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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 1
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Herrmann, Wolfgang: Neue Berliner Baukunst
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Schneider, Arthur von: Ernst Fries
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0063

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Warenhaus ausging, wird er weitergerührt werden
in großen Siedlungen, in Fabrikbauten, in Typen-
häusern — nicht aber im Einzelbau, weshalb auch
die hier und dort aufgeführten modernen Villen-
bauten in den Vorstädten Berlins nicht berück-
sichtigt wurden.

Wer etwas von dem neuen Geist dieser Bau-
kunst spüren will, der besuche das Buchdruckerhaus,
das, trotz des fehlenden schöpferischen Zuges, klar
und deutlich ohne jede falsche Phrase die Möglich-
keiten des neuen Baustils wiedergibt.

Ein einheitliches Bild von der modernen Ber-
liner Baukunst gibt diese Wanderung durch die
Außenbezirke der Stadt nicht. Vielleicht weil all
diese Bauten nur noch Nachklänge einer vergan-
genen Zeit sind. Vielleicht wird es schon in zehn
Jahren unverständlich sein, wie man noch immer
solche Mietskasernen aufführen konnte. Vielleicht
— wenn dann endlich die praktische Lösung für
das Einfamilientypenhaus gefunden ist. Es bildet
das Hauptproblem der modernen Baukunst für
die nächste Zukunft.

ERNST FRIES

VON

ARTHUR v. SCHNEIDER

T7s ist ein glücklicher Gedanke der Direktion des
-'-J Kurpfälzischen Museums, in dem wohnlich
eingerichteten obersten Geschoß des ehemaligen
von Moraschen Barockhauses die Malergeneration
Heidelbergs zur Zeit der Romantik in wechselnden
Ausstellungen vorzuführen. Die erste zusammen-
fassende Schau: „Heidelberger Maler der Romantik"
brachte das Jahr 1910. Dann folgte nach längerer
Pause (19 z 5) das Werk Carl Fohrs; heute ist die
Kunst Ernst Fries' (1801 bis 1833) in einer Aus-
wahl seiner Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und
Lithographien ausgebreitet, die die Linie der Ent-
wicklung dieses außergewöhnlichen Talentes in
allen Stadien: von den Kinderzeichnungen des acht-
jährigen Knaben und den schematischen Natur-
studien des jungen Schülers Friedrich Rottmanns
bis zu den bedeutenden graphischen und maleri-
schen Leistungen des reifen Mannes aufzeigen.
Besonders gut gewählt scheinen uns die Proben
seines vierjährigen italienischen Aufenthalts. Hier
werden die verschiedenen zeitgenössischen Ein-
flüsse auf seinen überaus anpassungsfähigen Stil
so recht deutlich: eine ganz allgemein allen der-
zeitigen Romfahrern eigene Vorliebe für fein um-
rissene und zart kolorierte, perspektivisch genau
konstruierte Aufnahmen antiker Baudenkmäler;
Freude an topographischen Städteansichten, wie der
Blick auf Neapel mit seiner unendlichen Weite
von Himmel und Meer, die das romantische Zeit-
ideal verrät; Anschluß an die heroische Land-

schaftskunst Kochs in herben Campagnalandschaf-
ten; endlich an seinen Freund Ludwig Richter
oder Martin Rohden gemahnende Motive aus
dem Albaner- oder Sabinergebirge mit ganz naza-
renisch empfundener Staffage. In die Zeit des
italienischen Aufenthaltes des Künstlers fällt auch
der mählich sich ankündigende Stilwandel von rein
zeichnerischer zu ausgesprochen malerischer Auf-
fassung des Naturvorbildes, äußerlich wohl ange-
regt durch maltechnische Belehrungen seines Freun-
des Wallis. So geistesverwandt und vollkommen
uns nun die subtile Zeichenkunst Ernst Fries' an-
mutet, so darf doch die Bedeutung dieser seiner
Wendung zur nuancierenden Tonmalerei nicht
unterschätzt werden. Wir sehen hier — schon
im Laufe des dritten Jahrzehntes des neunzehnten
Jahrhunderts — neue fruchtbare Ansätze zu einer
optischen Bildgestaltung, die den Impressionismus
eines Blechen und Menzel vorbereitet, keineswegs
aber ein Zurücksinken in sterile Nachahmung
holländischer Malweise. Seinen Höhepunkt er-
reicht diese Stilstufe nach seiner Rückkehr in die
Heimat in einzelnen Naturstudien aus der Um-
gebung Heidelbergs von erstaunlich transparentem
und lockerem Farbauftrag — wie einer Mond-
scheinlandschaft aus dem Neckartal — ähnlich
einem Nachtstück des Romantikers Carus — und
endlich in einer „Ansicht vom Starnberger See"
(1830), in der die Stimmungskunst seines Freun-
des Carl Rottmann unverkennbar anklingt.

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