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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 4
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0193

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m UKTIONSNACHRICHTEN

VOM KUNSTMARKT
Die Berliner Auktionshäuser
brachten in den Wochen vor Weih-
nachten eine Reihe von Anti-
quitätensammlungen auf den Markt,
die kaum weiterreichendes Interesse beanspruchten. Por-
zellanliebhaber fanden gute Stücke in der Sammlung Kirch-
berger, die bei Cassirer mit gutem Erfolg versteigert wurde.
Dagegen waren die Gemäldesammlungen, die gleichzeitig
zum Ausgebot gelangten, bis auf einige Primitive aus dem
Besitz von Professor Georg Voss, ziemlich unbedeutend.

Mehr Interesse beanspruchten die Gemälde deutscher
Meister des 19. und 20. Jahrhunderts aus verschiedenem Besitz,
die am 13. Dezember bei Cassirer versteigert wurden. Die
Preise waren im allgemeinen nicht hoch. Ein sehr schönes
Frauenporträt von Rayski war für 3800 Mark zu haben. Von
Liebermann kostete eine Straße in Wannsee 7100, ein Wann-
seegarten 6600, der Schulweg in Edam aus dem Jahre 1904
7000 Mark. Von Trübner wurde der Junge mit Halskragen
von 1871 für 6000 Mark verkauft. Die „Naturskizze zu
Orpheus" von Corinth erwarb die Dresdner Galerie für
3000 Mark. Das schöne Porträt der alten Frau Scholderer
von Thoma wurde mit 12000 Mark zurückgezogen, verkauft
wurde von ihm nur die Heuernte von 1878 für 10500 Mark.
Eine große italienische Landschaft von Blechen brachte
10000 Mark.

Am gleichen Tage wurde bei Cassirer die Sammlung
persischer Keramik aus dem Besitz des Herrn Oskar Skaller
zum Ausgebot gebracht. Es handelte sich im wesentlichen
um die Bestände der ehemaligen Sammlung Draeger, die
von einer Ausstellung im Kaiser-Friedrich-Museum in bester
Erinnerung steht. Es war in Berlin bisher noch kaum eine
Spezialsammlung von ähnlicher Bedeutung zum Verkauf ge-
langt, und man durfte daher auf den Erfolg einigermaßen
gespannt sein. Entsprach er nicht in allem den zu hohen
Erwartungen, die in den Schätzungspreisen zum Ausdruck
kamen, so kann man die Auktion, die unter lebhafter Be-
teiligung von Museen und Sammlern vonstatten ging, doch
als einen vollen Erfolg bezeichnen. Ein Hauptstück, wie
das Gießgefäß aus Raghes in Form eines Löwen, wurde mit
3450 Mark bezahlt. Das Berliner Museum erwarb eine Schüssel
aus Suitanabad mit figürlichem Dekor für 1500, die Münchener
Sammlung eine persische Flasche des 13. Jahrhunderts für
2150 Mark. Abgesehen von solcher Preisbildung im einzelnen
war aber vor allem die Tatsache bemerkenswert, daß fast alle
Stücke der Sammlung Liebhaber fanden. Das Sammeln per-
sischer Keramik hat durch diese Versteigerung allem Anschein
nach einen erfreulichen Antrieb erfahren.

Ein ebenfalls ungewöhnliches Ereignis auf dem Kunst-
markt war die Versteigerung kostbarer Buchminiaturen, die
Paul Graupe am 12. Dezember veranstaltete. Die Seite eines
Missales mit einer schönen Initiale aus der Nachfolge des
Fra Angelico erzielte mit 10000 Mark den höchsten Preis
des Tages. Eine Florentiner Initiale des späten 14. Jahr-
hunderts mit zwei Halbfiguren kostete 3100, eine Anbetung

der Hirten aus der Nachfolge Giottos 3050, ein sehr schönes
Blatt des 15. Jahrhunderts mit der Darstellung eines Narren
in dem Buchstaben D 3950 Mark.

*

Der November war vor allem der Monat der Graphik-
auktionen. Boerner versammelte die internationale Händler-
weit bei der Versteigerung der Kupferstichsammlung Wenzel
von Nostiz-Rieneck, deren imposanter Katalog nicht so viele
Kostbarkeiren verzeichnete, wie man sie in den letzten Auk-
tionen des Leipziger Hauses vereinigt fand, aber noch ge-
nügend Material, um den Markt der alten Graphik für die
nächste Zeit mit hochwertigem Marerial zu versorgen. Kauf-
lustig zeigten sich vor allem die Holländer, die aus dem
reichen Bestände an Werken der alten Meister ihres Landes
manche Kostbarkeiten heimtragen konnten. Unter den Radie-
rungen Rembrandts erzielte ein sehr schöner Abdruck der
Landschaft mit den drei Bäumen 17000, die künstlerisch
hervorragendste seiner Landschaften, das Landgut des Gold-
wägers, 10000 Mark. Die sogenannte Frau mit dem Pfeil
brachte 8000, der Fausr 5100, das Bildnis des alten Haring
14000 Mark. Außerordentlich begehrt waren die Probedrucke
zu den Bildnissen aus van Dycks Ikonographie. Es wurden
hier gelegentlich Preise von über 4- und 5000 Mark angelegt.
Unter den Drucken von Dürer stand weitaus an erster Stelle
ein hervorragend schönes Exemplar des Adam und Eva-Stiches,
das mit 23 500 Mark bewertet wurde. Von ähnlicher Qualität
waren nur noch das Wappen mit dem Totenkopf, das 7600 Mark
erzielte, und der Erasmus, der bis 5 100 Mark stieg. Schongauers
heiliger Sebastian, eines der köstlichsten graphischen Werke
der deutschen Spätgotik, brachte in einem besonders schönen
Druck 11 000 Mark. Lukas van Leydens Porträt des Kaisers
Maximilian wurde um 7800 Mark nach Holland verkauft. Ein
Hauptinteresse konzentrierte sich auf die sehr seltenen Schab-
kunstblätter des Ludwig von Siegen, des Erfinders derTechnik.
Sein Porträr der Eleonora Gonzaga erzielte 10000, die Bild-
nisse Wilhelms II. von Oranien und seiner Gattin zusammen
8500 Mark.

Im Abstand weniger Tage folgte in Luzern eine andere
Kupferstichauktion, die von der Wiener Firma Gilhofer und
Ranschburg veranstaltet wurde. Hier trat vor allem der eng-
lische Handel als starker Käufer hervor. Die Preise ent-
sprachen nicht immer den etwas hoch gespannten Erwartungen.
Trotzdem bewährte sich auch hier die oft gemachte Erfahrung
von der Solidität des Marktes alter Graphik, der international
so stark gesichert ist, daß ihn auch die Schwankungen des
Geldmarktes kaum zu beeinflussen vermögen. Eine besondere
Rarität der Luzerner Auktion war die Reihe der merkwürdigen
Stiche des Jean Duvet, die mit etwa 1700 bis 2800 Mark
ihre Käufer fanden. Die erste lateinische Ausgabe von
Dürers Apokalypse blieb mit etwa 4600 Mark ziemlich billig.
Ein Exemplar der zweiten lateinischen Ausgabe hatte in
Leipzig die Hälfte dieses Preises gebrachr. Schongauers große
Kreuztragung erzielte mit 8000 Schweizer Franken genau den
Schätzungspreis EinBlatt aus derFolge der frühen italienischen
Tarockkarten wurde mit etwa 1800 Mark bezahlt. Im An-
schluß wurde eine Sammlung von Ornamentstichen versteigert,

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