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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Heilbut, Emil: Rundschau, [4]
DOI Artikel:
Relling, J.: Die Ausstellung der "XI"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0256

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von Serman Lselferich. — Die Ausstellung der „XI". von vr. Relling.

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mehr wert sein, als man in der alten Richtung war;
die neuen Ideale, nach denen man sich einrichtet, bringen
aber die schöne Erscheinung mit sich, daß der Name der
ersten Künstler, die die neue Richtung geschaffen, weil
vorbereitet haben, endlich zu der verdienten reichen An-
erkennung kommt.

Eine gewisse Entfernung trennt die Symbolisten
und die impressionistischen Meister. Die Entfernung aber
ist nicht so groß wie sie vermutet wird, und ein
Meister wie Whistler vermittelt zwischen den Endpunkten.

Die Sammlung Theodor Durets, eines der
verwegenen frühen Vorkämpfer der Jmpressionisten-Schule,
eine Sammlung, die Meister wie Manet, Monet, Degas,
Pissarro, Sisley, Renoir, Whistler enthalten hat, ist
vor einigen Tagen in Paris versteigert worden und die
Verstreuung der Sammlung trägt ebenfalls dazu bei,
diesen Samen in alle Welt zu tragen.

Die Aufstellung der „XI".

von vr. Relling (Berlin).

^ssch habe sie sehr gern, die preußischen Lieutenants mit
^ ihrer kurzen Höflichkeit und ihrem siegessicheren
Auftreten im Salon und auf dem Exerzierfeld, mit ihrer
Frische, die sie vor der heutigen zivilistischen Jugend so
auszeichnet. Aber wenn sie sich auf Kunstfragen einlassen,
da gefallen sie mir weniger und ich ärgere mich über
meine Schützlinge, wenn sie den herrschenden Anschau-
ungen der Berliner Gesellschaft über moderne Kunst so
unverblümten Ausdruck geben. Das steht ihnen so schlecht
wie der neue graue Paletot. Und da die Lieutenants den
gesellschaftlich wichtigsten Bestandteil des jungen Berlin
ausmachen, so ist es nicht gleichgültig, daß gerade sie von
der neuen Richtung nichts wissen wollen. Am Eröffnungs-
tage der Ausstellung der „XI" war alles das, was sich
in Berlin zur Gesellschaft rechnet (und noch einige mehr)
bei Schulte versammelt, viel Uniformen, und nun ging's
los in dem skandalierenden Ton, der der Berliner Ge-
sellschaft eigen ist, über die armen Bilder. Es war eine
Hetz, und den Lieutenants machte es riesigen Spaß, wer
will es ihnen verdenken? Über den neuen Elfer, Max
Klinger, ging es am schlimmsten her. Seine Kreuzi-
gung Christi sei nicht kirchlich, finden Leute, die die
Kirche nur wegen der Kirchenbaulotterien schätzen. Dieses
Urteil wurde übrigens in verschiedenen Variationen laut,
und es ist besonders charakteristisch für die hohen Kreise
der Berliner Gesellschaft. Denn von sehr interessierter
Seite wurde ihnen aufgebunden, daß die moderne Rich-
tung der Kirche und dem Staat feindliche Tendenzen
befolge. Und da, wo die Furcht vor den Roten immer
vorhanden ist, wird diese unsinnige Behauptung natürlich
gern geglaubt. Sobald bekommen wir diese falsche
Vorstellung aus unsren obersten Kreisen nicht heraus und
fürste gilt zunächst, und wohl für lange noch, nicht die
Unterscheidung zwischen guten und schlechten, sondern
zwischen konservativen Künstlern, die zu unterstützen, und
liberalen, die zu verdammen sind. Inzwischen malen die
„XI" weiter wie vorher, und wird es ihnen erschwert
von der Kunst zu leben, so leben sie — sie sind ja
Realisten! — für sie. Wie sagt man gleich im Bezirks-

Aus „Die Engel der Schöpfung".
 
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