Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0201
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Heft 5
DOI Artikel:Purrmann, Hans: Van Gogh und wir
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VINCENT VAN GOGH, KANAL. ZEICHNUNG
AUSGESTELLT IN DER GALERIE WACKER, BERLIN
VAN GOGH UND WIR
VON
HANS PURRMANN
TT's war in München, daß ich zum erstenmal
-*-J von van Gogh hörte. Eine dunkle Geschichte
kursierte im Cafe Stephanie: ein ungewöhnlich
interessanter moderner Maler, Holländer, habe
sich in Frankreich auf freiem Felde aus Verzweif-
lung vor seiner Staffelei erschossen. So die Legende.
Die Wirklichkeit war ja ganz anders.
Bilder van Goghs wurden uns lange nicht be-
kannt, die Malerei war damals noch keine Ver-
legerangelegenheit; Propaganda — im Gegensatz
zu heute — fehlte dem jungen Kunstschaffen in
Deutschland wie in Frankreich vollkommen. Kunst-
handlungen für moderne Kunst gab es selbst nicht
in München, Bücher und Reproduktionen wurden
kaum herausgegeben, und die ganz wenigen Photos
und Bücher, die im Kunstbuchhandel auftauchten,
ließen wir uns verschämt vorlegen unter dem Vor-
wande, zu kaufen, obwohl wir dazu nur recht
selten Geld hatten.
Aber wie Ideen, die neu sind, die Luft ge-
heimnisvoll durchschwirren und revolutionieren
können, so waren es auch diese Reden über die
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AUSGESTELLT IN DER GALERIE WACKER, BERLIN
VAN GOGH UND WIR
VON
HANS PURRMANN
TT's war in München, daß ich zum erstenmal
-*-J von van Gogh hörte. Eine dunkle Geschichte
kursierte im Cafe Stephanie: ein ungewöhnlich
interessanter moderner Maler, Holländer, habe
sich in Frankreich auf freiem Felde aus Verzweif-
lung vor seiner Staffelei erschossen. So die Legende.
Die Wirklichkeit war ja ganz anders.
Bilder van Goghs wurden uns lange nicht be-
kannt, die Malerei war damals noch keine Ver-
legerangelegenheit; Propaganda — im Gegensatz
zu heute — fehlte dem jungen Kunstschaffen in
Deutschland wie in Frankreich vollkommen. Kunst-
handlungen für moderne Kunst gab es selbst nicht
in München, Bücher und Reproduktionen wurden
kaum herausgegeben, und die ganz wenigen Photos
und Bücher, die im Kunstbuchhandel auftauchten,
ließen wir uns verschämt vorlegen unter dem Vor-
wande, zu kaufen, obwohl wir dazu nur recht
selten Geld hatten.
Aber wie Ideen, die neu sind, die Luft ge-
heimnisvoll durchschwirren und revolutionieren
können, so waren es auch diese Reden über die
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