Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0408
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Heft 10
DOI Artikel:Tietze, Hans: Die Frage der Expertisen
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liehen Methode ein solches Übergewicht gewinnen
können, wenn nicht das blühende Expertierwesen
diesen Hang zum Materialismus verhängnisvoll be-
günstigte. Bisweilen hat man den Eindruck, daß
die Kunstgeschichte zum bloßen Anhängsel des
Kunsthandels geworden ist.
Die Bekämpfung dieses Übels besteht nicht in
der Aufklärung der Sammler, sondern in der
Disziplinierung der Kunsthistoriker. Jenes Vor-
urteil früherer Generationen gegen jede Art von
Expertisen — ob entgeltlich oder unentgeltlich —
durch wissenschaftliche Fachmänner hat instinktiv
ganz das Richtige getroffen und vielleicht ist der
französische Gebrauch, der diese Art von Tätig-
keit einem eigenen Stand überläßt, die radikalste
Lösung; dann geschehen die Schweinereien doch
wenigstens außerhalb der Wissenschaft, dann läuft
diese nicht immer Gefahr, mit den Augen des
Kunstmarktes zu sehen und mit seiner Mentalität
zu denken. Daß der Wissenschaft — und insbe-
sondere dem Museum —■ dadurch manche wertvolle
Anregung verloren ginge, ist unleugbar; aber sie
könnte sich in dieser stilleren Zeit wieder darauf
besinnen, was sie eigentlich zu leisten berufen ist.
r
AUGUST KRAUS, HEINRICH ZILLE. BRONZE
AUSGESTKLLT IN DER AKADEMIE DER KÜNSTE
382
können, wenn nicht das blühende Expertierwesen
diesen Hang zum Materialismus verhängnisvoll be-
günstigte. Bisweilen hat man den Eindruck, daß
die Kunstgeschichte zum bloßen Anhängsel des
Kunsthandels geworden ist.
Die Bekämpfung dieses Übels besteht nicht in
der Aufklärung der Sammler, sondern in der
Disziplinierung der Kunsthistoriker. Jenes Vor-
urteil früherer Generationen gegen jede Art von
Expertisen — ob entgeltlich oder unentgeltlich —
durch wissenschaftliche Fachmänner hat instinktiv
ganz das Richtige getroffen und vielleicht ist der
französische Gebrauch, der diese Art von Tätig-
keit einem eigenen Stand überläßt, die radikalste
Lösung; dann geschehen die Schweinereien doch
wenigstens außerhalb der Wissenschaft, dann läuft
diese nicht immer Gefahr, mit den Augen des
Kunstmarktes zu sehen und mit seiner Mentalität
zu denken. Daß der Wissenschaft — und insbe-
sondere dem Museum —■ dadurch manche wertvolle
Anregung verloren ginge, ist unleugbar; aber sie
könnte sich in dieser stilleren Zeit wieder darauf
besinnen, was sie eigentlich zu leisten berufen ist.
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AUGUST KRAUS, HEINRICH ZILLE. BRONZE
AUSGESTKLLT IN DER AKADEMIE DER KÜNSTE
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