbeitslosen, die sich trotz der verkürzten Arbeits-
zeit mit der kargen Unterstützung durchschlagen müssen, wie blusiger
Hohn in den Ohren klingen. Was wollt ihr denn mit dem Neun-
oder Zehnstundentag, wenn trotz des Achtstundentages Tausende
von Arbeitern kein Brot finden können? Ihr wollte sie durch Ein-
stellung der Unterstützung zwingen, für einen Hundelohn zu arbeiten.
Durch Arbeitszwang und Streikverbot sollen die Löhne herabge-
drückt und wir Arbeiter wieder ehedem der unbeschränkten Unter-
nehmerwillkür ausgeliefert werden. Die Aufhebung der Zwangs-
wirtschaft würde uns Arbeiter vollends dem Hungertod ausliefern,
nachdem wir schon lange genug am Hungertuche genagt haben. Der
Sinn der bürgerlichen Preßfehde ist also der: Man will die Ar-
beiter gegen die Regierung und gegen den Sozialismus aufputschen,
um sie dann desto eher unter geschickter Ausnützung des Bruder-
zwistes zwischen ihnen ins alte Joch der Knechtschaft zurückzuführen.
Nun drängt sich einem die Frage auf: Wer ist es denn, der den
bürgerlichen Zeitungen die Mittel zu ihrem Kampf gegen die Ar-
beiterrechte und gegen den Sozialismus gibt? Es ist traurig, aus-
sprechen zu müssen, daß ein großer Teil Arbeiter den
Kampf gegen seine eigene Interessen durch Abonne-
ment bürgerlicher Zeitungen unterstützt. Die Arbeiter-
presse, die Tag für Tag in mutiger, rücksichtsldser Weise den
Kampf gegen alle Feinde der Arbeiterschaft, gegen das Kapital und
seine Knechte, für die Hebung der Lebenslage der Arbeiter führt,
wird von diesen Arbeitern im Stich gelassen. Die b ü r g e r l i ch en
Zeitungen aber, die sich jeden Tag ein starkes Stück von Be-
schimpfungen der „faulen" Arbeiter leisten, die, bald versteckt, bald
offen, die erneute Rechtlosigkeit der Arbeiter fordern, werden noch
in Arbeiterkreisen gelesen. „Der Feind, den wir am tiefsten hassen,
der uns umlagert schwarz und dicht, das ist der Unverstand der Mas-
sen, den nur des Geistes Licht durchbricht." Wie oft haben wir frü-
her diesen Vers gesungen, und wie wahr ist er heute noch. Es gibt
Arbeiterfrauen, die, obwohl sie zugeben müssen, daß die
bürgerliche Presse nichts für sie übrig hat, diese
trotzdem lesen, lediglich deshalb, weil sie „einmal daran gewöhnt
seien." Welch kleinlicher Standpunkt! Und es gibt Arbeiter, die
sich im Betrieb nicht radikal genug gebärden können, die aber die
seichte Kost ihrer bürgerlichen Zeitung widerspruchslos hinnehmen.
Wann endlich werden diese Arbeiter aufwachen aus ihrer gei-
stigen Trägheit, wann endlich werden sie einsehen lernen, daß nur
in der Arbeiterpresse ihre Interessen und Rechte in jeder Hinsicht
vertreten, in der bürgerlichen Presse aber mit Füßen getreten wer-
den? Wehe euch, wenn ihr eines Tages mit klirrenden Ketten an
Händen und Füßen aufwachen werdet: Ihr habt dann zur Sklaverei
noch das quälende Bewußtsein, daß ihr an eurem Los selbst schuld
seid! Dannaberisteszus pä 1!_ _
„Volkszeitung"
- Telefonanruf:
An zeigen-Annahme: Nr. 2673
Redaktion: Nr. 2648
Praktische Winke zu den BetriebsrLtewahle«.
Von Hermann Müller, M. d. N.
Die Vorbereitungen zu den Betriebsratswahlen be-
schäftigten die Arbeiter allerorts. Bei der Neuheit des
Stoffes herrscht dabei vielfach Unklarheit, und es ist selbst-
verständlich, daß die verschiedensten Fragen nach dem Wann
und Wie auftauchen, zumal das Nebeneinander der ver-
schiedenen Arbeitnehmervertretungen geeignet ist, zu ver-
wirren.
Betriebsräte sind in allen Betrieben zu wählen, die
in der Regel mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigen.
Unter Arbeitnehmer sind sowohl Angestellte als auch Arbeiter
zu verstehen. Familienangehörige des Unternehmers gelten
nicht als Arbeiter. Wohl aber Hausgewerbetreibende, soweit
sie nicht selbst wieder Arbeiter beschäftigen. Zu beachten
ist dabei allerdings, daß in den Betrieben, die mindestens
20 Hausgewerbetreibende beschäftigen, diese einen besonderen
Betriebsrat wählen.
Wahlberechtigt ist jeder Arbeitnehmer, der 18 Jahre
alt ist; wählbar ist, wer 24 Jahre alt, ein halbes Jahr
im Betriebe ist und mindestens drei Jahre dem Gewerbe
oder Berufszweig angehört. Aufgestellt kann auch werden,
wer bis zum Abschluß der Wähl diese Voraussetzungen
erfüllt hat.
Die Größe des Betriebsrats richtet sich nach der Zahl
der im Betriebe beschäftigten Arbeitnehmer. Er besteht:
in Betrieben von 20—49 Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern
„ „ „ 50-99 „ „ 5
„ 100-199 „ „ 6 „
Um je eins erhöht sich die Zahl der Mitglieder in
Betrieben von:
bei
300—599
600—999
1000—2999
3000—5999
6000 und mehr
200—999 Arbeitnehmern für je weitere 200 Arbeitnehmer
1000—5999 „ „ „ „ 500
6000 u. mehr Arbeitnehmer „ „ 1000 „
Die Höchstzahl der Mitglieder"beträgt 30.
Sind in einem Betriebe, für den ein Betriebsrat zu
wählen ist, weniger wählbare Arbeitnehmer vorhanden, als
der Betriebsrat Mitglieder haben soll, dann besteht er aus
drei Mitgliedern. Sind auch diese nicht vorhanden, dann
ist lediglich ein Betriebsobmann zu wählen.
Der Arbeiterrat und der Angestelltenrat ist in all den
Betrieben zu errichten, in denen sich der Betriebsrat aus
Arbeitern und Angestellten zusammensetzt. Diese Räte stehen
also stets neben dem Betriebsrat. Während dieser die An-
gelegenheiten zu regeln hat, die alle Arbeitnehmer des
Betriebes angehen, regeln Arbeiterrat und Angestelltenrat
jenachdem die besonderen Angelegenheiten entweder der
Arbeiter oder der Angestellten.
Da sich der Arbeiterrat aus den Mitgliedern des Be-
triebsrats, die Arbeiter sind, zusammensetzt und, dement-
sprechend, der Angestelltenrat aus den Betriebsratsmitgliedern,
die Angestellten find, besteht, so sind besondere Wahlen für
den Arbeiterrat oder Angestelltenrat nicht notwendig. Es
findet also nur die Wahl des Betriebsrats statt.
Jede Gruppe, Arbeiter oder Angestellte, sollen ihrer
Stärke entsprechend im Betriebsräte vertreten sein. Die
Gruppe, die in der Minderheit ist — in der Regel werden
dies die Angestellten sein — erhält wenigstens:
bei 50—299 ' Gruppenangehörigen 2 Mitglieder
. 3
4
5
6
8
Zählt die Minderheitsgruppe nicht mehr als fünf
Personen und stellen diese nicht mehr als ein Zwanzigstel
der Arbeitnehmer des Betriebs dar, dann erhält sie keine
Vertretung.
Bei der Ermittelung der den einzelnen Gruppen zu-
fallenden Zahl von Betriebsratsmitgliedern, ist demnach
immer zunächst festzustellen, wieviele Mitglieder der Min-
derheitsgruppe zufallen. Der Rest ist von der Mehrheits-
gruppe zu wählen. Beschäftigt ein Betrieb 500 Arbeitnehmer,
von denen 60 Angestellte sind, so besteht der Betriebsrat
aus acht Mitgliedern, von denen die Angestellten zwei zu
wählen haben. Die übrigen sechs fallen den Arbeitern zu.
Die Zahl der Arbeiterrats- und Angestelltenratsmitglieoer
wird nun noch erhöht durch Ergänzungsmitglieder, deren
Zahl wie folgt vermittelt wird: Jeder Arbeiterrat soll so
groß sein wie der Betriebsrat sein würde, wenn ihn nur
die Arbeiter ihrer Zahl nach zu wählen gehabt hätten.
Ebenso der Angestelltenrat. Nach obigem Beispiel würden
400 Arbeiter in Betracht kommen. Hätten sie den Betriebs-
rat allein zu wählen, würden sie acht Arbeiter im Betriebs-
rat haben. Da 60 Angestellte da sind, erhalten diese zwei,
die den Arbeitern fehlen. Infolgedessen haben die Arbeiter
zwei Ergänzungsmitglieder zu wählen, die zu den Beratungen
des Arbeiterrats voÜberechtigt zuzuziehen sind. Die 60 An-
gestellten hätten, wenn keine Arbeiter dagewesen wären,
einen Betriebsrat von fünf Angestellten zu wählen gehabt;
da sie nur zwei haben, wählen sie zum Angestelltenrat drei
Ergänzungsmitglieder hinzu.
Die Wahl soll spätesten nach sechs Wochen nach
Inkrafttreten des Gesetzes stattfinden. Einzuleiten ist sie
durch die Wahl des Wahlvorstandes. Dieser wird vom
Arbeiterausschuß, wo ein solcher nicht besteht, vom Angestellten-
ausschuß bestimmt, ebenso der Vorsitzende der aus drei
Personen bestehenden Körperschaft. Wo die Ausschüsse
ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, hat der Unternehmer
den Wahlvorstand zu bestellen. Er hat die drei ältesten
wahlberechtigten Arbeitnehmer dazu zu bestimmen. Dieser
Wahlvorstand wählt seinen Vorsitzenden selbst.
Die Wahl des Betriebsrats kann sich auf mehrere Tage
verteilen, unter denen ein Sonntag sein kann. Die Wahl-
tage werden vom Wahlvorstand festgesetzt. Er hat spätestens
20 Tage vor dem letzten Tage der Stimmenabgabe ein
Wahlausschreiben zu erlassen, von dem ein Abdruck oder
eine Abschrieft an einer oder mehreren allen Wahlberechtigten
zugängigen Stellen bis zum letzten Tage der Stimmabgabe
in lesbarem Zustande auszuhängen ist. Es muß alle auf
die Wahl bezüglichen Angaben enthalten, z. B. die Wahl-
tage, die Zahl der auf die einzelnen Gruppen entfallenden
Bewerber, Vorschriften über die Form der Listen, Angaben,
wo und wann sie einzurichten sind usw.
Jede der beiden Gruppen stellt ihre Liste gesondert
auf und wählt für sich. Nur dort, wo sich die Arbeiter
und die Angestellten in geheimen und getrennten Abstimmungen
für eine gemeinsame Wahl aussprechen, findet diese statt.
Dadurch wird aber das Zahlenverhältnis der Betriebsrats-
mitglieder nicht berüht, ebensowenig die Bildung des be-
sonderen Arbeiter- und Angestelltenrats.
Natürlich kann jede der im Betriebe vorhandenen
Richtungen, freigewerkschaftlich, christlich, Hirsch-Dunckersche
usw. ihre besondere Liste aufstellen. Jede Vorschlagsliste
soll wenigstens doppelt soviel Bewerber nennen als die in
Betracht kommende Gruppe (Arbeiter oder Angestellte)
Betriebsrats- und Ergänzungsmitglieder zu wählen hat.
Wird für jede Gruppe (Arbeiter und Angestellte) nur eine
Liste eingereicht, so findet keine Wahl statt. Es gelten
dann die Vorgeschlagenen als gewählt. Wird gar keine
Liste eingereicht, bleibt der Betrieb ohne Vertretung.
Die Wahl ist geheim. Sie findet statt durch Abgabe
von Stimmzetteln in Wahlumschlägen. Jeder Arbeit-
nehmer hat nur eine Stimme. Eine Verbindung von Listen
ist unzulässig, ebenso die Streichung von Namen aus der
Liste oder Vorbehalte. Gewählt wird nach den Grund-
sätzen der Verhältniswahl. Das Resultat wird ver-
mittelt, indem die der einzelnen Vorschlagsliste zugefallenen
Stimmenzahlen in einer Reihe nebeneinander gestellt und
sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt worden. Es werden
dann die Bewerber nach den sich ergebenden Höchstzahlen
als gewählt bezeichnet. Hätten z. B. die oben erwähnten
Arbeiter die Auswahl zwischen vier Listen gehabt, von den
auf -die erste 220, auf die zweite 100, auf die dritte 75
und auf die vierte 40 Stimmen entfallen wären, würde
folgendermaßen verfahren:
Liste
Nr.1
Nr. 2
Nr. 3
Nr. 4
220
100
75
40
geteilt durch
2
-110
50
37'/,
20
3
- 73'/,
33'/,
25
13 hj.
4
- 55
25
18»/.
10
5
- 44
20
15
8
6
- 36'/,
16'/,
12'/,
6'i,
Zu wählen sind sechs Betriebsrats- und zwei Ergän-
zungsmttglieder für den Arbeiterrat. Die acht Höchstzahlen
sind: 220, 110, 100, 75, 73'/„ 55, 50 und 44. Fünf
davon entfallen auf die Lieste 1 (220, 110, 73'/„ 55, 44),
zwei auf die Liste 2 (100, 50), eine auf die Lifte 3 (75).
Dementsprechend gelten die Bewerber auf den Listen als
gewählt und zwar find die, die auf den Listen so stehen,
daß auf sie die Höchstzahlen 55 und 44 entfallen, also die
zwei niedrigsten Höchstzahlen, die Ergänzungsmitglieder für
den Arbeiterrat.
Enthält eine Liste weniger Bewerber als auf sie Höchst-
zahlen entfallen, so gehen die überschüssigen Stellen auf die
Höchstzahlen der anderen Vorschlagsliste über. Natürlich
müssen auch Ersatzmitglieder vorhanden sein, die nachrücken
können, wenn Betriebsrats- und Ergänzungsmitglieder aus-
scheiden. Als Ersatzmitglieder gelten die den Gewählten
auf derselben Liste folgenden Bewerber. Die Ergänzungs-
mitglieder sind dabei zugleich die ersten Ersatzmitglieder.
Ist ein Betrieb neu errichtet und noch kein Arbeiter-
ausschuß vorhanden, dann bestimmt auch der Arbeitgeber
den Wahlvorstand. In solchen Betrieben können, wenn
sie noch keine sechs Monate bestehen, Arbeitnehmer gewählt
werden, die im Betriebe seit der Begründung beschäftigt
sind. Sind trotzdem nicht genügend Arbeitnehmer zur
Bildung des Betriebsrats vorhanden, kann allgemein von
dem Erfordernis der sechsmonatlichen Betriebszugehörigkeit
abgesehen werden, nötigenfalls auch von der dreijährigen
Berufs- oder Gewerbezugehörigkeit.
Wo nur ein Betriebsobmann zu wählen ist — in den
Betrieben unter 20 Arbeitnehmern —, wird nur ein Wahl-
leiter vom Arbeitgeber gewählt. Es soll dies der älteste
wahlberechtigte Arbeitnehmer sein. Bei der Wahl des
Betriebsobmanns kann selbstverständlich das Verhältnis-
wahlsystem nicht angewendet werden. Es entscheidet die
einfache Mehrheit.
Sämtliche durch die Erfüllung der Vorschriften ent-
stehenden Kosten der Wahl hat der Unternehmer zu
tragen. Entsteht dem Wahlvorstand oder den Wählern
durch Zeitversäumnis Lohnausfall, so hat diesen
gleichfalls der Unternehmer zu tragen.
- Aus Stadt und Land.
Zur Brandentschädiguna. In einer amtlichen Pressenotiz i» der
„Karlsr. Ztg." wird darauf yingewiesen, daß in weiten Kreisen die irrige
Ansicht verbreitet ist, im Brandsalle werde bei Besteken einer Kriegs-
versicherung der im Gesetz vom Juli 1919 festgesetzte Zuschlag zur Brand-
entschädigungssumme nicht gewährt. Es wird betont, daß der Kriegs-
zuschlag auch für diejenigen Gebäude gewährt wird, die nach Artikel S
des genannten Gesetzes zur Kriegsversicherung ausgenommen sind. Zur
Beruhigung der Gebäudeeigentümer mag ferner dienen, daß das Finanz-
ministerium angeordnet hat, die Steuereinschätzung von zur Feuerversiche-
rung schon aufgenommcnen Gebäuden wegen Erhöhung der Baupreise
nicht zum Anlaß für eine Erhöhung der Vermögensgeuerwerle dieser
Eebäuoe zu nehmen.
Turnen, Sport und Spiel.
1- Pforzheim, 3. März. Am vergangenen Sonntag nachmittag
3 Uhr fand im Hotelrestaurant „zur Krone" hier auf Veranlassung des
Arbeiter-Sportkartells eine große öffentliche Schwimmer-Versammlung
statt. Sportgenosse Fritz Jauche-Heidelberg, Kreisschwimmwart des
Kreises V des Arbeiter-Wassersport-Verbandes, sprach in sachlicher Weife
über den gesundheitlichen Wert und die Bedeutung des Schwimmens
für die arbeitende Bevölkerung, sowie über die Stellung des Arbeiter-
Wassersport-Verbandes zur bürgerlichen Sportbewegung. In der an-
chließenden Aussprache, an der n. a. besonders von seilen des 1. bad.
Schwimmklubs hier der Vorsitzende Herr Katz beteiligte, gelang es dem
Referenten an Hand von ausführlichem Material alle Anwesenden von
den großen Idealen des Arbeitersports zu überzeugen, so daß sofort durch
die Beteiligung von zirka 50 Personen auch hier ein Ärbeiter-Schwimm-
klub gegründet wurde, der sich sofort dem Kreis V des A.-W.-V. an-
geschlossen hat. Reicher Beifall lohnte den Referenten, besonders al»
er im Schlußwort noch über die politische Neutralität des Sports im
allgemeinen sprach. So konnte der Versammlungsleiter Gen. Messin-
ger die äußerst interessant verlaufene Versammlung, die der Arbeiter-
Sportbewegung in Baden ein weiteres Glied zugefüat hat, mit dem
Wunsche zur regen Mitarbeit aller Genossen an dem Aufbau de, neuen
Vereins schließen.
Briefkasten.
E. B. Folgende Zeitungen in New Dork kommen in Betracht
„World", „Sun", Times" und „News"._ ,
MIMMkiMbkilkMld^
Sprechstunden täglich von 10—12 vormittags u.3—6 Uhr nachmittags.
WkiWU, -.-AL-n W M BIStff
erfolgt, dann bleibt es den einzelnen Werkstättenämtern überlasten,,
wahllos Leute auf die Straße zu setzen, ganz wie es einzelnen Vor-
gesetzten paßt. Der schrankenlosen Willkür ist damit Tür und Tor
geöffnet. Kaum jemals wurde von Privatarbeitgebern so rigo-
ros verfahren, wie es hier von der Eisenbahnverwaltung ge-
schieht. Es ist von uns wiederholt ausgesprochen worden, daß diese
Aktion sich lediglich gegen den Deutschen Eisenbahneroerband richte.
Dabei mag eine ganz bestimmte Absicht zugrunde liegen. Das Be-
triebsrätegesetz ist bekanntlich jetzt in Kraft getreten. Die Wahlvor-
schriften sind ergangen. Fast kommen wir auf den Gedanken, die
Verwaltung greift deshalb zu dem Mittel der Entlastung unserer
Funktionäre, um bei den bevorstehenden Wahlen zu den Betriebs-
räten zu verhindern, daß tüchtige Kräfte die Interesten der Arbeiter
wahrnehmen. Sollte diese unsre Vermutung richtig sein, so wäre
kein Wort scharf genug, um ein solches Verhalten zu brandmarken.
Wie verkehrt übrigens die Maßnahmen der Verwaltung auch nach
einer anderen Richtung hin find, zeigt der Umstand, daß bei der
Schließung der Werkstätten die Arbeiter für 14 Tage entlasten wer-
den und für diese Zeit den Lohn erhalten. Das nennt man dann
größere Wirtschaftlichkeit, wenn dem Staate hohe Kosten auferlegt
werden, ohne daß auf der andern Seite entsprechende Werte für
die Vvlksgesamtheit geschaffen werden. Gegenüber diesem ganzen
Treiben erwächst der Organisation die Verpflichtung, mit den schärf-
sten Mitteln den Abwehrkampf aüfzunehmen. Unser Kollege
Brunner, Beirat im preußischen Ministerium der öffentlichen
Arbeiten, hat daraus in voller Uebereinstimmung mit dem Ver-
dandsvorstand seine Konsequenzen gezogen und seinen Rück-
tritt angekündigt.
Weiter ist beschlossen worden, in den Parlamenten die An-
gelegenheit zur Sprache zu bringen. Für die Deutsche Nationalver-
sammlung wird sich dazu Gelegenheit bieten, wenn die Ersetzung
des jetzigen Reichsverkehrsministers durch den bisherigen preußi-
schen Minister Oeser zur Sprache kommt. Wir wissen nicht, ob der
letztere etwa gerade dadurch, daß er jetzt den starken Mann mar-
kiert, der Reichsleitung zeigen will, daß er der geeignete Nachfolger
für den bisherigen Minister Bell ist. Wir sind jedenfalls der Mei-
nung, daß er dann ein untaugliches Mittel gewählt hat, denn in
einer demokratischen Republik, wie sie Deutschland gegenwärtig bil-
det, ist es die Pflicht eines parlamentarischen Ministers, mit seinen
von den Mehrheilsparteien, die die Regierung bilden, eingesetzten
Beiräten über wichtige Maßnahmen zu beraten. Unsre Kollegen
in den Parlamenten werden bei paffender Gelegenheit die reaktio-
nären Methoden des „demokratischen" Eisenbahnministers einer
scharfen Kritik unterziehen.
Zum Schluß möge noch gesagt sein, daß die wiederholt abge-
gebene Erklärung des Ministers, daß er nicht gegen die Gewerkschaf-
ten sei und mit ihnen zusammen arbeiten wolle, im Widerspruch
steht mit seinen Handlungen. Mit rücksichtsloser Entschlossenheit
werden wir deshalb die Interessen unserer Kollegen wahren. Müs-
sen Funktionäre der Arbeiterbewegung auf dem Pflaster bleiben,
die als Familienväter arbeitslos werden, nur weil sie ihre Pflicht
seit vielen Jahren in treuester Weise erfüllt haben, so gibt uns das
Veranlassung, gegen die Urheber mit gleicher Rücksichtslosigkeit vvr-
zugehen.
Das eine sei betont, und die geschichtliche Erfahrung hat das
bisher gelehrt, Ausnahmegesetze gegen eine bestimmte Gruppe oder
Klaffe im Staate haben noch niemals ihren Zweck er»
reich t. Die davon Betroffenen sind stets gestärkt aus den Käm-
pfen hervorgegangen. Das wird auch hier der Fall sein. Früher
oder später wird sich zeigen, daß der Deutsche Eisenbahnerverband
in ungebrochener Stärke die Interessenvertretung der deutschen
Eisenbahner ist.
Arbeiter! Habt acht auf euere heiligsten Güter!
In unserem Chemnitzer Parteiblatt schreibt ein Arbeiter sehr
zutreffend das folgende:
„Fort mit dem Achtstundentag — her mit dem Zehnstundenlag;
fort mit der Arbeitslosenunterstützung — her mit dem Arbeitszwang
und dem Streikverbot; fort mit der Zwangswirtschaft, her mit der
freien Wirtschaft." Das ist die Tonart, die seit einiger Zeit in allen
bürgerlichen Zeitungen angeschlagen wird. Was bedeutet bas?
Nichts anderes, als daß ein großzügig angelegter Feldzug der ge-
samten bürgerlichen Gesellschaft gegen die heiligsten Rechte und
wichtigsten Lebensinteressen der Arbeiter im Gange ist. In den Ar-
tikeln redet man den Arbeitern vor, der Sozialismus habe pleite
gemacht und es wäre doch besser, zu der Ordnung zurückzukehren,
unter der wir „die gute alte Zeit" hatten, wobei natürlich wohl-
weislich verschwiegen wird, daß uns die "alte Ordnung" nicht er-
sparen konnte, durch das Blutmeer eines Weltkrieges zu waten.
Die Forderung des Neun- bezw. Zehnstundentages muß den Hun-
derttausenden von Arbeitslosen, die sich trotz der verkürzten Arbeits-
zeit mit der kargen Unterstützung durchschlagen müssen, wie blusiger
Hohn in den Ohren klingen. Was wollt ihr denn mit dem Neun-
oder Zehnstundentag, wenn trotz des Achtstundentages Tausende
von Arbeitern kein Brot finden können? Ihr wollte sie durch Ein-
stellung der Unterstützung zwingen, für einen Hundelohn zu arbeiten.
Durch Arbeitszwang und Streikverbot sollen die Löhne herabge-
drückt und wir Arbeiter wieder ehedem der unbeschränkten Unter-
nehmerwillkür ausgeliefert werden. Die Aufhebung der Zwangs-
wirtschaft würde uns Arbeiter vollends dem Hungertod ausliefern,
nachdem wir schon lange genug am Hungertuche genagt haben. Der
Sinn der bürgerlichen Preßfehde ist also der: Man will die Ar-
beiter gegen die Regierung und gegen den Sozialismus aufputschen,
um sie dann desto eher unter geschickter Ausnützung des Bruder-
zwistes zwischen ihnen ins alte Joch der Knechtschaft zurückzuführen.
Nun drängt sich einem die Frage auf: Wer ist es denn, der den
bürgerlichen Zeitungen die Mittel zu ihrem Kampf gegen die Ar-
beiterrechte und gegen den Sozialismus gibt? Es ist traurig, aus-
sprechen zu müssen, daß ein großer Teil Arbeiter den
Kampf gegen seine eigene Interessen durch Abonne-
ment bürgerlicher Zeitungen unterstützt. Die Arbeiter-
presse, die Tag für Tag in mutiger, rücksichtsldser Weise den
Kampf gegen alle Feinde der Arbeiterschaft, gegen das Kapital und
seine Knechte, für die Hebung der Lebenslage der Arbeiter führt,
wird von diesen Arbeitern im Stich gelassen. Die b ü r g e r l i ch en
Zeitungen aber, die sich jeden Tag ein starkes Stück von Be-
schimpfungen der „faulen" Arbeiter leisten, die, bald versteckt, bald
offen, die erneute Rechtlosigkeit der Arbeiter fordern, werden noch
in Arbeiterkreisen gelesen. „Der Feind, den wir am tiefsten hassen,
der uns umlagert schwarz und dicht, das ist der Unverstand der Mas-
sen, den nur des Geistes Licht durchbricht." Wie oft haben wir frü-
her diesen Vers gesungen, und wie wahr ist er heute noch. Es gibt
Arbeiterfrauen, die, obwohl sie zugeben müssen, daß die
bürgerliche Presse nichts für sie übrig hat, diese
trotzdem lesen, lediglich deshalb, weil sie „einmal daran gewöhnt
seien." Welch kleinlicher Standpunkt! Und es gibt Arbeiter, die
sich im Betrieb nicht radikal genug gebärden können, die aber die
seichte Kost ihrer bürgerlichen Zeitung widerspruchslos hinnehmen.
Wann endlich werden diese Arbeiter aufwachen aus ihrer gei-
stigen Trägheit, wann endlich werden sie einsehen lernen, daß nur
in der Arbeiterpresse ihre Interessen und Rechte in jeder Hinsicht
vertreten, in der bürgerlichen Presse aber mit Füßen getreten wer-
den? Wehe euch, wenn ihr eines Tages mit klirrenden Ketten an
Händen und Füßen aufwachen werdet: Ihr habt dann zur Sklaverei
noch das quälende Bewußtsein, daß ihr an eurem Los selbst schuld
seid! Dannaberisteszus pä 1!_ _
„Volkszeitung"
- Telefonanruf:
An zeigen-Annahme: Nr. 2673
Redaktion: Nr. 2648
Praktische Winke zu den BetriebsrLtewahle«.
Von Hermann Müller, M. d. N.
Die Vorbereitungen zu den Betriebsratswahlen be-
schäftigten die Arbeiter allerorts. Bei der Neuheit des
Stoffes herrscht dabei vielfach Unklarheit, und es ist selbst-
verständlich, daß die verschiedensten Fragen nach dem Wann
und Wie auftauchen, zumal das Nebeneinander der ver-
schiedenen Arbeitnehmervertretungen geeignet ist, zu ver-
wirren.
Betriebsräte sind in allen Betrieben zu wählen, die
in der Regel mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigen.
Unter Arbeitnehmer sind sowohl Angestellte als auch Arbeiter
zu verstehen. Familienangehörige des Unternehmers gelten
nicht als Arbeiter. Wohl aber Hausgewerbetreibende, soweit
sie nicht selbst wieder Arbeiter beschäftigen. Zu beachten
ist dabei allerdings, daß in den Betrieben, die mindestens
20 Hausgewerbetreibende beschäftigen, diese einen besonderen
Betriebsrat wählen.
Wahlberechtigt ist jeder Arbeitnehmer, der 18 Jahre
alt ist; wählbar ist, wer 24 Jahre alt, ein halbes Jahr
im Betriebe ist und mindestens drei Jahre dem Gewerbe
oder Berufszweig angehört. Aufgestellt kann auch werden,
wer bis zum Abschluß der Wähl diese Voraussetzungen
erfüllt hat.
Die Größe des Betriebsrats richtet sich nach der Zahl
der im Betriebe beschäftigten Arbeitnehmer. Er besteht:
in Betrieben von 20—49 Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern
„ „ „ 50-99 „ „ 5
„ 100-199 „ „ 6 „
Um je eins erhöht sich die Zahl der Mitglieder in
Betrieben von:
bei
300—599
600—999
1000—2999
3000—5999
6000 und mehr
200—999 Arbeitnehmern für je weitere 200 Arbeitnehmer
1000—5999 „ „ „ „ 500
6000 u. mehr Arbeitnehmer „ „ 1000 „
Die Höchstzahl der Mitglieder"beträgt 30.
Sind in einem Betriebe, für den ein Betriebsrat zu
wählen ist, weniger wählbare Arbeitnehmer vorhanden, als
der Betriebsrat Mitglieder haben soll, dann besteht er aus
drei Mitgliedern. Sind auch diese nicht vorhanden, dann
ist lediglich ein Betriebsobmann zu wählen.
Der Arbeiterrat und der Angestelltenrat ist in all den
Betrieben zu errichten, in denen sich der Betriebsrat aus
Arbeitern und Angestellten zusammensetzt. Diese Räte stehen
also stets neben dem Betriebsrat. Während dieser die An-
gelegenheiten zu regeln hat, die alle Arbeitnehmer des
Betriebes angehen, regeln Arbeiterrat und Angestelltenrat
jenachdem die besonderen Angelegenheiten entweder der
Arbeiter oder der Angestellten.
Da sich der Arbeiterrat aus den Mitgliedern des Be-
triebsrats, die Arbeiter sind, zusammensetzt und, dement-
sprechend, der Angestelltenrat aus den Betriebsratsmitgliedern,
die Angestellten find, besteht, so sind besondere Wahlen für
den Arbeiterrat oder Angestelltenrat nicht notwendig. Es
findet also nur die Wahl des Betriebsrats statt.
Jede Gruppe, Arbeiter oder Angestellte, sollen ihrer
Stärke entsprechend im Betriebsräte vertreten sein. Die
Gruppe, die in der Minderheit ist — in der Regel werden
dies die Angestellten sein — erhält wenigstens:
bei 50—299 ' Gruppenangehörigen 2 Mitglieder
. 3
4
5
6
8
Zählt die Minderheitsgruppe nicht mehr als fünf
Personen und stellen diese nicht mehr als ein Zwanzigstel
der Arbeitnehmer des Betriebs dar, dann erhält sie keine
Vertretung.
Bei der Ermittelung der den einzelnen Gruppen zu-
fallenden Zahl von Betriebsratsmitgliedern, ist demnach
immer zunächst festzustellen, wieviele Mitglieder der Min-
derheitsgruppe zufallen. Der Rest ist von der Mehrheits-
gruppe zu wählen. Beschäftigt ein Betrieb 500 Arbeitnehmer,
von denen 60 Angestellte sind, so besteht der Betriebsrat
aus acht Mitgliedern, von denen die Angestellten zwei zu
wählen haben. Die übrigen sechs fallen den Arbeitern zu.
Die Zahl der Arbeiterrats- und Angestelltenratsmitglieoer
wird nun noch erhöht durch Ergänzungsmitglieder, deren
Zahl wie folgt vermittelt wird: Jeder Arbeiterrat soll so
groß sein wie der Betriebsrat sein würde, wenn ihn nur
die Arbeiter ihrer Zahl nach zu wählen gehabt hätten.
Ebenso der Angestelltenrat. Nach obigem Beispiel würden
400 Arbeiter in Betracht kommen. Hätten sie den Betriebs-
rat allein zu wählen, würden sie acht Arbeiter im Betriebs-
rat haben. Da 60 Angestellte da sind, erhalten diese zwei,
die den Arbeitern fehlen. Infolgedessen haben die Arbeiter
zwei Ergänzungsmitglieder zu wählen, die zu den Beratungen
des Arbeiterrats voÜberechtigt zuzuziehen sind. Die 60 An-
gestellten hätten, wenn keine Arbeiter dagewesen wären,
einen Betriebsrat von fünf Angestellten zu wählen gehabt;
da sie nur zwei haben, wählen sie zum Angestelltenrat drei
Ergänzungsmitglieder hinzu.
Die Wahl soll spätesten nach sechs Wochen nach
Inkrafttreten des Gesetzes stattfinden. Einzuleiten ist sie
durch die Wahl des Wahlvorstandes. Dieser wird vom
Arbeiterausschuß, wo ein solcher nicht besteht, vom Angestellten-
ausschuß bestimmt, ebenso der Vorsitzende der aus drei
Personen bestehenden Körperschaft. Wo die Ausschüsse
ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, hat der Unternehmer
den Wahlvorstand zu bestellen. Er hat die drei ältesten
wahlberechtigten Arbeitnehmer dazu zu bestimmen. Dieser
Wahlvorstand wählt seinen Vorsitzenden selbst.
Die Wahl des Betriebsrats kann sich auf mehrere Tage
verteilen, unter denen ein Sonntag sein kann. Die Wahl-
tage werden vom Wahlvorstand festgesetzt. Er hat spätestens
20 Tage vor dem letzten Tage der Stimmenabgabe ein
Wahlausschreiben zu erlassen, von dem ein Abdruck oder
eine Abschrieft an einer oder mehreren allen Wahlberechtigten
zugängigen Stellen bis zum letzten Tage der Stimmabgabe
in lesbarem Zustande auszuhängen ist. Es muß alle auf
die Wahl bezüglichen Angaben enthalten, z. B. die Wahl-
tage, die Zahl der auf die einzelnen Gruppen entfallenden
Bewerber, Vorschriften über die Form der Listen, Angaben,
wo und wann sie einzurichten sind usw.
Jede der beiden Gruppen stellt ihre Liste gesondert
auf und wählt für sich. Nur dort, wo sich die Arbeiter
und die Angestellten in geheimen und getrennten Abstimmungen
für eine gemeinsame Wahl aussprechen, findet diese statt.
Dadurch wird aber das Zahlenverhältnis der Betriebsrats-
mitglieder nicht berüht, ebensowenig die Bildung des be-
sonderen Arbeiter- und Angestelltenrats.
Natürlich kann jede der im Betriebe vorhandenen
Richtungen, freigewerkschaftlich, christlich, Hirsch-Dunckersche
usw. ihre besondere Liste aufstellen. Jede Vorschlagsliste
soll wenigstens doppelt soviel Bewerber nennen als die in
Betracht kommende Gruppe (Arbeiter oder Angestellte)
Betriebsrats- und Ergänzungsmitglieder zu wählen hat.
Wird für jede Gruppe (Arbeiter und Angestellte) nur eine
Liste eingereicht, so findet keine Wahl statt. Es gelten
dann die Vorgeschlagenen als gewählt. Wird gar keine
Liste eingereicht, bleibt der Betrieb ohne Vertretung.
Die Wahl ist geheim. Sie findet statt durch Abgabe
von Stimmzetteln in Wahlumschlägen. Jeder Arbeit-
nehmer hat nur eine Stimme. Eine Verbindung von Listen
ist unzulässig, ebenso die Streichung von Namen aus der
Liste oder Vorbehalte. Gewählt wird nach den Grund-
sätzen der Verhältniswahl. Das Resultat wird ver-
mittelt, indem die der einzelnen Vorschlagsliste zugefallenen
Stimmenzahlen in einer Reihe nebeneinander gestellt und
sämtlich durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt worden. Es werden
dann die Bewerber nach den sich ergebenden Höchstzahlen
als gewählt bezeichnet. Hätten z. B. die oben erwähnten
Arbeiter die Auswahl zwischen vier Listen gehabt, von den
auf -die erste 220, auf die zweite 100, auf die dritte 75
und auf die vierte 40 Stimmen entfallen wären, würde
folgendermaßen verfahren:
Liste
Nr.1
Nr. 2
Nr. 3
Nr. 4
220
100
75
40
geteilt durch
2
-110
50
37'/,
20
3
- 73'/,
33'/,
25
13 hj.
4
- 55
25
18»/.
10
5
- 44
20
15
8
6
- 36'/,
16'/,
12'/,
6'i,
Zu wählen sind sechs Betriebsrats- und zwei Ergän-
zungsmttglieder für den Arbeiterrat. Die acht Höchstzahlen
sind: 220, 110, 100, 75, 73'/„ 55, 50 und 44. Fünf
davon entfallen auf die Lieste 1 (220, 110, 73'/„ 55, 44),
zwei auf die Liste 2 (100, 50), eine auf die Lifte 3 (75).
Dementsprechend gelten die Bewerber auf den Listen als
gewählt und zwar find die, die auf den Listen so stehen,
daß auf sie die Höchstzahlen 55 und 44 entfallen, also die
zwei niedrigsten Höchstzahlen, die Ergänzungsmitglieder für
den Arbeiterrat.
Enthält eine Liste weniger Bewerber als auf sie Höchst-
zahlen entfallen, so gehen die überschüssigen Stellen auf die
Höchstzahlen der anderen Vorschlagsliste über. Natürlich
müssen auch Ersatzmitglieder vorhanden sein, die nachrücken
können, wenn Betriebsrats- und Ergänzungsmitglieder aus-
scheiden. Als Ersatzmitglieder gelten die den Gewählten
auf derselben Liste folgenden Bewerber. Die Ergänzungs-
mitglieder sind dabei zugleich die ersten Ersatzmitglieder.
Ist ein Betrieb neu errichtet und noch kein Arbeiter-
ausschuß vorhanden, dann bestimmt auch der Arbeitgeber
den Wahlvorstand. In solchen Betrieben können, wenn
sie noch keine sechs Monate bestehen, Arbeitnehmer gewählt
werden, die im Betriebe seit der Begründung beschäftigt
sind. Sind trotzdem nicht genügend Arbeitnehmer zur
Bildung des Betriebsrats vorhanden, kann allgemein von
dem Erfordernis der sechsmonatlichen Betriebszugehörigkeit
abgesehen werden, nötigenfalls auch von der dreijährigen
Berufs- oder Gewerbezugehörigkeit.
Wo nur ein Betriebsobmann zu wählen ist — in den
Betrieben unter 20 Arbeitnehmern —, wird nur ein Wahl-
leiter vom Arbeitgeber gewählt. Es soll dies der älteste
wahlberechtigte Arbeitnehmer sein. Bei der Wahl des
Betriebsobmanns kann selbstverständlich das Verhältnis-
wahlsystem nicht angewendet werden. Es entscheidet die
einfache Mehrheit.
Sämtliche durch die Erfüllung der Vorschriften ent-
stehenden Kosten der Wahl hat der Unternehmer zu
tragen. Entsteht dem Wahlvorstand oder den Wählern
durch Zeitversäumnis Lohnausfall, so hat diesen
gleichfalls der Unternehmer zu tragen.
- Aus Stadt und Land.
Zur Brandentschädiguna. In einer amtlichen Pressenotiz i» der
„Karlsr. Ztg." wird darauf yingewiesen, daß in weiten Kreisen die irrige
Ansicht verbreitet ist, im Brandsalle werde bei Besteken einer Kriegs-
versicherung der im Gesetz vom Juli 1919 festgesetzte Zuschlag zur Brand-
entschädigungssumme nicht gewährt. Es wird betont, daß der Kriegs-
zuschlag auch für diejenigen Gebäude gewährt wird, die nach Artikel S
des genannten Gesetzes zur Kriegsversicherung ausgenommen sind. Zur
Beruhigung der Gebäudeeigentümer mag ferner dienen, daß das Finanz-
ministerium angeordnet hat, die Steuereinschätzung von zur Feuerversiche-
rung schon aufgenommcnen Gebäuden wegen Erhöhung der Baupreise
nicht zum Anlaß für eine Erhöhung der Vermögensgeuerwerle dieser
Eebäuoe zu nehmen.
Turnen, Sport und Spiel.
1- Pforzheim, 3. März. Am vergangenen Sonntag nachmittag
3 Uhr fand im Hotelrestaurant „zur Krone" hier auf Veranlassung des
Arbeiter-Sportkartells eine große öffentliche Schwimmer-Versammlung
statt. Sportgenosse Fritz Jauche-Heidelberg, Kreisschwimmwart des
Kreises V des Arbeiter-Wassersport-Verbandes, sprach in sachlicher Weife
über den gesundheitlichen Wert und die Bedeutung des Schwimmens
für die arbeitende Bevölkerung, sowie über die Stellung des Arbeiter-
Wassersport-Verbandes zur bürgerlichen Sportbewegung. In der an-
chließenden Aussprache, an der n. a. besonders von seilen des 1. bad.
Schwimmklubs hier der Vorsitzende Herr Katz beteiligte, gelang es dem
Referenten an Hand von ausführlichem Material alle Anwesenden von
den großen Idealen des Arbeitersports zu überzeugen, so daß sofort durch
die Beteiligung von zirka 50 Personen auch hier ein Ärbeiter-Schwimm-
klub gegründet wurde, der sich sofort dem Kreis V des A.-W.-V. an-
geschlossen hat. Reicher Beifall lohnte den Referenten, besonders al»
er im Schlußwort noch über die politische Neutralität des Sports im
allgemeinen sprach. So konnte der Versammlungsleiter Gen. Messin-
ger die äußerst interessant verlaufene Versammlung, die der Arbeiter-
Sportbewegung in Baden ein weiteres Glied zugefüat hat, mit dem
Wunsche zur regen Mitarbeit aller Genossen an dem Aufbau de, neuen
Vereins schließen.
Briefkasten.
E. B. Folgende Zeitungen in New Dork kommen in Betracht
„World", „Sun", Times" und „News"._ ,
MIMMkiMbkilkMld^
Sprechstunden täglich von 10—12 vormittags u.3—6 Uhr nachmittags.
WkiWU, -.-AL-n W M BIStff