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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 7
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Statthalter Burckhardtschen Geistes auf Erden, hat seine Kor-
rekturen an Burckhardts Auffassungen mit feinstem seelischen
Verständnis begründet. Er hat die Goldadern bloßgelegt, aus
denen Burckhardt seine Kunst nährte und sie bis in die Anfänge
zurückverfolgt. In unermüdlicher kritisch-historischer Arbeit
und mit immer verehrungsvollerer Liebe hat er seit mehr als
einem Vierteljahrhundert den großen Mann geschildert in allen
seinen Äußerungen seines Werkes und seiner Persönlichkeit.
In das Buch, das er jetzt zum dreißigsten Todestage des
Meisters im Verlage von Bruckmann vorlegt*, sind frühere,
zum Teil umgeformte und erweiterte Aufsätze hineingearbeitet,
* C. Neumann, Jac. Burckhardt. Münchenipiy. F. Bruckmann A.-G.

zu einem geschlossenen Ganzen von erstaunlicher Fülle und
von einer ganz einzigartigen Vielseitigkeit der Bildung, der
Gedanken, der Kenntnisse und der Auffassungen. Wer Burck-
hardt liest, wirklich liest — und und es werden immer mehr
solcher Leser —, wird auch dieses Buch von Carl Neumann
lesen. Nicht nur, um sich zurechtzufinden in der ungeheuren
Weite der Burckhardtschen Welt. Sondern weil diese Bio-
graphie, wenn wir dieses Buch so nennen wollen, als wissen-
schaftliche und künstlerische Arbeit seinem großen Gegen-
stande wie ebenbürtig zur Seite steht. Es gibt auf diesem
Gebiete des Geistigen kaum einen größeren Genuß, als
diesem Zwiegespräch zweier Großer zu lauschen.

UKTIONSNACHRICHTEN

PARIS
Der Nachlaß Theodore Durets ist
am i.März versteigert worden. Man
wußte, daß von der einstigen Samm-
lung des bekannten Schriftstellers
kaum noch ein Rest vorhanden war,
und man war überdies mißtrauisch, weil in den letzten Jahren
unter Durets Namen manche zweifelhafte Bilder in den
Handel gelangt waren. So bedeutete es für die Eingeweihten
kaum eine Überraschung, daß nach gewissenhafter Prüfung

nur eine recht bescheidene Sammlung zur Auktion kam, in
der überdies Namen wie Daumier, Delacroix, Toulouse-
Lautrec mit dem vielsagenden Zusatz: „Schule", „Art", „zu-
geschrieben", versehen waren. Die erzielten Preise ließen
erkennen, daß es Werke von Bedeutung kaum mehr gab.
Von den Zeichnungen Van Goghs brachte ein Selbstporträt
13800, die Allee des Alyscamps 8700, während der Sämann
mit 23400 frc. bewertet wurde. Den höchsten Preis der Ver-
steigerung erzielte mit 54000 frc. das Bildnis Durets in seinem
Arbeitszimmer von Vuillard.

BILDERPREISE UM 1850

Im Rahmen eines Vortragszyklus „Frankfurter Stifter" hielt
Professor Swarzenski einen interessanten Vortrag über
Johann Friedrich Staedel, den verdienstvollen Stifter der
Frankfurter Sammlung.

Staedel ist 1816 im Alter von 88 Jahren gestorben und
hat in einer 1815 errichteten Stiftung seine reichen Kunst-
sammlungen nebst einem Vermögen von über einer Million
Gulden seiner Vaterstadt vermacht. 1817 wurde das Institut
in den vollen Besitz der Stiftung eingesetzt und die von
Staedel selbst bestimmte Administration begann ihre Tätig-
keit. Diese wurde allerdings noch im gleichen Jahre durch
Testamentsanfechtung entfernter Verwandter gestört, konnte
indessen nach einem Vergleich im Jahre 1828 weiterentwickelt
werden.

Es ist nun für die heutige Bewertung alter und neuer
Kunst von besonderem Interesse, zu hören, welche Preise
um die Jahre 1830—50 für Bilder bezahlt wurden, die zum
Teil heute zu den Perlen der Sammlung gehören, und wie
vergleichsweise zeitgenössische Kunst (heute mehr oder we-
niger als „Schinken" empfunden) im Werte stand.

So wurde damals von dem Staedelschen Museum der
kleine Flügelaltar von van der Goes für 130 Gulden er-
worben, im gleichen Jahre, 1830, hat man die Kartons der

„Hochzeit zu Cana" von Schnorr von Carolsfeld mit 1000 Gul-
den bezahlt!

Ebenfalls 1830 kostete ein Fra Angelico 1650 Gulden,
genau soviel wie Schnorrs „Barmherziger Samariter", dagegen
war die „Madonna" von Roger von der Weyden schon für
808 Gulden zu haben!

1840 wurden für den „Schächer" des Meisters von
Flemalle 330 Gulden bezahlt, gleichzeitig für das große Bild
Overbecks „Triumph der Religion in den Künsten" —
1338 Gulden.

Aus den Jahren 1844—5° datieren Preise wie: 3600 Gul-
den für Rembrandts „Bildnis der Margarete von Bilderbeccq",
1400 Gulden für den großen „Sibyllenkopf" Botticellis,
3000 Gulden für die herrliche „Madonna" des van Eyck,
300 Gulden für ein „Männerbildnis" von Memling.

Gleichzeitig aber kostete, im Jahre 1850, das große Bild
von Louis Gallait, „Abdankung Kaiser Karls V.", 300 Gulden
mehr als der Rembrandt und 900 Gulden mehr als der
van Eyck, nämlich 3900 Gulden!

An der heutigen Spannung zwischen der Bewertung alter
und neuer Kunst gemessen, muß das ein ideales Zeitalter
für Künstler gewesen sein — aber auch für Museums-
direktoren. E. Luthmer.

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