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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 7
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NEUE B

Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle
zu Hamburg. Niederländer. Neue Folge, herausgegeben
von Gustav Pauli. Prestel-Verlag, Frankfurt a. M., 1926.

Die Prestel-Gesellschaft hat mit ihrer zwölften Veröffent-
lichung das sich immer noch mehrende Studienmaterial auf
dem Gebiete der Handzeichnungen alter Meister wieder in
erfreulicher Weise bereichert. Mit dieser Zweiten, den Nie-
derländern der Hamburger Kunsthalle gewidmeten Mappe
ist die Auswahl der Meister dieser Schule abgeschlossen.
Viele schöne und kunstgeschichtlich höchst interessante
Blätter sind von ausführlichen Bemerkungen aus der be-
währten Feder von Gustav Pauli begleitet; nur ist es bei
Publikationen so großen Formats immer zu bedauern, daß
die Notizen, ja sogar die Künstlernamen, aus einem beiliegen-
den Heftchen herbeigesucht werden müssen. Die Namen
würden in einer unteren Ecke der Passepartouts nicht scha-
den und die Notizen könnten auf dem Untersatzblatt Platz
finden.

Die Abbildungen sind, wie immer, vorzüglich, ja für
einige der Zeichnungen fast zu kostspielig und vollendet.
Wie willkommen dem Studierenden auch die Abbildungen
weniger kunstvoller, in der Entwicklungsgeschichte wichtiger
Blätter sein mag, er wird sich ebenso gerne mit einfarbigen
und kleineren Abbildungen nach solchen Blättern begnügen.
Dagegen begrüßt er mit Freude die getreue Wiedergabe der
Werke von P. Breugel, Rembrandt, Ruisdael und andern
großen Meistern. Gerade um die Kenner herauszufordern,
sind zwei Blätter mit abgebildet, deren traditionelle Benen-
nung auch dem Herausgeber nicht überzeugend schien, näm-
lich eine weite Flachlandschaft, dem Hercules Seghers, und
eine Baumstudie, dem Hobbema zugeschrieben. Auf dem
Felde der alten Handzeichnungen, wo man immer neues er-
lernt, wird wohl keiner sich selber als Kenner bezeichnen,
aber vielleicht darf man trotzdem eine andere Zuschreibung
zu näherer Prüfung vorschlagen. In dem Falle der Seghers-
Zeichnung möchte ich den Namen Herman Saftleven nennen,
der oft glückliche Momente hatte, in denen er so guter
Leistungen fähig war. Für das Hobbemablatt vermag ich
keinen andern Namen zu nennen und kann nur sagen, daß
ich die Zeichenweise der eines Waterloo oder de Vlieger
keineswegs überlegen finde, was doch bei einem Meister
wie Hobbema, der sich in seiner Technik mehr Ruisdael an-
schließt, verwunderlich wäre.

Man begreift, daß der Direktor der Kunsthalle, bei einer
Auswahl, einige seiner Rembrandtblätter nicht ausscheiden
möchte, weil sie schon im Lippmann erschienen sind. Die
Fortschritte der Technik haben sogar bessere Faksimiles
gezeitigt. Dagegen hat sich die Kritik auch entwickelt und
so mußte bei dem bekannten Blatt, Josef im Gefängnis
beim Schenken und Bäcker, erwähnt werden, daß von vielen
Seiten Rembrandts Autorschaft angezweifelt wird. Die wenig
sichere Strichführung, die nur äußerliche Ähnlichkeit mit
Rembrandts Kraft, deuten meines Erachtens unverkennbar
auf Bol hin. Auch bei dem ersten Blatt, Hieronymus im
Gebet, ist mir die Zuschreibung an Rembrandt unverständ-
lich und ich denke auch hier an Bol. — Sehr erfreulich ist,

ÜCHER

daß der Herausgeber die Zuschreibung einer großen Zeich-
nung, Bauernschenke, an Egbert van Heemskerk aufrecht
hält, gegen die Attribution solcher Blätter an Adriaen Brou-
wer, für den sie doch viel zu oberflächlich und grob sind.

Die Hamburger Zeichnungen waren immer zu wenig be-
kannt und darum verpflichtet es zu großer Dankbarkeit, daß
sich jetzt ein breiteres Publikum vertraut machen kann mit
Blättern wie den zwei Entwürfen von Hochfüllungen eines
Meisters der Zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts
(übrigens war ein Oberteil einer Darstellung derselben Folge
in der Sammlung E. Wauters, abgebildet bei F. Lees, The
Art of the Great Masters, Abb. 75), oder mit einem guten
Blatt von Dirck Vellen, dem schönen Sommer von Pieter
Breugel (dazu noch zu bemerken, daß E. Harzen tatsächlich
das Blatt in der Auktion der berühmten Sammlung Göll
van Franckenstein erwarb und es mit zwei Zeichnungen von
Jan Breugel nur mit 13V2 Gulden bezahlte). Weiter freut man
sich an dem wirkungsvollen Felsen von Roeland Savery,
an einer kleinen Skizze von van Goyen (wohl nicht spät
anzusetzen, sondern eher in der Periode 1630—1640), an
einem lustigen Figurenblatt von Phil. Köninck, an einem
Damenporträt von Com. Visscher (mit der selten vorkommen-
den Beimischung von Rötel), an einem hübschen Ruisdael,
eingestürzte Brücke (in der Umgebung sehe ich eher eine
holländische Gracht als einen Park). Dagegen fürchte ich
sehr, daß der große Ph. Wouwermans und eine kleine ano-
nyme Landschaft (Nr. 26) von der Hand eines Fälschers des
achtzehnten Jahrhunderts herrühren. Von derselben Hand
trifft man in verschiedenen Sammlungen Blätter an; der
Fälscher hat absichtlich die verschiedensten holländischen
Meister imitiert, aber man erkennt doch immer wieder seine
persönliche Technik an der Verwendung fetter schwarzer
Kreide. Frits Lugt.

Realismus und Impressionismus. Ein neues Buch
von Emil Waldmann.

Bei der Aufteilung des Stoffgebietes der weitläufig an-
gelegten Kunstgeschichte des Propyläenverlags ist Emil Wald-
mann die Periode des Realismus und des Impressionismus
zugefallen. Er hatte sich einzurichten zwischen den bereits
erschienenen Bänden, die Gustav Pauli und Carl Einstein
zum Verfasser haben, Gegebenheiten, die naturgemäß ge-
wisse Bedingungen für ihn ergaben. Waldmann beginnt mit
dem „lokalen Frührealismus" in Deutschland, geht von der
englischen Landschaftsmalerei zur Schule von Barbizon,
widmet einerseits Corot, Millet und Daumier, andererseits
Menzel ein Kapitel und tritt dann ein in die Phase des
programmäßigen französischen Realismus und seiner deut-
schen Gegenspieler. Nach zwei Zwischenkapiteln (Böcklin,
Feuerbach und Marees; das Bildnis der Epoche) folgt, um-
rahmt von Manet und Renoir, der französische Impressio-
nismus in seinen Spielarten und Umdeutungen bis Cezanne,
und nach der Behandlung der deutschen Parallelen (Lieber-
mann, Corinth, Slevogt usw.) ein Blick auf die Väter der
jüngsten Entwicklung, besonders van Gogh und Münch.
An der Schwelle des zwanzigsten Jahrhunderts macht der

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