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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 6
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Neumeyer, Alfred: Deutsche Landschaftskunst seit Hans Thoma: Ausstellung im staatlichen Kupferstichkabinett
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0263

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LEOPOLD GRAF KALCKREUTH, ANSICHT VON HOCHDORF.

AUSGESTELLT IM KUPFERSTICHKABINETT, BERLIN

RADIERUNG

DEUTSCHE LANDSCHAFTSKUNST SEIT HANS THOMA

AUSSTELLUNG IM STAATLICHEN KUPFERSTICHKABINETT

VON

ALFRED NEUMEYER

|^\as Staatliche Kupferstichkabinett zeigt eine Ausstellung
deutscher Landschaftskunst seit Hans Thoma. Eine
Rückführung auf einfache Motive, denen einfache zeichne-
rische Formen (und Formeln) entsprechen, zwingt ja tat-
sächlich mit diesem Namen in der Geschichte der Land-
schaftskunst eine Cäsur zu setzen. Die Zeit der Marinen
und der Sonnenuntergänge bei Sorrent ist zu Ende. Der
Schwarzwälder Hahn kräht. Noch in der Radierung von 1918,
einem Schwarzwaldtälchen im Schnee, bewahrt der Grabstichel
die feine Frömmigkeit des Schwärmers, bei dem vielleicht
die Endreime ein wenig zu pedantisch betont scheinen. Auch
in anderen Zeitgenossen spürt man etwas von diesem Zwang
zum Ornament, geboren aus antinaturalistischem Antrieb zur
Verwandlung des Gegenständlichen, allerdings auf der Grund-
lage eines Harmonieideals, das die Form rundet und aus-
gleicht. Albert Lang, Stuck, Bohle, Leistikow treten in diesen
Zusammenhang. Zeitloser wirkt auf uns der Dienst an der
Erscheinung, wie ihn die_ selten aufgelegten Blätter von
Toni Stadler, Edmund Steppes und Schinnerer zeigen. Eine
fast nazarenische Zurückhaltung des eigenen Temperamentes,
die vor allem auch auf den größeren Karl Haider verweisr,
vermittelt besonders glücklich den Charakter süddeutscher

Erde. Auf Schinnerers Feldradierung gibt die Piatie das
Leuchten der sonnebestrahlten, reifend erwärmten Erde. In
Kalckreuths Ansicht vonHochdorf stelltsich das niederdeutsche
Gegenbild ein. Landschaft, „gesehen durch ein Temperament",
ist die Herrenkunst Liebermanns und Corinths. Die Miene
des Liebhabers versteckt sich einmal hinter dem Gesicht
des Fachmanns, das andere Mal hinter dem des „starken
Mannes". Die nebeneinander gezeigten Liebermannschen
Radierungen der badenden Jungen von 1896 und 1915 laden
zu instruktiven Vergleichen ein. Corinths Waldbank, die
Lärche, die drei Bäume sind Gipfelpunkte „malerischer"
Radierungen. Letzte Ausstrahlungen solchen Temperaments-
impressionismus, unter verstärkter Betonung der artistischen
Probleme, führen zu den Blättern von Großmann und Purr-
mann. Besonders der samtartige Glanz auf den Radierungen
Purrmanns erhöht den Reiz der etwas gewichtlosen Form-
stenogramme. Die Blätter von Seewald, Rohlfs, Pechstein,
die man hier sieht, sind zu reich an vorgeprägter Form, zu
arm an Formanregung durch die visuell empfangene Land-
schaft. Bei Kanoldt existiert eine leicht pedantisch wirkende
Formel, die mit Geschmack gehandhabt wird. Man denkt
zuweilen an Thoma. Nolde ist nur mit Arbeiten einer be-
 
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