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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 6
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Scheffler, Karl: Österreichische Kunst von 1700 bis 1928: Zeichnungen, Aquarelle, Graphik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0257

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Unter den Blättern Fügers, des Klassi-
zisten, der für das provinziellere Wien
bedeutete, was Reynolds und Gains-
borough in London waren, wirkt am le-
bendigsten die Porträtzeichnung, die wir
abbilden. Wenn er die Natur vor Augen
hatte, gesellte sich der allzuglatten De-
likatesse des Miniaturisten zuweilen eine
Unmittelbarkeit, die heute noch zu zün-
den vermag.

Die Nazarener sind spärlich vertreten.
Zum Teil, weil sie nicht eigentlich Wie-
ner waren, sondern Wien nur als Durch-
gangsstation benutzten; zum Teil, weil
gleichzeitig in Wien eine Ausstellung
von Nazarenerzeichnungen stattfindet.
Hans Tietze berichtet darüber in diesem
Heft, so daß weiter nichts gesagt zu
werden braucht. Nur Schwind erscheint
mit einer Kollektion. Einige seiner Zeich-
nungen — das Selbstbildnis, der Jüng-
ling im Kahn, der „Papa Malß", die Frau
mit dem Leuchter — gehören zu den
schönsten der Ausstellung.

Von Waldmüller, dem Hauptmeister
des bürgerlichen Naturalismus in Wien,
ist nur ein sehr schönes aquarelliertes
Selbstbildnis vorhanden. Daffinger,Fendi,
Karl Schindler, Danhauser, Gauermann
u. a. schließen sich mit reinlichen, ge-
nauen, ein wenig ins kleinbürgerlich
Elegante gehenden Zeichnungen an. Ein
besonderer Raum ist Rudolf v. Alt einge-
räumt. Seine Zeichnungen haben hier und
dort einen Menzelzug; aber auch nur
einen Zug. Man kann sich nichts Fleißi-
geres, Geschickteres und Liebenswürdi-
geres denken. Sie bestehen aus lauter
Pointen, die Wahrheit kokettiert. Mehr
kurios wirken Zeichnungen von Makart,
Canon und Romako. Pettenkofen ver-
liert sich im Professionsmäßigen. Inte-
ressant sind einige Landschaftsstudien des malerisch den-
kenden Karl Schuch, der, wie Schwind, mehr nach Mün-
chen als nach Wien gehört.

Von den lebenden Zeichnern interessieren zumeist die
Arbeiten der vor einiger Zeit in „Kunst und Künstler" aus-
führlich behandelten Maler Faistauer, Wiegele, Böckl und
Frankl. Auch Kolig und Hammer sind begabte Künstler.

Mit Klimt und Schiele wird dann das Gebiet des Kunst-
gewerblichen gestreift. Kokoschka ist mit drei frühen Zeich-
nungen unzureichend vertreten.

FR. HEINR. FÜGER, BILDNIS DER GRAFINNEN FRIES
TUSCHZEICHNUNG

WIEN, ALBERTINA. AUSGESTELLT IN DER AKADEMIE DER KÜNSTE, BERLIN

Die Graphik vervollständigt das Bild, ohne es, von Maul-
pertsch abgesehen, zu erweitern oder grundsätzlich zu verändern.

Vortrefflich ist gruppiert und gehängt worden. Was um
so mehr zu betonen ist, als es nicht eben leicht ist, in den
großen Räumen der Akademie vier und ein halbes Hundert
Zeichnungen so unterzubringen, daß der Betrachter nicht
nur nicht ermüdet, sondern daß er die Jahrhunderte wie
den Epos einer zu allen Zeiten liebenswürdigen Nation
empfindet.

Karl Scheffler.
 
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