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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 8
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Pariser Ausstellungen
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0347

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„Habt stets die Perser, die Cambodgia-Künstler und auch ein
wenig das Ägyptische vor Augen", heißt es einmal in seinen
Briefen, „der große Irrtum liegt im Griechischen, so schön
es übrigens sein mag." Wirklich? Kann man das Primitive
und Exotische vorziehen, wenn man gleichzeitig die Technik
des modernen Individuums in ihren raffiniertesten Sensationen
pflegt? Eine merkwürdige Mischung heterogenster Elemente
lebt in diesen Blättern und Skulpturen. Gemeinsam ist ihnen
nur die Leidenschaft, die jede Fläche, jeden Körper — bis
zum alltäglichen Gebrauchsgegenstand wie Spazierstock und
den Holzschuhen — spielerisch beleben und jeden Einfall
ornamental verwerten will. Das Material spielt dabei keine
Rolle, so materialgerecht alles behandelt wird, das parabo-
lische Bedürfnis erfindet tausend Andeutungen, die Phanta-
sie tobt sich bis zum Banalen und Grotesken aus. So war
wohl die Geburtsstunde des modernen Kunstgewerbes be-
Charakter von einer ziemlich neuen Seite zeigt. Das ergreifende Buch
hat viel von einer „Rettung , und zwar stellt es eine gelungene
Rettung dar, da es ausgezeichnet geschrieben ist und auch die nötigen
Dokumente enthält.

schaffen. Die Rollen scheinen andauernd vertauscht: Zweck-
haftes gleitet ins Symbolische hinüber, und Kunst ist nur
insofern künstlerisch, als sie ornamentalen Zielen dient.

Wie groß der Einfluß Gauguins in Frankreich gegen 1900
war, liest man am besten in den „Theories" von Maurice
Denis nach — der längst vergriffene Essayband sei ja nicht
mit den chauvinistisch infizierten „Nouvelles Theories" ver-
wechselt —; daß er auch manche Neigungen deutscher Ex-
pressionisten vorweggenommen hat, erkannte man in dieser
Ausstellung. Auch sonst war sie höchst instruktiv, führte sie
doch gewisse Dinge überhaupt zum erstenmal in aller Öffent-
lichkeit vor. So eine zweite Holzschnittserie von Tahiti, die
einst — bei Vollard deponiert — nicht einen einzigen Käufer
fand, obwohl der Preis mehr als bescheiden war (acht Francs
pro Blatt). Daneben waren mit verschiedenen Holzstöcken
auch die besonders dank den farbigen Abzügen von Louis
Roy bekannten „Erinnerungen" an den ersten tahitanischen
Aufenthalt (1891/93) und in verschiedenen Zuständen die ein-
zige Radierung ausgestellt: das Porträt Stephane Mallarme.

Hermann Ganz.

KUNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN

n der Lesser Ury-Ausstellung der „Kunstkammer" spürte
man etwas wie den Abglanz großer Zeit. Ury hat einst
dazugehört, wenn auch nur etwa so, wie Guillaumin zu den
Impressionisten. Er gehört noch jetzt dazu. Von der ins
Bengalische getriebenen Corot-Manier ist er abgekommen;
er hat in Berlin und Paris wieder nach der Natur gemalt,
oder doch nach dem Natureindruck. Sein Paris ist ja nicht
sehr pariserisch, man erkennt die Stadtlandschaft in seinen
Bildern nicht mit einem Blick wie bei Pissarro oder Monet.
Und sein Berlin ist nicht entfernt so berlinisch,
wie wir es auf dem kleinsten Blatt von Menzel
erblicken. Die Auffassung ist aber hier und
dort auch nicht so, daß das Besondere der
Stadtindividualitäten in einem höheren All-
gemeinen aufgeht. Ury bewegt sich als Ver-
herrlicher der Großstadt etwa in der Mitte
zwischen Pissarro und Skarbina. Trotz ihrer
Palettenhaftigkeit hat Urys Malerei aber et-
was, das sie über die zufällige Umgebung
fast immer erhebt. Es ist darin etwas beinah
Meisterliches, etwas beinah sinnlich Fortrei-
ßendes, etwas beinah Überzeugendes. Das
letzte fehlt; doch lebt sich ein echterMalinstinkt
aus. Dieser freudig schauend durch die Groß-
städte Wandernde ist irgendwie sympathisch.
Trotz vieler Vorbehalte wandert man gern mit
ihm. Denn was Ury gestaltet (zwischen Ein-
fachheit und Forciertheit unruhig schwankend),
das kann jedermann erleben, wenn er sonst
seine Augen zu brauchen weiß.

*

seinen Freunden festlich in den April geschickt worden ist,
stellte neue Arbeiten von Paul Klee aus.

Die Ausstellung ist vollständiger und aufklärender als
irgendeine frühere. Sie zeigt, daß Klee sich nicht richtig
einschätzt, wenn er schreibt, er „wohne gerade so gut bei
den Toten wie bei den Ungeborenen". Er wohnt im Atelier
und spekuliert dort sehr zeitgemäß. Mit feinem Geschmack
für die abstrakte Raumarabeske. Er spielt mit Ideen und
Klängen und vertauscht beides. Leider ist es kein kindliches
Spiel, sondern ein ehrgeiziges. Wäre er naiv, so hätte er

Alfred Flechtheim, der am 31. März, ge-
legentlich seines fünfzigsten Geburtstags, von

ANSELM FEUERBACH, ORLANDO UND ANGELIKA

AUSGESTELLT IN DER GALERIE ZICKEL (TH. STOPERAN * CO.), BERLIN

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