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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 10
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Wert auf die Frische der Farben, so schätzt man heute in
Japan sowohl wie in Amerika, den beiden Hauptländern des
Farbendrucksammelns, nur die ganz unberührten und unver-
blichenen Abzüge. In der Preisbildung machte sich diese
internationale Wertung sehr deutlich bemerkbar. Berühmte
Blätter in besonders schönem Zustande wurden außerordent-
lich hoch gesteigert und erregten vor allem den Wettbewerb
der in London ansässigen japanischen Händler.

Unter den Primitiven erzielte den höchsten Preis das
prachtvolle große Schauspielerporträt des Torii I. Kiyonobu
mit 4500 Mark. Von Masanobu wurde eine große Darstellung
der Glücksgötter, die so frisch war, als sei sie gestern ko-
loriert worden, mit 2900 Mark, ein kleines Schauspielerbild
mit 1700 Mark bezahlt. Unter den Blättern des Harunobu
war am meisten umworben die reizende Teehausszene, die
auf 1500 Mark geschätzt, bis über 2000 Mark stieg, das sel-
tene Historienbild im chinesischen Stil brachte 1650, das
Kalenderblatt mit dem Glücksgott Hotei i45oMark.VonShunei
wurden zwei Schauspielerbrustbilder auf Silbergrund im Stile
des Sharaku mit 1400 und 1550 am höchsten bezahlt. Shum-
mans wundervolle Sechsblattfolge der Tama-Flüsse blieb mit
über 5000 Mark hinter den Erwartungen etwas zurück. Da-
gegen bewährte sich die Beliebtheit des Meisters Sharaku,
dessen Blätter fast sämtlich von Yamanaka und einem fran-
zösischen Kommissionär ersteigert wurden. Die berühmten
Köpfe von Schauspielern, von denen Frau Straus-Negbaur
nicht weniger als sieben besaß, wurden mit 2200 bis 4400
Mark bewertet, die ganzfigurigen Darstellungen brachten
1800 und 2600, das Hauptblatt mit den Brustbildern zweier
Schauspieler ersteigerte der Berliner Händler Tikotin für 5000

Mark, genau zu dem Preise, auf den es geschätzt war. Als
besondere Kostbarkeiten der Sammlung waren zwei Blätter
des Choki berühmt, eine Winterszene, die trotz ihrer nicht
untadeligen Erhaltung erstaunlicherweise auf 4oooMark stieg,
und ein herrliches Blatt mit den Brustbildern Zweier Mäd-
chen, das 4400 Mark erzielte. Auch in der Bewertung der
Blätter des Utamaro zeigte sich die Vorliebe der Sammler
für die Darstellung anmutiger Frauen, die gerade diesen
Meister zuweilen bedenklich das ausdruckslos Süßliche strei-
fen läßt. 6250 Mark für das Blatt mit den „Drei Schön-
heiten" war — das Doppelte der Schätzung — ein auch für
diese Auktion überraschender Preis, den Tikotin anlegte,
der dagegen das prachtvolle Blatt einer Yujo mit ihrer
Dienerin für 2600 Mark relativ preiswert ersteigern konnte.
Drei andere von den schönsten Blättern des Utamaro gingen
für 2250, 2650 und 3000 Mark nach Paris, während das präch-
tige Triptychon mit dem Vergnügungsboot für 2000 ebenso
wie die beiden Traumdarstellungen für 2300 Mark wieder in
Berlin blieben. Von Toyokuni brachte die schöne Folge von
sechs großen Schauspielerbildern 4250 Mark. Auch einzelne
Blätter von Hokusai endlich waren stark umworben. Für
die acht Ansichten der Ryukyu-Inseln wurden 2200, für den
„Fuji bei schönem Wetter" 1250, für die Landschaft mit dem
chinesischen Kanzler Toba 11 50 Mark bezahlt. Über 240 000
Mark betrug das Gesamtergebnis der 630 Nummern des Kata-
loges, der von Fritz Rumpf mit Sachkenntnis und Gewissen-
haftigkeit bearbeitet, als einzige Erinnerung an eine der
schönsten Sammlungen japanischer Farbendrucke in deut-
schem Besitz verbleibt.

G.

NEUE BUCHER

Konrad Hahm, Deutsche Volkskunst. Berlin 1928.
Deutsche Buchgemeinschaft. 124 Seiten Text, 216 Bildtafeln.

Die deutsche Volkskunst ist bis auf geringe Reste aus-
gestorben; somit behandelt das vorliegende Buch ein histo-
rischesThema. Es dient aber dabei, wie alle wahre Volkskunde,
dem Leben, das heißt der großen Aufgabe der Neugestaltung
unseres Volkstums. Dieses Dienen geschieht hier nicht predigt-
haft und noch weniger volkstümelnd, sondern durch den Willen
zur Einsicht in die wirkenden Grundkräfte. Volkskunst wird
hier nicht für sich gesehen, sondern in den Gesamtzusammen-
hang volksmäßiger Geistigkeit hineingestellt. Der klärenden
Einsicht halber ist ein lebendig geschriebenes Kapitel überVolks-
brauch und Volksglaube eingeschoben. In der darauffolgenden
Abhandlung „Gestaltgeben und Darstellung" wird zunächst die
Abgrenzung und Gliederung der Volkskunst versucht, wobei in
sehr dankenswerter Weise der Anteil des Handwerks und die
Gründe für dessen Einbeziehung — eine bisher nicht genü-
gend erörterte Frage — eingehend behandelt werden. Weiter-
hin ist in diesem Kapitel auch das schwierige und noch wenig
begangene Gebiet der Ornamentik nach Bedeutung und forma-
lem Wesen nicht außer Acht gelassen und für die künftige For-
schung ergeben sich dabei einige wichtige Anregungen.

Die Darbietung der Stoffmasse selbst nun, die in einem
sehr reichen, vorzüglich ausgewählten und zusammengestellten
Abbildungsteil Sichtbarkeit gewinnt, ist nach Werkstoffen ge-
gliedert. Der darunter wichtigsten Gruppe, demHolz, wird sinn-
gemäß eine Abhandlung über den Hausbau vorausgesetzt.
Der großen Schwierigkeit, über den gewaltigen Bereich der
Sachgruppen mehr als Allgemeinheiten und Zufälligkeiten
zu sagen, ist schon durch die Betonung der technischen Vor-
gänge erfolgreich begegnet. Das Kapitel über Weberei ist durch
die Abhandlung über Tracht lebendig gemacht; in dem Ab-
schnitt der Holzbearbeitung ist im passenden Zusammenhang
über die religiöse Volkskunst gesprochen, die an sich bei
ihrer Vielverzweigtheit ohne den vorliegenden Zwang zur
Einschränkung ausgedehntere Berücksichtigung verdient hätte.
Solche sachlichen Ausstellungen möchten nun in gar keiner
Weise das Verdienst dieses ebenso schönen wie ernsten
Buches herabmindern, das zum ersten Male einen so gewalti-
gen und beziehungsreichen Stoff mit Gewissenhaftigkeit und
tiefer Einsicht in die Probleme zusammenstellt. Alles in
allem: ein wissenschaftliches Buch, das seine Aufgabe auch
in weiten Kreisen zu werben, gut erfüllen wird.

I. M. Ritz.

SECHSUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, ZEHNTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 15. JUNI, AUSGABE AM 1. JULI NEUN-
ZEHNHUNDERTACHTUNDZWANZIG. REDAKTION KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER, BERLIN
GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR.RICHTER G.M.B.H., LEIPZIG
 
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