Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (21.1929)

Max Liebermann Gartenterrasse in Wannsee
Ausstellung neuer Gemälde des Künstlers ln der Galerie Abels, Köln

baus weitere Vertiefungen der Resonanz. Jedes sei-
ner Bilder und Blätter offenbart neue Schichten
der Unergründlichkeit. Die gerade Linie schwingt
wie Membran unter dem Klang rostig tropfender,
weiß und steil gleißender Sonne. Klee aber betört
mit grau aufgeisterndem Narrenantlitz und wun-
dersamem Runenzauber, mit geheimsten Bizarre-
rien und immer kostbareren Ausgeburten einer
spitzfindigen Laune bis ins Mark.
Die D e u t s c h - F r a n z ö s i s c h e Gesellschaft
veranstaltet in den Räumen von Flatow &
Priem er eine Ausstellung französischer
Luxusdrucke der Nachkriegszeit, zu der einer-
seits Privatsammlungen wie die des Botschafters
Pierre de Margerie, Alfred Flechlheims, Graf Keß-
lers, andrerseits die führenden französischen Ver-
leger beigetragen haben. Die offizielle Bedeutung
dieses bibliophilen Besuches, den Herr de Margerie
selbst vorgestellt hat, wird durch Vorträge und
Empfänge hinreichend betont werden. — Den
deutschen Betrachter solcher Buchschätze muß be-
wundernder Neid erfüllen. Zwar dürfen wrir, die
wir nicht so scharf zwischen Konsum- und Gala-
druck zu unterscheiden gewohnt sind, eines ganz
anderen Niveaus uns rühmen, was das normale
Buch betrifft. Aber ganz zu schweigen von der
augenblicklichen Verfassung unserer bibliophilen
Produktion, — nur selten vermeidet der deutsche
Luxusdruck jene gespreizte Haltung, die das Typo-
graphische zelebriert und die Illustration trägt wie
eine Krone. Im einen wie im andern gibt sich das
künstlerisch gestaltete und bereicherte Buch der
Pariser Offizinen ungleich selbständiger und
freier. Und gerade die Bevorzugung der farbi-
gen Illustration bewahrt es vor dekorativerWürde

und vor Buchschmuckgetue. In dieser Ausstellung
warten vor allem die Verlage Jonquieres, Seheur,
Terquem, Orion mit ausgezeichneten Leistungen
auf, sind es insbesondere die Zeichnungen der
Chas Laborde, Fernand Simeon, Lucien Boucher,
Alexandre Alexeieff, Marcel Vertes, Pascin, Jean
Cocteau, Laboureur, Laurencin und der Juan
Gris, Derain, Masson, Max Ernst, in die man sich
vergafft. Um die überaus dankenswerte Veranstal-
tunghaben sich insbesondere die Herren Dr.Thiersch,
Dr. Homeyer und Dr. Grautoff verdient gemacht.
Wolfradt
FRANKFURTER JUBILÄ UMS-AUSSTELLUNGEN
Der Frankfurter Kunstverein feiert in diesen Ta-
gen sein hundertjähriges Bestehen. Aus dem her-
ausgegebenen Bericht ersieht man die segensvolle
W irksamkeit dieses Institutes während des ver-
flossenen Säkulums durch Ausstellungen, Geldzu-
weisungen für öffentliche, künstlerische Zwecke,
Ankäufe von Kunstwerken für die städtischen Ga-
leri en, Verkäufe an private Sammler, Vermittlung
zwischen den Künstlern und dem interessierten
Publik um, Verlosungen, Publizistik und sonstige
geistige Propaganda.
Zu Ehren des Jubiläums lud der Kunstverein die
Frankfurter Künstlerschaft, vertreten in den bei-
den Verbänden des »Künstlerbund« und der
»Künstlergesellschaft« zu einer gemeinsamen Aus-
stellung ein.
Beckmann hat ein Werk in Hochformat »Fußball-
spieler« von Monumentalität eingeschickt, Nuß-
baum ein leuchtend räumliches Straßenbild und
ein Damenbildnis von Rang, Ewald Phantasien von
feiner Koloristik und der Bildhauer Scheibe einen
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41 Der Cicerone, Jahrg. XXI, Heft 20