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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 7
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Künstleranekdoten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0314

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Menzel kam meist zu spät ins Theater. Als er einst auch
wieder zu spät zum Don Juan kam, sagte er: „Komisch,
ich habe den alten Komtur noch nie lebendig gesehen."

*

In der vorjährigen Ausstellung der niederländischen Primi-
tiven in London wurde ein berühmter deutscher Galeriedirek-
tor von einem englischen Kollegen gefragt: „Haben Sie die
Bilder alle schon gekannt?" Er erwiderte: „Soweit sie
fertig waren, ja."

*

„Man bedient sich der Farben, man malt mit dem Gefühl."

Chardin.

Der Baupolizei wird der Entwurf für ein Erbbegräbnis
zur Prüfung eingereicht. Sie gibt den Entwurf mit der An-
merkung zurück: „Die Treppe ist zu schmal. In Gebäuden,
die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, müssen
Treppen wenigstens einen Meter breit sein."

Als Olbricht das Haus der Wiener Sezession baute, stand
beständig lachend und schimpfend Publikum davor. Ein
Freund des Architekten, Kolo Moser, gesellte sich einst zu
einer solchen Gruppe von Aufgeregten. Ein Wiener Bürger
sagte, auf den Eulenfries zeigend: „Sehen Sie mal, das sol-
len Eulen sein, das sind doch mein Lebtag keine Eulen!"

Kolo Moser meinte: „Na, vielleicht sollen es gar keine
Eulen sein." „Ach was," erwiderte der andere unwirsch,
„das sieht man doch, daß es Eulen sein sollen."

*

Urteile über eine Geschichte der modernen europäischen
Kunst:

In der Schweiz: Die Geschichte ist ausgezeichnet, nur
ist die Schweiz in einer ungebührlichen Weise vernachlässigt
worden. — In Holland: Wir haben keine bessere moderne
Kunstgeschichte, wenn der Verfasser nur nicht so ungerecht
gegen Holland gewesen wäre! — In Wien: Ein Standard-
werk von großer Gerechtigkeit; nur die Wiener Kunst kommt
zu kurz. Und so weiter.

Julius Meier-Gräfe erzählte neulich in der Frankfurter
Zeitung über einen seiner Böcklinvorträge: „Es war in Ham-
burg. Vor dem Rednerpult, auf dem ich gegen Böcklin
donnerte, saß in der ersten Reihe, zwischen Lichtwark und
Richard Dehmel, eine alte Patrizierin in schneeweißem Haar,
mit sehr lebendigen Zügen und ließ kein Auge von mir. An
gewissen Stellen, wo ich besonders tief schürfte, um auf
die letzten Giftquellen zu kommen, glaubte ich eine leise
zustimmende Neigung der vornehmen Gestalt wahrzunehmen.
Das Publikum am Schluß war gedrückt und suchte den Aus-
gang. Nur die alte Dame trat gemessenen Schrittes auf mich
zu, sah mir ins Auge und sagte: „Sie haben mir aus der
Seele gesprochen; auch mir geht Böcklin über alles."

NOTIZ

Die Buchhandlung und Galerie Hans Goltz in München
legt, mit Bezug auf unseren Nachruf in Heft 4, Seite 163,
Wert darauf, festzustellen, daß ihre Kunstabteilung „weder
zu Lebzeiten des Gründers noch nach dessen Tode jemals
ihren Umfang und ihre Tätigkeit irgendwie eingeschränkt"

habe. „Im Gegenteil." Sie fügt dann hinzu: „Allerdings
wurden die Umsätze nicht größtenteils auf dem Gebiete der
modernen Kunst getätigt. Auch Kollektivausstellungen werden
nicht mehr gemacht werden."

SECHSUNDZWANZIGSTER JAHRGANG, SIEBENTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 15. MÄRZ, AUSGABE AM 1. APRIL
NEUNZEHNHUNDERT ACHTUNDZWANZIG. REDAKTION KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER, BERLIN
GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON FR. RICHTER G.M.B.H., LEIPZIG
 
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