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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 5
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Kunstausstellungen
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0232

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Einfluß geübt zu haben. Hierher gehört der Führer der
Gruppe Vaszary Jänos, dessen Wandlung aus dem Impressio-
nismus in eine Art expressiven Dekorationsstils ein Stück
europäischer Kunstentwicklung wiederspiegelt; ähnliche Ein-
drücke hat ein anderer Künstler von lang bewährtem Ruf,
Csök Istvän, mit gutem Erfolg in den Dienst altungarisch
anmutender Motive gestellt. Kemeny Läszlö versucht durch
Vereinfachung von Form und Farbe in der Art von Georges
Rouault einem modernen Sittenbild Ausdruckskraft und

zwingenden Stil zu geben. Eine der frischesten Erschei-
nungen ist Emöd Aurel, dessen gut aufgebaute und farben-
satte Landschaften bei aller Kraft doch zart und geschmack-
voll bleiben. Ist man bei den anderen Künstlern versucht,
um Unbekanntes an Bekanntes anzuknüpfen, geläufige Maler-
namen zur Charakterisierung heranzuziehen, so fällt dies
bei Emöd nicht ganz leicht, der sich selbständig mit Auf-
gaben auseinandersetzt, die etwa auch für Kokoschka oder
Per Krogh aktuell sind. H. T.

vir;< (J K T IONS N A C II R I C II T E X

Während zu Ende des ver-
gangenen Jahres der Kunstmarkt
unter dem Zeichen der üblichen
Weihnachtsruhe stand, bereiten
sich nun für das Jahr 1928 große
Ereignisse vor. Zwei der bedeu-
tendsten deutschen Privatsammlungen sollen zum Verkauf
gestellt werden. Auf die bevorstehende Auflösung der
fürstlich hohenzollernschen Sammlung in Sigmaringen ha-
ben wir bereits hingewiesen. Die Verhandlungen sind in-
zwischen fortgeschritten, und es scheint, daß es zu einer
öffentlichen Versteigerung kommen wird. Das Ende des
Sigmaringer Museums ist eine der bedauerlichen Folge-
erscheinungen der Nachkriegszeit. Denn es handelt sich um
eine der bedeutendsten und gepflegtesten kleineren fürstlichen
Sammlungen Deutschlands, doppelt reizvoll in der anmutigen
landschaftlichen Umgebung und allen Besuchern eine der köst-
lichsten Erinnerungen von Kunstreisen im Süden des Reiches.

Es scheint, daß die vielberufene Liste der national wert-
vollen Kunstwerke auch diesmal einen wirksamen Schutz
gegen die Ausfuhr nicht zu gewähren vermag. Noch immer
haben im Ernstfall die wirtschaftlichen Notwendigkeiten sich
stärker erwiesen als ein mit dem Odium willkürlichen Ein-
griffes in das Privateigentum belastetes Gesetz. Die Furcht
vor der Verschleuderung nationalen Kulturgutes war in der
Inflationszeit berechtigt, und das Vorbild Italiens lockte zur
Nachahmung. Aber das Gesetz, wie es zustandekam, war nicht
mehr als eine Notverordnung, und es wäre besser, es im
Ganzen zu revidieren, als es von Fall zu Fall zu durchlöchern.

Wie die Verhältnisse jetzt liegen, gibt jede Freigabe
eines geschützten Kunstwerkes, die von den Behörden ge-
nehmigt wird, Anlaß zu heftigen Erörterungen in der Presse,
die mehr Verwirrung als Nutzen stiften. So gab es erst
kürzlich eine Debatte wegen des Verlustes eines Gemäldes
von Dürer, der heiligen Familie, die vor etwa zehn Jahren
in Portugal entdeckt und durch den Kunsthandel nach
Deutschland gebracht worden war. Herr von Schwabach,
der damals das Bild kaufte, hat es nun wieder veräußert,
und wer das Bild kannte — es war vor zwei Jahren in der
Ausstellung des Kaiser-Friedrich-Museum-Vereins in der
Akademie zu sehen —, wird den Verlust nicht zu hoch ver-
anschlagen, da es sich um ein wenig erfreuliches und über-
dies schlecht erhaltenes Werk des Meisters handelte.

Wir möchten bei dieser Gelegenheit aber zum Ausdruck
bringen, daß es uns überhaupt nicht als ein nationales Un-

glück erscheint, wenn ein Meisterwerk deutscher Kunst den
Weg in ein ausländisches Museum findet. Wir sind im Gegen-
teil der Meinung, daß in den großen öffentlichen Samm-
lungen der Welt die deutsche Kunst viel zu gering vertreten
ist. Wir würden es begrüßen, wenn in London, Paris und
New York die Abteilungen alter wie neuer deutscher Kunst
an Ansehen und Bedeutung zunähmen. Denn überall steht
die deusche Kunst hinter der Kunst Italiens, der Niederlande,
Frankreichs ungebührlich zurück. Man sieht und weiß im
Ausland viel zu wenig von deutscher Malerei und Plastik.
In allen unseren Museen wird die Kunst fremder Nationen
mit Eifer gesammelt. So sollten auch wir einen gesunden
Austausch nicht verhindern und die Ausfuhr deutscher Kunst-
werke nicht erschweren, die im Auslande dem deutschen
Namen Ruhm und Ehren zu werben imstande sind. Anders
lagen die Verhältnisse in Italien, das die Museen der ganzen
Welt mit Kunstwerken versorgt hatte, das ein reines Kunst-
ausfuhrland gewesen ist, bis es durch ein Gesetz die Grenzen
verriegelte. Der deutsche Kunstbesitz ist heute in so weit-
gehendem Maße in öffentlicher Hand gesichert, daß kein
Grund besteht, die Abwanderung eines einzelnen Werkes
von Dürer zu beklagen, und daß man es mit Freude begrüßen
sollte, wenn ein Menzel oder ein Leibi den Weg in ein
ausländisches Museum fände.

Deutschland ist im Gegenteil während der letzten Jahr-
zehnte vor dem Kriege das stärkste Kunsteinfuhrland in
Europa gewesen, und es ist eine zwar bedauernswerte, aber
unvermeidliche Folge der allgemeinen Minderung des Wohl-
standes, wenn der Kunstbesitz nun wieder nach reicheren Län-
dern abzuwandern strebt. Daß dieser Prozeß noch keineswegs
abgeschlossen ist, beweist die bevorstehende Auflösung der
Sammlung Oskar Huldschinsky in Berlin, deren Versteigerung
das große Ereignis des Kunstmarktes im Jahre 1928 zu wer-
den verspricht. Als Huldschinsky im vergangenen Jahre seinen
Raffael nach Amerika verkaufte, erhoben sich schon einmal
die üblichen Klagen über die Schwäche der Behörden, die
ihrem Gesetz keine Achtung zu erzwingen vermöchten. Die
Klagen werden sich gewiß jetzt wiederholen, denn es be-
steht kein Zweifel, daß die Freigabe der durch die Liste
geschützten Kunstwerke erfolgen wird. Auch in diesem Falle
sind wir ketzerisch genug, in solche Klagen nicht einzu-
stimmen, da uns der Nutzen, den die Allgemeinheit aus
dem Vorhandensein einer kostbaren Privatsammlung in einer
Tiergartenvilla zieht, nicht erheblich zu sein scheint.

Als früher der Reichtum so groß war, daß man aus großen

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