Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0327
DOI Heft:
Heft 8
DOI Artikel:Cohn, William: Neuerwerbungen chinesischer Kunst
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BUDDHA. LACK AUF LEINWAND (KANSHITSU)
9.—10. JAHRHUNDERT
durch die energische rhythmische Bewegung der
Bestien und durch die Geschlossenheit der Anord-
nung, klingt an die heute so begehrten Werke der
Nomadenkunst an, die die Kunst der Han-Zeit
mannigfach beeinflußt hat, dieses entzückt durch
die Feinheit der Proportionen und des Dekors. Daß es
unten und innen bemalt ist, erscheint uns allerdings
ungewöhnlich. Doch die angeblichen Gesetze der
Werkkunst haben für China niemals Geltung gehabt.
In die buddhistische Zeit Chinas führen dann
einige Skulpturen. Den Torso eines Bodhisattva
aus leuchtend weißem Marmor kann man sich
nach Analogie einer ganzen Reihe ähnlicher Fi-
guren mühelos ergänzen. Das linke Bein hing
herunter, der rechte Arm, der auf dem überge-
schlagenen linken Bein aufgelegt ist, stützte das
leicht geneigte Haupt, die linke Hand lag auf dem
rechten Unterschenkel. Dem Material und Stile
nach paßt das Stück in die Gruppe der Arbeiten
aus Chihli, doch es geht nicht gänzlich in ihnen
auf. So ist auch die Datierung in das sechste Jahr-
hundert nicht völlig sicher. In jedem Falle gehört
der Torso zu den edelsten Steinskulpturen, die bis-
her aus China bekannt geworden sind. Bei aller
Strenge der Formen zeigt er eine unendliche Fein-
heit der Modellierung und Führung der Kontu-
ren. Der sitzende Buddha stammt aus einer Zeit,
wo die buddhistische Kunst bereits ihre innere
Kraft zu verlieren beginnt; seine Bedeutung liegt
mehr darin, daß frühe Figuren in Lack über Lein-
wand modelliert (Chia-chu, Kanshitsu) überhaupt,
und insbesondere aus China von größter Selten-
heit sind. Zum Schluß sei noch auf die so meister-
lich gearbeiteten Silbergeräte aus der T'ang-Zeit
hingewiesen, auf die schöne Kollektion von Bronze-
spiegeln, die die ganze Entwicklung dieses reiz-
vollen Zweiges der chinesischen Gerätekunst um-
faßt, und auf die Grabbeigaben, unter denen der
Büffel als eine der wuchtigsten, plastisch vollendet-
sten Tierdarstellungen innerhalb dieses tierfreudigen
Kunstgebietes hervorragt.
GERÄT AUS GOLDPLATTIERTER BRONZE
UM CHRISTI GEBURT
30I
9.—10. JAHRHUNDERT
durch die energische rhythmische Bewegung der
Bestien und durch die Geschlossenheit der Anord-
nung, klingt an die heute so begehrten Werke der
Nomadenkunst an, die die Kunst der Han-Zeit
mannigfach beeinflußt hat, dieses entzückt durch
die Feinheit der Proportionen und des Dekors. Daß es
unten und innen bemalt ist, erscheint uns allerdings
ungewöhnlich. Doch die angeblichen Gesetze der
Werkkunst haben für China niemals Geltung gehabt.
In die buddhistische Zeit Chinas führen dann
einige Skulpturen. Den Torso eines Bodhisattva
aus leuchtend weißem Marmor kann man sich
nach Analogie einer ganzen Reihe ähnlicher Fi-
guren mühelos ergänzen. Das linke Bein hing
herunter, der rechte Arm, der auf dem überge-
schlagenen linken Bein aufgelegt ist, stützte das
leicht geneigte Haupt, die linke Hand lag auf dem
rechten Unterschenkel. Dem Material und Stile
nach paßt das Stück in die Gruppe der Arbeiten
aus Chihli, doch es geht nicht gänzlich in ihnen
auf. So ist auch die Datierung in das sechste Jahr-
hundert nicht völlig sicher. In jedem Falle gehört
der Torso zu den edelsten Steinskulpturen, die bis-
her aus China bekannt geworden sind. Bei aller
Strenge der Formen zeigt er eine unendliche Fein-
heit der Modellierung und Führung der Kontu-
ren. Der sitzende Buddha stammt aus einer Zeit,
wo die buddhistische Kunst bereits ihre innere
Kraft zu verlieren beginnt; seine Bedeutung liegt
mehr darin, daß frühe Figuren in Lack über Lein-
wand modelliert (Chia-chu, Kanshitsu) überhaupt,
und insbesondere aus China von größter Selten-
heit sind. Zum Schluß sei noch auf die so meister-
lich gearbeiteten Silbergeräte aus der T'ang-Zeit
hingewiesen, auf die schöne Kollektion von Bronze-
spiegeln, die die ganze Entwicklung dieses reiz-
vollen Zweiges der chinesischen Gerätekunst um-
faßt, und auf die Grabbeigaben, unter denen der
Büffel als eine der wuchtigsten, plastisch vollendet-
sten Tierdarstellungen innerhalb dieses tierfreudigen
Kunstgebietes hervorragt.
GERÄT AUS GOLDPLATTIERTER BRONZE
UM CHRISTI GEBURT
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