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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 12
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München
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0510

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Die Neue Sezession wirkt erfreulich lebendig, ohne daß
man von besonderen Leistungen — namentlich der Stamm-
mitglieder — reden könnte, es sei denn, daß man den et-
was bizarren, aber koloristisch immer kräftiger werdenden
Schweizer Lauterburg ausnehme. Freilich, die Leitung dieser

Ausstellung hat sich selbst den Maßstab für die Bewertung
der Arbeiten geschaffen, indem sie eine ausgezeichnete Aus-
wahl aus älteren und neueren Werken Münchs getroffen
hat, und diese Gemälde sind, mit Abstand, das Beste was
man zur Zeit in München an moderner Kunst sehen kann.

A. L. M.

CHRONIK

EIN MENZEL-BRIEF
Dr. Hans Knudsen teilt in einem Privatdruck einen Brief
Menzels mit, den er den Teilnehmern der Hauptversammlung
seiner „Gesellschaft für Theatergeschichte" vorgelegt hat.
Der Brief ist an den Theaterdirektor Sigmund Lautenburg
gerichtet und ist die Antwort auf die Übersendung von Frei-
karten zu Alexander Dumas' „Francillon".

Direktion des „Neuen Theaters"

Sehr geehrter Herr!

Erst ganz kürzlich zurückgekehrt fanden wir Ihre beiden
von Ihrer liebenswürdigen Aufmerksamkeit uns zugedachten
Billets zur Aufführung von „Francillon" vor. Sehr bedauernd
solcherweise um einen zweifelsohne genußreichen Abend
gekommen zu sein, kann ich jedoch nicht umhin, es zu er-
wähnen daß unsere Zeiteintheilung resp. -Verwendung von
Tag zu Tag so mannigfaltig ist daß wir für Theaterbesuch
uns daraufhingewiesen sehen den jeweiligen Entschluß hierzu
frei selbst zu fassen.

Unter Versicherung verbindlichsten Dankes zeichne Hoch-
achtungsvoll

ergebenst

Berlin 7. Oct. A. Menzel

95

*

Der sechzigste Geburtstag des Grafen Keßler lenkte den
Blick auf einen Kunstfreund, dem die deutsche, die euro-
päische Kunstwelt viel verdankt. Er gehörte zum Kreise
des Pan, war Mitbegründer des „Deutschen Künstlerbundes"
und einer der ersten Förderer des neuen Kunstgewerbes,
zog Henry van de Velde nach Deutschland, wurde dann
Direktor des Museums in Weimar und tat als Privatmann
Entscheidendes für einige der besten europäischen Maler und
Bildhauer, als Hofintrigen ihn aus seiner Museumsstellung
vertrieben hatten. Er verkörpert etwas wie einen neuen
Typus des tätigen modernen Kunstfreundes. Ohne laut hervor-
zutreten, wirkte er in der Stille Gutes. Nach der Revolution
hat er sich dann der Politik zugewandt. In den ersten
Heften dieser Zeitschrift finden die Leser auch den Namen
Keßlers als Mitarbeiter.

*

Fritz Wiehert ist am 20. August fünfzig Jahre alt ge-
worden. Nachdem er lange Zeit in Mannheim gewirkt und

dort in musterhafter Weise die Galerie aufgebaut hat, ist
er jetzt in Frankfurt a. M. tätig. Uber seine Arbeit dort ist
noch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen; doch wird man
zweifellos bald etwas hören. Denn Wiehert ist eine so tätige,
energische, lebendige Natur, daß er alle Verhältnisse, mit
denen er in Berührung kommt, irgendwie immer zur Gährung
bringt. Er gehört zu den besten lebenden Museumsleitern.

Die Sammlung H. Kröller im Haag, die vor allem durch
ihren Besitz an Bildern van Goghs bekannt ist, wurde im
ganzen vom holländischen Staat erworben.

In dem Streit um die Sammlung Figdor hat jetzt das
österreichische Verwaltungsgericht das Urteil gesprochen.
Die Sammlung darf weder veräußert noch ausgeführt wer-
den. Die reichsdeutsche Erbin des Sammlers, der übrigens
vor Jahren seine einzigartigen Schätze dem Wiener Museum
als Geschenk angeboten hatte, kann also faktisch nicht in
ihre Rechte eintreten. Die Sammlung, die in den unzu-
reichenden Räumen einer bis in alle Winkel vollgestopften
Privatwohnung der Öffentlichkeit unmöglich zugänglich ge-
macht werden kann, bleibt also unsichtbar und verschlossen.
Die Entscheidung des österreichischen Gerichtes, die sich
auf ein eigens für die Sammlung Figdor erlassenes Gesetz
stützt, bedeutet einen Eingriff in das Privatvermögen, wie
er schlimmer nicht gedacht werden kann, eine Entrechtung
des Sammlertums, die jeden Kunstfreund nur abschrecken
kann, Kunstwerke zu erwerben oder sie gar anderen zu-
gänglich zu machen, wie es Figdor bis ins höchste Alter in
liberalster Weise zu tun gewohnt war.

*

Den besten Witz des Jahres hat der Sportredakteur der
„Vossischen Zeitung" Dr. Willy Meisl (oder der Setzer) ge-
macht. Gelegentlich einer Besprechung der Amsterdamer
Ausstellung „Sport und Kunst" schrieb er folgenden Satz:
„Außer dem sehr zweckmäßig ausgestatteten Gesamtkatalog
hat Deutschland ein nettes Bändchen als Katalog für die
deutsche Sammlung herausgebracht, zu dem der verdiente
und rührige Kreisturnwart Dr. Redslob die Einleitung
schrieb."

„Kreisturnwart" und dazu noch „rührig" — das ist
zu hart!

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