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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 7
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Verfasser Halt und verfolgt dann in zwei Parallelabschnitten
die Entwicklung der Graphik und der Plastik. Das Stoff-
gebiet, um das es geht, ist, wie man sieht, ungeheuer groß
und kompliziert. Es galt Ordnung zu bringen in die oft
chaotisch wirkende Fülle der Erscheinungen und in das
Durcheinander der künstlerischen Bestrebungen, welche den
Zeitraum von 1800—1900 zu einer der schwierigsten Auf-
gaben der Kunstschriftstellerei machen, und wenn irgendwo,
so gilt hier der Satz, daß viele Wege nach Rom führen.
Emil Waldmann ist seinen eigenen gegangen. Es ist ihm
nicht darum zu tun gewesen, ein lehrhaftes Kompendium
zu geben, er verzichtet von vornherein auf den Ballast der
vielen Zahlen und Namen und konzentriert sich im Inter-
esse der Übersichtlichkeit und Einprägsamkeit auf die großen
Linien der Entwicklung, wie er sie sieht. Kaum jemals
läßt er sich zur Überfrachtung seines Schiffes verführen und
stets ist er sorglich bemüht, gegenüber dem uns zeitlich
noch nahen Stoff die Distanz des Historikers zu wahren.
Daß er sich nicht auf ein wenn auch noch so glänzendes Re-
sume beschränkt, daß er in sehr unbefangener Betrachtung
eines sehr bekannten Materials manchmal zu neuen, min-
destens anregenden Akzentsetzungen gelangt, wird dem auf-
merksamen Leser nicht verborgen bleiben. Nicht zu reden
von dem wunderbar geschmeidigen, jedem Wink der Ima-
gination gehorsamen Stil, in dem das Buch geschrieben ist,
ein Stil, bei dem die Grazien Pate gestanden haben und der
in dieser Prägung von scheinbar müheloser Fülle das unver-
wechselbare Eigentum Emil Waldmanns ist. In dem Ge-
nuß dieses schönen Buches wollen wir uns nicht stören
lassen durch den Umstand, daß die Auswahl des sehr reich-
lichen Bildermaterials nicht in jedem Fall völlig einleuchtet,
daß besonders ■— der Wahrheit die Ehre! — die den Buch-
körper stark durchsetzenden Farbendrucke für ein gebildetes
Auge wenig erfreulich sind. Abgesehen von diesen Farben-
tafeln, die sich ja auch in den übrigen Bänden der Serie
bemerklich machen, ist die Ausstattung wie immer würdig,
ja opulent. Hans Börger.

Hermann Uhde-Bernays: Die Münchener Malerei
im 1 9. Jahrhundert. München, F. Bruckmann.

Den zweiten Band dieser Geschichte der Malerei hat
Uhde-Bernays, nach dem Tode seines Mitarbeiters Rudolf
Oldenbourg allein verfaßt, sollte ihn auch nach dem ur-
sprünglichen Plane allein bearbeiten. Das Thema ist die
zweite Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, also bis zum
Tode Wilhelm Leibis.

Uhde-Bernays ist unbestritten einer der gründlichsten
Kenner seines Stoffes und er beherrscht Dinge, die anderen
fremd sind, kennt Künstler zweiten und dritten Ranges, die,
trotzdem die Kunstgeschichte im allgemeinen an ihnen
vorübergeht, nicht nur kunsthistorische, sondern auch künst-
lerisch lebendige Bedeutung haben. Aber das Schöne an
diesem im übrigen hervorragend gut gearbeiteten Buche ist,
daß der Verfasser über der hier so berechtigten lokal-
patriotischen Liebe das Augenmaß an keiner Stelle verliert,
daß er, beseelt von dem Pflichtgefühl für historisches Distanz-
halten auch der kleinen Figur ihren richtigen Platz im Ge-
samtgemälde anweist und immer den angemessenen Ton
findet, ob es sich um Hans Thoma oder Wilhelm Leibi, um

Piglheim oder Lindenschmit handelt. Der Horizont ist weit
genug gespannt, so daß auch die mehr kunstpolitischen
Fragen, die Aufeinanderfolge und das Nebeneinanderhergehen
der verschiedenen Richtungen, die Kunstkämpfe und das
Leben der Kunstparteien ihr volles Licht bekommen. Und
gerade für die Geschichte der Malerei in München, das
jahrzehntelang der Mittelpunkt deutschen Kunstschaffens doch
war, ist auch diese Seite historischer Betrachtung von größter
Wichtigkeit und lebendigstem Interesse. Denn der Historiker
soll uns doch sagen, „wie es wirklich gewesen ist". Um so
dankenswerter, daß das Buch keine trockene Aneinander-
reihung von Daten und Fakten wurde, sondern eine künst-
lerische Darstellung von hohem Niveau, in klarem schönen
Stil vorgetragen, und, gegenüber großen Dingen und großen
Gestalten, getragen von feiner, warmer Empfindung und von
gepflegter Empfindung für das Echte und Besondere. Die
Akzente sitzen richtig und überzeugend.

Die vielen Abbildungen des gut gedruckten und gut aus-
gestatteten Bandes führen ein reiches Anschauungsmaterial
in schöner und gerechter Auswahl vor. Viele Bilder sind
dabei, die man nicht kennt, oder zum ersten Male zu sehen
glaubt. So wird schon im Bildteil die übliche Vorstellung
von Münchener Malerei nach allen Seiten hin abgerundet
wie erweitert, korrigiert wie bereichert. E. Waldmann.

Künstlerbriefe über Kunst. Bekenntnisse von Ma-
lern, Architekten und Bildhauern aus fünf Jahrhunderten,
herausgegeben von Hermann Uhde-Bernays. Mit 60 Selbst-
bildnissen und den Künstlerunterschriften. Verlag von
Wolfgang Jeß, Dresden.

Aus einer beabsichtigten Neuausgabe der alten Guhlschen
Künstlerbriefe ist ein völlig neues Werk geworden. Es hat
von den alten Beständen des Guhlschen Werkes nur etwa
ein Sechstel bewahrt, außerdem aber bei einem vollkommen
veränderten Auswahlprinzip ein völlig anderes Gesicht be-
kommen. Guhl begnügte sich, rein biographisch interessiert,
überhaupt schriftliche Äußerungen bildender Künstler bei-
zubringen. Uhde-Bernays will „hinüberdeutend auf das All-
gemeine, Ewige, die inneren Vorzüge der künstlerischen In-
dividualitäten in der speziellen literarischen Form klar und
rein zum Lichte emporheben".

Diese vollkommene Neugestaltung wurde zunächst da-
durch erleichtert, daß der Kreis der Künstler, der bei Guhl
nur bis zur zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts
reichte, bis zur Gegenwart erweitert wurde und daß das aus-
gedehnte neue Briefmaterial herangezogen wurde, das seit
Guhl (und namentlich für das achtzehnte und neunzehnte
Jahrhundert) zutage gekommen ist. Aber sie wäre auch so
nicht möglich gewesen ohne die gründliche Durchforschung
des ungedruckten Materials in Autographen-Sammlungen und
Katalogen und in den Archiven, und der gesamten periodi-
schen Literatur. Gerade unter diesen neugefundenen Stük-
ken hat uns das Buch überaus wertvolle geschenkt, so von
dem Dresdner Bähr, von Füßli, von Caspar David Friedrich,
Adolf Hildebrand, von F. v. Uhde, von Israels; und sogar
von Leuten wie Böcklin, über deren Kunst und Kunst-
anschauungen an Eigenem und Fremdem genug gedruckt ist,
läßt sich noch so etwas Bedeutendes aus dem Dunkel heben
wie die Briefe an die Leitung der Berliner Nationalgalerie

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