M 2S2.
lich.^Arti'» initNiUtthalilingSblatt vicrle^
läbrlich 36 kr.
Dienstag, 11. December
186«.
Telegraphische Depesche.
Kafsel, 8. Dec. Dic zweite Kammer
hat deii Antraq des Verfassungs-Ans-
schusses auf Jucompeteiit-Erklärung und
die deßfallsige Adresse au deu Landesherrn
mit alleu gegeu 7 Stliumeu augeiiommcn.
Der Landtag wurde hierauf aufgclvst,
worauf eiu begeisterungsvolles Hoch auf
die.zweite Kammer ausgcbracht wurde.
Deutschland.
Mannhcim, 8. Dec. Die Eutschei-
dungsgrüude des großh. Hvfgerichts des
Unterrheiukreises in dcr von uus iu Nr.
289 mitgetheisten Klagsache gegen das
hiesige Postamt besagen nach Aiiführung
der Thatsache, daß mit derselben ein Ver-
lustfast für den Kläger vorliege uud die
Postverwaltung gemäß § 43 dcr Verord-
nung vom 12. April 1851 für denselben
nach Maßgabe des dcclarkrten Werthes
von 365 fl. 48 kr. zn haften habe. Nach
derselben Verordnung soll zwar die E»t-
schädigung uiiter Vorlage des Postscheins
in Anspruch gellommcn werdeu, allein da
der Kläger einen solchen nicht mehr be-
sitze, derselbe vielmehr der Postvcrwal-
tung, als Beklagten, auf aiiderem Wege
zugekommen sei, könne dem Kläger die
Unterlassung der Vorlage nicht entgcgen-
stchen. Die Postvcrwaltung erhebt da-
gegen die Einrede, daß sie bercchtigt
gcwesen sci, auf Vorlage des Post-
scheinö das besagte Pakct abzugcbcn, da
sie die Aufgeber nicht kenne, und die aus-
gestclltcu Postscheinc nicht auf bestimmte
Personcu als Aufgebcr lauten, dieselben
sich daher als Papiere auf Iuhabcr dar-
stelltcn, welche den Besitzcr zur Erhcbung
befugt machteii (A. S. 191). Diese Ein-
rede wird nichl für gcgründet erachtet, da
ihr nicht nur die allgemei'nen landrecht-
lichcu Grundsätze entgcgenstäiiden, so wic
auch der Umstand, daß dic bloßc Uutcr-
lassung der Bkileiinung dcs Aufgebers dcn
Postschcin noch nicht zu eiucm Zettel
aufIiil^aber machen könne, sondern es
bestimme auch die Postverordnuug (§ 49,
Regbl. 1851, S. 275), daß bci'Zurück-
nahme eiiier aufgegebenen Fahrpostsenduug
die Nückgabe dcs clwa erhobcncn Post-
scheius nicht gcnüge, vielmehr dieselbe
untcr den in § 15 bezeichnetcn Voraus-
setzungen zu gcschehen habe. Dicscr De-
j stinnnung sci aber in dem vorliegendcn
! Falle uicht Folgc gegcben wordcn. Aus
! diesen Grüridcn und nach Ausicht der
j §§ 167 uud 168 der Pr.-O. wurde der
j Postfiscus für schuldig erkanut, dem Klä-
ger biniicn 14 Tagen 365 fl. 48 kr. ncbst
Zi'ns vom Tage der Klagzustcllung zu
zahlen und die Kosten beider Nechtszüg?
zu tragen. (M. A.)
21 Vom Neckar, 10. Dcc. Vor ciiii-
gen Tagcn verlchwand in Ladcnburg der
schr geachtete Bürger G., Familieuvater
von 10 Kindern, wovon nur eines geche-
licht ist und die meisten noch unmüiidig
sind, ohne daß man vvn ihm bis jctzt eine
Spur hätte eutdcckcn köiiuen. Die schr
bravc Frau dcs Verschwliiidencii, welche
in namculose Traucr dadurch versetzt wor-
den ist, wird allgrmein betrauert. Möchte
der Vcrmißte, was man eben lcidrr nur zu
sehr vermuthet, nicht Hand an sich gelegt
haben.
Aus derDiöcese Freiburg, 6. Dec.
In Nicqel (Beziri'samts Kenzingen) ist
aus eingczogcncn Collectcn ei'ne sehr ge-
räumige Localikät angekauft worden, um
daselbst cin E r z i e h u n g 6h a u s für
verlassene und verkommcndc Kinder der
obercu Gegendcn dcs Erzbisthums, na-
mentlich für vcrwahrloste Knaben, einzu-
richten.
'Wcrtheim, 5. Dcc. Bei der heute
stattgrhabtcn Wahl cines Bürgermeisters
hicsiger Stadt ging Hr. Kaufmann Ludwig
Haas mil 45 Stimmen bei 65 Wählern
aus der Urue hervor.
Stuttqart, 4. Dec. Man beabsichtigt
hier, pcriodl'sch wiederkehrende Bürgcrzu-
sammenkünfte übcr össrntli'che Angelegen-
hciten zu halten. Die Einladung zu der
ersten auf gestern Abend war von ange-
sehencn Männcrn der beidcn liberalcn Par-
teien — Democrattil und Constitutionelle,
sog. Altliberale — unterzcichiict. Dieses
Mitte), den gegenwärtig zicmlich abge-
stumpften Sinn für böhcre Intercssen zn
beleben, ist im höchstcn Grade zu billigen.
Dic crste Vcrsammlung hat sich haupt'
sächlich mit Fragen der Armenpflege be-
schäftigt.
Kassel, 7. Dec. Ueber die Art uich
Weisc, Wie die kurfürstl. hcss. Negierung
dem zwciten Drucker der „hess. Morgenz."
bie Konzession entzog, wird der „N. Fr.
Zgt." geschricben: Gestern Morgcns
kommt ganz nnerwartet und unbefangeir
kin' Polizcibeamter in die Wohnung dcs
Druckers und biktet, Hrn. Landsicdel vor---
ladend, um Mittheilung der Urkunde,
weil der Polizcivorstand Ctwas darin
nachschen wolle. Hr. Landsiedcl sagt, er
wolle dicselbe schon selber vorzeigcn, uud
begiht sich ohne Arg aufs Polizcizimmer.
Hicr wünscht ein Polizeicommissär die Ur-
knnde anzusehcii, lcgt sie nach Durch-
Itsung zur Seite uud crössnct uuil crst
dem Eigenthümcr, daß ihm die Gewerbege-
stattung in Folge RegierungsbeschlusseS
eutzogcn sei. Da cs hicrfür an den
gesetzlichcn Erfordernissen fehlt, so würde
eine unbrdingte Mandatsklage gcgen dcn
Etaatsanwalt ^zulässig sein; allein in
Folge der geschildertcn Urkundeneiitziehung
fchlt es uunmehr an der nöthigen urkund-
li'chen Begründung. Also wicderum ein
Pröbchen, wie cs bei uns hergeht; dcnn
ich habe kcinen Grund, an der Wahrheit
des Erzählten zn zweifeln.
Koburg, 7. Dcc. Die Wochenschrift
dcs Nationalvereiiis sagt in ihrem Wochen-
bericht u. A.: „Nachdem die Berlincr
Natl'onalzeitling unlängst großcs Aerger-
niß dadurch gegebcn, daß sic ein Büiidniß
Preußcns mit Frankreich angerathen, stei-
gert sie neiierdl'ngs ihre Nücksichtslosigkeit
bis zu der Erklärung, daß Triest und
Tirol „uns" nichts angehe, und daß kcin
Grund vorhanden sei, uns bci der et-
waigen Verlheidiguug dieser österrcichischcn
Desitzungcn zu betheiligen. Wenn irgend
ein Wortführcr des vernagelten Borussen-
thums, wie es in Hinrcrpommern etwa
uvch hie uud da zu Hause sein mag, mit
solchen Behauptungcn hiuausrückte, so
würde dcr dadurch kuudgegebcne Grad
der Beschränktheit inimer wunderbar er-
scheincn; wic nun vollends, wenn mair
dicse unglückliche Lcistung in dcn Spalten
dcr Natlöiialzeitung findet! Wie dieses
Dlatt dazü kommt, dcm dcutschen Natio-
nalgefühl eine solche Herausforderung und
eiiicn solche» Hohn zuzuschlellderii, und
noch dazu ohne jcde Veraulassung, darüber
ciithaltcn wir uns aller Verrnuthiingen.
Genug, daß nichts gccigneter ist, als das
Gcbahrcn der Nationalzeitiiirg, die im
übrigen Deutschland obwaltendcn Dor-
urtheile gegen Prcuße» zu verstärken und
selbst Zweifel an dem gesundcii Menschen-
vcrstande derer zu erregcn, die in Ber-
liii Politik machcn."
lich.^Arti'» initNiUtthalilingSblatt vicrle^
läbrlich 36 kr.
Dienstag, 11. December
186«.
Telegraphische Depesche.
Kafsel, 8. Dec. Dic zweite Kammer
hat deii Antraq des Verfassungs-Ans-
schusses auf Jucompeteiit-Erklärung und
die deßfallsige Adresse au deu Landesherrn
mit alleu gegeu 7 Stliumeu augeiiommcn.
Der Landtag wurde hierauf aufgclvst,
worauf eiu begeisterungsvolles Hoch auf
die.zweite Kammer ausgcbracht wurde.
Deutschland.
Mannhcim, 8. Dec. Die Eutschei-
dungsgrüude des großh. Hvfgerichts des
Unterrheiukreises in dcr von uus iu Nr.
289 mitgetheisten Klagsache gegen das
hiesige Postamt besagen nach Aiiführung
der Thatsache, daß mit derselben ein Ver-
lustfast für den Kläger vorliege uud die
Postverwaltung gemäß § 43 dcr Verord-
nung vom 12. April 1851 für denselben
nach Maßgabe des dcclarkrten Werthes
von 365 fl. 48 kr. zn haften habe. Nach
derselben Verordnung soll zwar die E»t-
schädigung uiiter Vorlage des Postscheins
in Anspruch gellommcn werdeu, allein da
der Kläger einen solchen nicht mehr be-
sitze, derselbe vielmehr der Postvcrwal-
tung, als Beklagten, auf aiiderem Wege
zugekommen sei, könne dem Kläger die
Unterlassung der Vorlage nicht entgcgen-
stchen. Die Postvcrwaltung erhebt da-
gegen die Einrede, daß sie bercchtigt
gcwesen sci, auf Vorlage des Post-
scheinö das besagte Pakct abzugcbcn, da
sie die Aufgeber nicht kenne, und die aus-
gestclltcu Postscheinc nicht auf bestimmte
Personcu als Aufgebcr lauten, dieselben
sich daher als Papiere auf Iuhabcr dar-
stelltcn, welche den Besitzcr zur Erhcbung
befugt machteii (A. S. 191). Diese Ein-
rede wird nichl für gcgründet erachtet, da
ihr nicht nur die allgemei'nen landrecht-
lichcu Grundsätze entgcgenstäiiden, so wic
auch der Umstand, daß dic bloßc Uutcr-
lassung der Bkileiinung dcs Aufgebers dcn
Postschcin noch nicht zu eiucm Zettel
aufIiil^aber machen könne, sondern es
bestimme auch die Postverordnuug (§ 49,
Regbl. 1851, S. 275), daß bci'Zurück-
nahme eiiier aufgegebenen Fahrpostsenduug
die Nückgabe dcs clwa erhobcncn Post-
scheius nicht gcnüge, vielmehr dieselbe
untcr den in § 15 bezeichnetcn Voraus-
setzungen zu gcschehen habe. Dicscr De-
j stinnnung sci aber in dem vorliegendcn
! Falle uicht Folgc gegcben wordcn. Aus
! diesen Grüridcn und nach Ausicht der
j §§ 167 uud 168 der Pr.-O. wurde der
j Postfiscus für schuldig erkanut, dem Klä-
ger biniicn 14 Tagen 365 fl. 48 kr. ncbst
Zi'ns vom Tage der Klagzustcllung zu
zahlen und die Kosten beider Nechtszüg?
zu tragen. (M. A.)
21 Vom Neckar, 10. Dcc. Vor ciiii-
gen Tagcn verlchwand in Ladcnburg der
schr geachtete Bürger G., Familieuvater
von 10 Kindern, wovon nur eines geche-
licht ist und die meisten noch unmüiidig
sind, ohne daß man vvn ihm bis jctzt eine
Spur hätte eutdcckcn köiiuen. Die schr
bravc Frau dcs Verschwliiidencii, welche
in namculose Traucr dadurch versetzt wor-
den ist, wird allgrmein betrauert. Möchte
der Vcrmißte, was man eben lcidrr nur zu
sehr vermuthet, nicht Hand an sich gelegt
haben.
Aus derDiöcese Freiburg, 6. Dec.
In Nicqel (Beziri'samts Kenzingen) ist
aus eingczogcncn Collectcn ei'ne sehr ge-
räumige Localikät angekauft worden, um
daselbst cin E r z i e h u n g 6h a u s für
verlassene und verkommcndc Kinder der
obercu Gegendcn dcs Erzbisthums, na-
mentlich für vcrwahrloste Knaben, einzu-
richten.
'Wcrtheim, 5. Dcc. Bei der heute
stattgrhabtcn Wahl cines Bürgermeisters
hicsiger Stadt ging Hr. Kaufmann Ludwig
Haas mil 45 Stimmen bei 65 Wählern
aus der Urue hervor.
Stuttqart, 4. Dec. Man beabsichtigt
hier, pcriodl'sch wiederkehrende Bürgcrzu-
sammenkünfte übcr össrntli'che Angelegen-
hciten zu halten. Die Einladung zu der
ersten auf gestern Abend war von ange-
sehencn Männcrn der beidcn liberalcn Par-
teien — Democrattil und Constitutionelle,
sog. Altliberale — unterzcichiict. Dieses
Mitte), den gegenwärtig zicmlich abge-
stumpften Sinn für böhcre Intercssen zn
beleben, ist im höchstcn Grade zu billigen.
Dic crste Vcrsammlung hat sich haupt'
sächlich mit Fragen der Armenpflege be-
schäftigt.
Kassel, 7. Dec. Ueber die Art uich
Weisc, Wie die kurfürstl. hcss. Negierung
dem zwciten Drucker der „hess. Morgenz."
bie Konzession entzog, wird der „N. Fr.
Zgt." geschricben: Gestern Morgcns
kommt ganz nnerwartet und unbefangeir
kin' Polizcibeamter in die Wohnung dcs
Druckers und biktet, Hrn. Landsicdel vor---
ladend, um Mittheilung der Urkunde,
weil der Polizcivorstand Ctwas darin
nachschen wolle. Hr. Landsiedcl sagt, er
wolle dicselbe schon selber vorzeigcn, uud
begiht sich ohne Arg aufs Polizcizimmer.
Hicr wünscht ein Polizeicommissär die Ur-
knnde anzusehcii, lcgt sie nach Durch-
Itsung zur Seite uud crössnct uuil crst
dem Eigenthümcr, daß ihm die Gewerbege-
stattung in Folge RegierungsbeschlusseS
eutzogcn sei. Da cs hicrfür an den
gesetzlichcn Erfordernissen fehlt, so würde
eine unbrdingte Mandatsklage gcgen dcn
Etaatsanwalt ^zulässig sein; allein in
Folge der geschildertcn Urkundeneiitziehung
fchlt es uunmehr an der nöthigen urkund-
li'chen Begründung. Also wicderum ein
Pröbchen, wie cs bei uns hergeht; dcnn
ich habe kcinen Grund, an der Wahrheit
des Erzählten zn zweifeln.
Koburg, 7. Dcc. Die Wochenschrift
dcs Nationalvereiiis sagt in ihrem Wochen-
bericht u. A.: „Nachdem die Berlincr
Natl'onalzeitling unlängst großcs Aerger-
niß dadurch gegebcn, daß sic ein Büiidniß
Preußcns mit Frankreich angerathen, stei-
gert sie neiierdl'ngs ihre Nücksichtslosigkeit
bis zu der Erklärung, daß Triest und
Tirol „uns" nichts angehe, und daß kcin
Grund vorhanden sei, uns bci der et-
waigen Verlheidiguug dieser österrcichischcn
Desitzungcn zu betheiligen. Wenn irgend
ein Wortführcr des vernagelten Borussen-
thums, wie es in Hinrcrpommern etwa
uvch hie uud da zu Hause sein mag, mit
solchen Behauptungcn hiuausrückte, so
würde dcr dadurch kuudgegebcne Grad
der Beschränktheit inimer wunderbar er-
scheincn; wic nun vollends, wenn mair
dicse unglückliche Lcistung in dcn Spalten
dcr Natlöiialzeitung findet! Wie dieses
Dlatt dazü kommt, dcm dcutschen Natio-
nalgefühl eine solche Herausforderung und
eiiicn solche» Hohn zuzuschlellderii, und
noch dazu ohne jcde Veraulassung, darüber
ciithaltcn wir uns aller Verrnuthiingen.
Genug, daß nichts gccigneter ist, als das
Gcbahrcn der Nationalzeitiiirg, die im
übrigen Deutschland obwaltendcn Dor-
urtheile gegen Prcuße» zu verstärken und
selbst Zweifel an dem gesundcii Menschen-
vcrstande derer zu erregcn, die in Ber-
liii Politik machcn."