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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 6
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Scheffler, Karl: Österreichische Kunst von 1700 bis 1928: Zeichnungen, Aquarelle, Graphik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0256

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6< APv

RUDOLF v. ALT, HOTEL KÖNIGIN VON ENGLAND IN BUDAPEST. AQUARELLIERTE BLEISTIFTZEICHNUNG

AUSGESTELLT IN DER AKADEMIE DER KÜNSTE, BERLIN

ÖSTERREICHISCHE KUNST VON 1700 BIS 1928
ZEICHNUNGEN, AQUARELLE, GRAPHIK

Der Österreichisch-deutsche Volksbund hat diese Ausstellung
mit Hilfe der Preußischen Akademie der Künste in
deren Ausstellungsräumen am Pariser Platz veranstaltet. Unter
den Organisatoren ist der Direktor der Albertina, Alfred Stix,
an erster Stelle zu nennen. Dieser hat dem Katalog auch
die geschichtlich orientierende Einleitung geschrieben.

Der Wiener Kunstgeist ist in den zwei und ein viertel
Jahrhunderten, die dargestellt sind, sich selber treu geblieben.
In den Zeichnungen des Barock, des Klassizismus, des Na-
zarenertums und des bürgerlichen Naturalismus ist immer
dieselbe singfreudige Beschaulichkeit, dieselbe genügsame
Akkuratesse und Reinlichkeit, dieselbe unproblematische,
etwas leichtlebige Klarheit. Ein bürgerliches Capua. Sogar
die Künstler von Klimt bis Kokoschka, die sich angestrengt
haben, anders zu sein, stehen durchaus unter dem Einfluß
des Wiener Geistes. Das Talent hat sich in Wien von je
angenehm gemacht, es hat nie versucht, harte Bretter zu
bohren. Man überblickt eine ganze deutsche Kunstprovinz,

in sich geschlossen, aber völlig im Zusammenhang mit der
größeren deutschen Kunstentwicklung. Vor zehn Jahren wäre
dieses so anschaulich noch nicht darzustellen gewesen, weil
damals die nach Prag gravitierende tschechische Kunst und
die national gefärbte ungarische Kunst mit berücksichtigt
werden mußte. Heute hat man es nur mit Deutsch-Öster-
reich, eigentlich nur mit Wien zu tun. Das gibt dieser Ver-
anstaltung das Heimatliche. Eine deutschere Ausstellung kann
man sich kaum denken.

Merkwürdig neutral wirken die Barockzeichner, Maul-
pertsch, Martin Johann Schmidt, Daniel Grau, Paul Troger
u. a. Sie haben freilich zumeist Entwürfe für dekorative
Malereien gezeichnet. Der italienische Furor ist bei ihnen
intim aber auch zahm geworden. Um des Zeichners willen
ist fast gar nicht gezeichnet worden. Darum wirken in dieser
Ausstellung weit stärker als die Barockzeichnungen die großen
Radierungen von Maulpertsch. In ihnen ist hier und dort
ein Goyazug.

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