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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 4
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Basler, Adolphe: Fünfzehn Jahre Lügen: Deutsch von Eberhard Nebelthau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0169

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PABLO PICASSO, SEILTÄNZERFAMILIE

MIT ERLAUBNIS DER D. D. A. (GALERIE A. FLECHTHEIM, BERLIN)

FÜNFZEHN JAHRE LUGEN

VON

ADOLPHE BASLER

DEUTSCH VON EBERHARD NEBELTHAU

TT 7ir leben heute entschieden im Zeichen der
* * Malerei. Die Malerei ist überall. Sie führt
das große Wort. Sie bricht allerorten ein. Die
Maler sind die Helden des Tages. Die Augen des
vor kurzem noch gegen jede Kunstform wider-
spenstigen Bürgers und selbst der Leute vom Lande,
die nur von den Scheußlichkeiten der Kunstbazare
und den Fabrikaten der Nachfolger Bougereaus an-
gezogen waren, sind jetzt nur noch scharf auf die
revolutionäre, sogenannte reine oder unabhängige
Malerei. Welches sind die Gründe für diese Ein-
genommenheit? Ist das ein Laster oder das Erwachen
eines Ideals? Oder ist es nicht vielmehr eine der
großen Lügen, die heutzutage das geistige Leben
inspirieren?

Gewiß, fast alle anerkannten Meister des neun-
zehnten Jahrhunderts haben das Martyrium des Un-
verstandenseins, der Feindschaft sogar oder der

späten Anerkennung erdulden müssen. So hat sich
um sie eine Atmosphäre des Geheimnisvollen ge-
bildet. Ihre Werke, zunächst einigen Eingeweihten
vertraut, haben nach und nach einen Uberfluß an
Literatur in allen Sprachen hervorgerufen. Der Wert
dieser Meister liegt nun klar zu Tage und hat wie
die Entdeckung einer Diamantenmine die Leiden-
schaften in Wallung gebracht, die überall verbrei-
tete Habsucht. Die Spekulation kam in der Folge
auf, eine zügellose Spekulation, die es dahin ge-
bracht hat, daß man den inneren Wert eines
Werkes mit seinem Preise verwechselt. Künftighin
müßte der Erwerb eines Bildes zugleich mit dem
ästhetischen Genuß die Aussicht mit sich bringen,
es in ein Wertpapier umsetzen zu können. Im Ver-
lauf der im letzten Viertel] ahrhundert veranstalteten
Auktionen hat man die Preise der Sammlungen von
Kunstfreunden, die eine feine Nase gehabt hatten,

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