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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 8
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Cohn, William: Neuerwerbungen chinesischer Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0323

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NEUERWERBUNGEN C H I N E S I S C H E R K U N S T

VON

WILLIAM COHN

Tn der Ostasiatischen Kunstabteilung des Berliner
Völkerkunde-Museums ist jetzt in den beiden
ersten Sälen eine Ausstellung der Neuerwerbungen
zu sehen, die in ihrer überwiegenden Mehrzahl
der Leiter der Abteilung, Otto Kümmel, von sei-
ner letzten ostasiatischen Reise heimbrachte. Natur-
gemäß standen ihm nicht die Mittel zur Verfügung,
die amerikanische Institute aufzubringen vermögen.
Um so größer das Verdienst, für Berlin so Bedeu-
tendes erreicht zu haben. Die Gemälde ziehen zu-
erst die Augen auf sich. Malerei machte immer
die Stärke der Berliner Sammlung aus. So war es
klug hier kräftig weiter zu bauen. Die Auswahl
wird für viele eine Überraschung sein; denn die
Bilder gehören sämtlich der neueren Zeit an. Das
bedeutet für die Kunst Chinas, deren ununter-
brochene Entwicklung weiter zurückgeht als die
irgendeines europäischen Volkes, die Zeit etwa seit
dem Ende des vierzehnten Jahrhunderts, seit Be-
ginn der Regierung der Herrscher aus der Ming-

Dynastie. Bis vor kurzem galt es, ungeachtet der
immer anerkannten Bedeutung der späteren Archi-
tektur und Keramik, als Dogma, daß die Blüte der
chinesischen Malerei im vierzehnten Jahrhundert
zu Ende ging. Da Originale aus der Blüteperiode
der Malerei in China selbst kaum auftauchten und
wenn es geschah, von den Japanern mit Gold auf-
gewogen wurden, so hatte man allmählich fast
aufgehört Bilder zu sammeln. Nun scheint sich ein
Wandel vorzubereiten. Man beginnt zu erkennen,
daß das neuere China nicht weniger reich an schöp-
ferischer Kraft war, wie das Europa des Barock und
des Rokoko, dessen Kunst auch noch nicht lange
Gnade vor den Augen der Kenner gefunden hat. Die-
ser Parallelismus dürfte kein bloßer Zufall sein. Die
Spätperioden hüben und drüben haben mehr als
einen gemeinsamen Zug, wie ja der Wuchs jeg-
licher Kunst in ähnlicher Richtung verläuft, so
verschieden auch die psychologischen Vorbedin-
gungen sein mögen. In beiden Fällen ist die Kom-

ZWEI AUSSCHNITTE EINER MEHR ALS 10 METER LANGEN BILDROLLE VON SHEN CHOU (1427-1509)

TUSCHE UND SCHWACHE FARBEN

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