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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 7
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Neumeyer, Alfred: Albrecht Dürers Grab: eine Dürererinnerung aus der Romantik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0286

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LUDWIG EMIL GRIMM, FEIER AN DÜRERS GRAB. 1828. KUPFERSTICH

ALBRECHT DURERS GRAB

EINE DÜRERERINNERUNG AUS DER ROMANTIK
VON

ALFRED NEUMEYER

^Jnsere Verehrung Dürers erhebt sirh auf den Fundamenten
der Romantik. Immer schon liebevoll gehegt in der
Lokalforschung und bei den Sammlern, in einer Schrift
des Ingolstädter Geistlichen, des Bischofs Palaeotus (1594)
unter den „heiligenmäßigen" Männern aufgeführt, wurde
seine „holzgeschnitzteste" Gestalt doch erst zum Symbol deut-
schen Künstlertums durch des jungen Goethe Aufsatz „Von
deutscher Baukunst" (1771), durch Mercks Ehrenrettung im
„teutschen Merkur" und endlich, weithin schallendes Signal
zur Erhebung, durch Wackenroders „Herzensergießungen eines
kunstliebenden Klosterbruders" (1797V Seit diesem Zeitpunkt
ist er gleich der Kunst der Gotik für seine Nation wieder
gewonnen. Es ist bekannt, wie die Jünglinge Cornelius, Pforr
und Führich (um nur ein paar Namen zu nennen) ihn für
sich entdecken und ihn zur Erzielung „charakteristischer"
Köpfe und eines „eckigen Faltenstiles" benutzen. Deutsch-
heit im Herzen, beging man auch in Rom seinen Geburts-
tag und wer wollte, durfte bei Philipp Veit seine Holzschnitte
und Kupferstiche betrachten.

So konnte denn die am 1. März 1828 hinausgegangene
Einladung des Albrecht Dürer-Vereins, zur Feier nach Nürn-
berg zu kommen, auf ein volles Echo hoffen. Freilich, Goethe
sagte in einem höflichen Schreiben ab, und auch etliche
der wichtigsten Träger des neudeutschen Geistes zu Rom,
wie Niebuhr, Thorwaldsen und Overbeck, blieben aus.

Aber das Echo klingt nach bei Cornelius, Sulpiz Boissere
— und auch in diesem Werkelten der graphischen Künste
von Ludwig Emil Grimm, dem jüngsten Bruder der Mär-
chenerzähler. Statt weiterer Kommentare sei aus dessen

Lebenserinnerungen die dargestellte Szene mitgeteilt (Er-
innerungen aus meinem Leben, herausgegeben von Adolph
Stoll, Leipzig 1913, S. 407/408): Um ein halb sechs Uhr
waren wir schon auf dem Weg nach dem St. Johannes-
Gottesacker, es war trüb und kalt und fiel auch etwas
Schnee. Viele Künstler wanderten hinaus, und eine Menge
traten wir schon an. Um sechs Uhr war alles um Dürers
Grab versammelt, und in schönen Gruppen standen die vielen
Künstler aus den verschiedensten Teilen Deutschlands aut
einmal da an diesem Grabe vereint, ein großer Efeu-Kranz
lag auf diesem, und eine feierliche Stille war eingetreten.
Da fingen die mächtigen Töne der Posaunen an, und ihre
erhabenen und ergreifenden Töne hallten ringsum wider
und verkündeten die hohe Feier der Stunde und des Tages!
Der Sturm legte sich, die Wolken teilten sich, und die Sonne
stand in all ihrer Pracht über der Burg, beleuchtete den
schönen Kirchhof und die feierlich große Gruppe."

Wir haben nicht mehr viel hinzuzufügen. Unter den
Versammelten in altdeutscher Tracht vermag man festzu-
stellen: unmittelbar vor dem Kreuze Grimm selber, vor ihm
am Grabe mit hageren Zügen Cornelius, mit vollen Wangen
vor dem äußersten Posaunenbläser rechts wohl Herr v. Rumohr —
im Profil drei Figuren rechts von Rumohr der Bildhauer
Eberhard. Die übrigen zum großen Teil des Cornelius sech-
zehn Schüler, die ein tüchtiger Fußmarsch von München
nach Nürnberg geführt hatte-

Gewiß um sechs Uhr ging die Sonne auf, aber symbo-
lisch meinte der Radierer damit auch die neue romantische
Kunstsonne am Firmament emporgeführt zu sehen.

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