DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:Jedlicka, Gotthard: Aus der Kindheit Henri de Toulouse-Lautrecs
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0153
AUS DER KINDHEIT HENRI DE TOULOUSE-LAUTRECS
VON
GOTTHARD JEDLICKA
Des Künstlers voller Name lautet Henri-Ray-
mond de Toulouse-Lautrec-Monfa; er ist als
erster Sohn des Grafen Alphonse von Toulouse-
Lautrec in der Nacht vom dreiundzwanzigsten auf
den vierundzwanzigsten November 1864 in Albi an
der Rue de TEcole-Mage in einem alten schloß-
artigen Bau geboren, der sich schon seit manchem
Geschlecht im Besitz der Grafen von Toulouse be-
findet.
Heute trägt das Sträßchen, an dem das Ge-
burtshaus des Künstlers liegt, seinen Namen: Rue
Henri de Toulouse-Lautrec, aber die Bewohner
nennen es immer noch Rue de l'Ecole-Mage, und
wenn man sie nach der Straße mit dem Namen
des Künstlers fragt, so schütteln sie fast immer
unwissend den Kopf. Wenn man nach dem Gra-
fen von Toulouse-Lautrec fragt, so denken sie an
den Vater des Künstlers und erzählen sofort von
ihm. Vom Künstler selber wissen sie nur, daß
viele seiner Bilder sich in dem Museum befinden, das
man ihm in einem der schönsten alten Gebäude
der Stadt eingerichtet hat (im ehemaligen erz-
bischöflichen Sitz), daß er in Paris ein schlimmes
Leben geführt hat und sehr früh gestorben ist.
Man berichtet, daß der Vater zur Zeit, da der
Knabe geboren wird, auf seiner Besitzung Loury
im Loiret jagt und es nicht eilig hat, an das
Wochenbett seiner Frau zu kommen. Schon vor
der Geburt des Kindes haben die Eltern über die
Erziehung verhandelt; sie setzen selbstverständlich
voraus, daß das Kind ein Knabe sein wird. Die
beiden Eltern werden sich in die Erziehung teilen.
Das ist in diesen Kreisen oft Sitte. Die frühe Er-
ziehung soll durch die Mutter geschehen; der
Vater wird den Abschluß der Erziehung über-
nehmen. Darunter versteht er vieles, was ihm
selber nicht so recht klar ist.
Die ersten Jahre verbringt der Knabe in Albi;
er ist von einer Schar von Knaben des gleichen
Alters aus der Verwandtschaft umgeben. In seiner
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VON
GOTTHARD JEDLICKA
Des Künstlers voller Name lautet Henri-Ray-
mond de Toulouse-Lautrec-Monfa; er ist als
erster Sohn des Grafen Alphonse von Toulouse-
Lautrec in der Nacht vom dreiundzwanzigsten auf
den vierundzwanzigsten November 1864 in Albi an
der Rue de TEcole-Mage in einem alten schloß-
artigen Bau geboren, der sich schon seit manchem
Geschlecht im Besitz der Grafen von Toulouse be-
findet.
Heute trägt das Sträßchen, an dem das Ge-
burtshaus des Künstlers liegt, seinen Namen: Rue
Henri de Toulouse-Lautrec, aber die Bewohner
nennen es immer noch Rue de l'Ecole-Mage, und
wenn man sie nach der Straße mit dem Namen
des Künstlers fragt, so schütteln sie fast immer
unwissend den Kopf. Wenn man nach dem Gra-
fen von Toulouse-Lautrec fragt, so denken sie an
den Vater des Künstlers und erzählen sofort von
ihm. Vom Künstler selber wissen sie nur, daß
viele seiner Bilder sich in dem Museum befinden, das
man ihm in einem der schönsten alten Gebäude
der Stadt eingerichtet hat (im ehemaligen erz-
bischöflichen Sitz), daß er in Paris ein schlimmes
Leben geführt hat und sehr früh gestorben ist.
Man berichtet, daß der Vater zur Zeit, da der
Knabe geboren wird, auf seiner Besitzung Loury
im Loiret jagt und es nicht eilig hat, an das
Wochenbett seiner Frau zu kommen. Schon vor
der Geburt des Kindes haben die Eltern über die
Erziehung verhandelt; sie setzen selbstverständlich
voraus, daß das Kind ein Knabe sein wird. Die
beiden Eltern werden sich in die Erziehung teilen.
Das ist in diesen Kreisen oft Sitte. Die frühe Er-
ziehung soll durch die Mutter geschehen; der
Vater wird den Abschluß der Erziehung über-
nehmen. Darunter versteht er vieles, was ihm
selber nicht so recht klar ist.
Die ersten Jahre verbringt der Knabe in Albi;
er ist von einer Schar von Knaben des gleichen
Alters aus der Verwandtschaft umgeben. In seiner
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