gewisse künstlerische Haltung. Im Rahmen des Möglichen
ist gut gewählt worden, und die Arbeit des Hängens verrät
Geschmack und Takt. Der Mangel an Augenmaß wird dann
im deutschen Katalog peinlich wieder sichtbar. Redslob,
der Verantwortliche, versteigt sich darin zu dem lapidaren
Satz: „Kunst und Sport gehören zusammen, und nur wer
diesen Zusammenhang als selbstverständlich versteht, hat
den Sinn unserer Zeit erfaßt." Das sagt der Reichskunst-
wart! Wir möchten es anders formulieren: Wer den Zu-
sammenhang von Kunst und Sport für selbstverständlich
hält, hat den Sinn der Kunst nicht erfaßt. K. Sch.
FRANKFURT a. M.
Im Frankfurter Museumswesen stehen nach der Ernen-
nung Swarzenskis zum Generaldirektor der städtischen
Kunstsammlungen bedeutende Umgruppierungen bevor. Die
Zusammenfassung des gesamten Kunstbesitzes in einer Hand
wird eine sinngemäße Aufteilung ermöglichen, die schon
vor einigen Jahren mit der leihweisen Überlassung der alt-
deutschen Gemälde des historischen Museums an den Städel
begonnen wurde. Zurzeit werden die mittelalterlichen Glas-
gemälde, die der Freiherr von Stein für sein Schloß Kappen-
berg erworben hatte, in einer Sonderausstellung gezeigt.
Namentlich die Scheiben des zwölften Jahrhunderts, die
von dem Meister Gerlachus stammen, finden in ihrer edlen
Zeichnung nur wenige ihresgleichen im gesamten Umkreise
romanischer Glasmalerei.
Durch die Presse ging die Nachricht, daß es Swarzenski
gelungen sei, die Sigmaringer Sammlung, von deren bevor-
stehendem Verkauf in das Ausland wiederholt die Rede ge-
wesen ist, für Frankfurt zu erwerben. Wie es heißt, sollen
einzelne Stücke wieder veräußert werden, die wichtigsten
altdeutschen Gemälde werden aber dem Städelschen Institut
zufallen, das damit einen außerordentlichen Zuwachs erfährt.
Swarzenski hat in der gedankenreichen Rede, die er bei
Gelegenheit der Übernahme seines neuen Amtes hielt, da-
von gesprochen, daß die Zeit nicht mehr fern sein kann,
in der wirklich große alte Kunstwerke überhaupt nicht mehr
vorkommen werden. In dieser Erkenntnis hat er jetzt eine
der bedeutenden Gelegenheiten genutzt, die sich noch boten,
Werke deutscher Kunst von höchstem Range der Frankfurter
Sammlung zuzuführen. Daß einer Stadt dieser Ankauf ge-
lang, den der preußische Staat nicht zu ermöglichen ver-
mochte, ist ein Zeichen der Zeit. In ganz Deutschland über-
nehmen die Städte entscheidende kulturelle Aufgaben. Allein
die Reichshauptstadt steht zurück. Berlins Kunstpflege ist
nach wie vor ein dunkles Kapitel. G.
MARBURG a. L.
Religiöse Kunst aus Hessen-Nassau wird in dem Jubi-
läums-Kunstinstitut der Universität gezeigt. Die Ausstel-
lung schließt sich der großen Darmstädter Schau mittel-
rheinischer Kunst des vergangenen Jahres an, die sie nach
einigen Richtungen nicht unwesentlich ergänzt. Als bedeu-
tendstes Stück verzeichnen wir eine vierteilige Altartafel
aus der Altstädter Kirche in Hofgeismar bei Kassel, einen
der edelsten Überreste gotischer Malerei der ersten Hälfte
des vierzehnten Jahrhunderts. Das seltene Werk, das bisher
vollkommen unbeachtet in einer Dorfkirche hing, verdiente
wohl einen Platz in einem der großen Museen deutscher
Kunst. Die Zwei prachtvollen Tragaltäre aus Paderborn, die
Roger von Helmershausen um 1100 gearbeitet hat, konnte
man noch niemals so eingehend betrachten wie in dieser
Ausstellung. Die schöne Pietä aus Fritzlar ist hier mit einer
Reihe verwandter Stücke zum Vergleich gestellt. Bisher
kaum beachtet war eine sehr edle Kalkstein-Madonna des
fünfzehnten Jahrhunderts aus dem ehemaligen Augustiner-
kloster in Hirzenhain. Der Neubau des Kunstinstitutes ent-
spricht leider nicht den berechtigten Anforderungen, die man
an einen Museumsbau stellen muß. Der Grundriß ist un-
übersichtlich, die Beleuchtung der Räume ist ungünstig,
und der Architekt gefiel sich in der Anbringung modischer
Ornamentmotive, die das Auge beunruhigen. Das Muster
eines Kunstausstellungshauses, wie es nicht sein soll. G.
SUSANNA IM BADE
Deutschland ist von der Ausstellungskrankheit befallen.
Es gibt nichts, was nicht irgendwo und irgendwann aus-
gestellt und feierlich eröffnet würde. Dabei gehört es zum
guten Ton jeder Fachausstellung, neben den nie fehlenden
Kartoffelschälmessern in irgendeiner Ecke eine Abteilung:
„Die... in der Kunst" zu organisieren. Die unglücklichen Opfer
dieser Ausstellungswut pflegen die Museen zu sein. Sie sollen
das „kunstgeschichtliche Material" beschaffen und möglichst
Originale herleihen zur lllustrierung des jeweiligen Aus-
stellungsthemas. Daß Menzels „Eisenwalzwerk" für eine
Ausstellung der Stahlindustrie, daß Liebermanns „Polospieler"
für die Sportleute „unentbehrlich" sind, obwohl jede gute
Reproduktion denselben Zweck erfüllt, gilt schon als selbst-
verständlich. Ob es sich um Friseure oder um Hebammen,
um Konditoren oder Luftschiffer handelt, immer wieder wird
an die Museen das Ansinnen gestellt, mit Meisterwerken
der Kunst die Geschichte und Eigenart eines sicher höchst
nützlichen Erwerbszweiges zu belegen. Es handelt sich hier
um den gleichen barbarischen Mißbrauch der Kunst, wie bei
der Verwendung der Venus von Milo oder des Apoll von
Belvedere zur Demonstration richtigen Brillensitzes in den
Schaufenstern der Optiker. Im nächsten Jahre wird in Berlin
eine Ausstellung „Gas und Wasser" stattfinden, der wir den
besten Erfolg wünschen — pünktlich erscheint wiederum
der Antrag, „eineNachweisung der wichtigsten künstlerischen
Darstellungen des Badewesen" zur Verfügung zu stellen
und „besonders charakteristische und künstlerische Dar-
stellungen des Badelebens und von Badegelegenheiten für
den gedachten Zweck leihweise zu überlassen. Was geschieht
nun, wenn die Museen Rembrandts „Susanna im Bade" und
Corregios „Badende Leda" nicht zwischen Gasbadöfen und
Wasserklosetts ausstellen lassen? Dann haben sich die Mu-
seen wieder einmal unbeliebt gemacht. Man hat es nicht
leicht ... W. Waetzoldt.
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ist gut gewählt worden, und die Arbeit des Hängens verrät
Geschmack und Takt. Der Mangel an Augenmaß wird dann
im deutschen Katalog peinlich wieder sichtbar. Redslob,
der Verantwortliche, versteigt sich darin zu dem lapidaren
Satz: „Kunst und Sport gehören zusammen, und nur wer
diesen Zusammenhang als selbstverständlich versteht, hat
den Sinn unserer Zeit erfaßt." Das sagt der Reichskunst-
wart! Wir möchten es anders formulieren: Wer den Zu-
sammenhang von Kunst und Sport für selbstverständlich
hält, hat den Sinn der Kunst nicht erfaßt. K. Sch.
FRANKFURT a. M.
Im Frankfurter Museumswesen stehen nach der Ernen-
nung Swarzenskis zum Generaldirektor der städtischen
Kunstsammlungen bedeutende Umgruppierungen bevor. Die
Zusammenfassung des gesamten Kunstbesitzes in einer Hand
wird eine sinngemäße Aufteilung ermöglichen, die schon
vor einigen Jahren mit der leihweisen Überlassung der alt-
deutschen Gemälde des historischen Museums an den Städel
begonnen wurde. Zurzeit werden die mittelalterlichen Glas-
gemälde, die der Freiherr von Stein für sein Schloß Kappen-
berg erworben hatte, in einer Sonderausstellung gezeigt.
Namentlich die Scheiben des zwölften Jahrhunderts, die
von dem Meister Gerlachus stammen, finden in ihrer edlen
Zeichnung nur wenige ihresgleichen im gesamten Umkreise
romanischer Glasmalerei.
Durch die Presse ging die Nachricht, daß es Swarzenski
gelungen sei, die Sigmaringer Sammlung, von deren bevor-
stehendem Verkauf in das Ausland wiederholt die Rede ge-
wesen ist, für Frankfurt zu erwerben. Wie es heißt, sollen
einzelne Stücke wieder veräußert werden, die wichtigsten
altdeutschen Gemälde werden aber dem Städelschen Institut
zufallen, das damit einen außerordentlichen Zuwachs erfährt.
Swarzenski hat in der gedankenreichen Rede, die er bei
Gelegenheit der Übernahme seines neuen Amtes hielt, da-
von gesprochen, daß die Zeit nicht mehr fern sein kann,
in der wirklich große alte Kunstwerke überhaupt nicht mehr
vorkommen werden. In dieser Erkenntnis hat er jetzt eine
der bedeutenden Gelegenheiten genutzt, die sich noch boten,
Werke deutscher Kunst von höchstem Range der Frankfurter
Sammlung zuzuführen. Daß einer Stadt dieser Ankauf ge-
lang, den der preußische Staat nicht zu ermöglichen ver-
mochte, ist ein Zeichen der Zeit. In ganz Deutschland über-
nehmen die Städte entscheidende kulturelle Aufgaben. Allein
die Reichshauptstadt steht zurück. Berlins Kunstpflege ist
nach wie vor ein dunkles Kapitel. G.
MARBURG a. L.
Religiöse Kunst aus Hessen-Nassau wird in dem Jubi-
läums-Kunstinstitut der Universität gezeigt. Die Ausstel-
lung schließt sich der großen Darmstädter Schau mittel-
rheinischer Kunst des vergangenen Jahres an, die sie nach
einigen Richtungen nicht unwesentlich ergänzt. Als bedeu-
tendstes Stück verzeichnen wir eine vierteilige Altartafel
aus der Altstädter Kirche in Hofgeismar bei Kassel, einen
der edelsten Überreste gotischer Malerei der ersten Hälfte
des vierzehnten Jahrhunderts. Das seltene Werk, das bisher
vollkommen unbeachtet in einer Dorfkirche hing, verdiente
wohl einen Platz in einem der großen Museen deutscher
Kunst. Die Zwei prachtvollen Tragaltäre aus Paderborn, die
Roger von Helmershausen um 1100 gearbeitet hat, konnte
man noch niemals so eingehend betrachten wie in dieser
Ausstellung. Die schöne Pietä aus Fritzlar ist hier mit einer
Reihe verwandter Stücke zum Vergleich gestellt. Bisher
kaum beachtet war eine sehr edle Kalkstein-Madonna des
fünfzehnten Jahrhunderts aus dem ehemaligen Augustiner-
kloster in Hirzenhain. Der Neubau des Kunstinstitutes ent-
spricht leider nicht den berechtigten Anforderungen, die man
an einen Museumsbau stellen muß. Der Grundriß ist un-
übersichtlich, die Beleuchtung der Räume ist ungünstig,
und der Architekt gefiel sich in der Anbringung modischer
Ornamentmotive, die das Auge beunruhigen. Das Muster
eines Kunstausstellungshauses, wie es nicht sein soll. G.
SUSANNA IM BADE
Deutschland ist von der Ausstellungskrankheit befallen.
Es gibt nichts, was nicht irgendwo und irgendwann aus-
gestellt und feierlich eröffnet würde. Dabei gehört es zum
guten Ton jeder Fachausstellung, neben den nie fehlenden
Kartoffelschälmessern in irgendeiner Ecke eine Abteilung:
„Die... in der Kunst" zu organisieren. Die unglücklichen Opfer
dieser Ausstellungswut pflegen die Museen zu sein. Sie sollen
das „kunstgeschichtliche Material" beschaffen und möglichst
Originale herleihen zur lllustrierung des jeweiligen Aus-
stellungsthemas. Daß Menzels „Eisenwalzwerk" für eine
Ausstellung der Stahlindustrie, daß Liebermanns „Polospieler"
für die Sportleute „unentbehrlich" sind, obwohl jede gute
Reproduktion denselben Zweck erfüllt, gilt schon als selbst-
verständlich. Ob es sich um Friseure oder um Hebammen,
um Konditoren oder Luftschiffer handelt, immer wieder wird
an die Museen das Ansinnen gestellt, mit Meisterwerken
der Kunst die Geschichte und Eigenart eines sicher höchst
nützlichen Erwerbszweiges zu belegen. Es handelt sich hier
um den gleichen barbarischen Mißbrauch der Kunst, wie bei
der Verwendung der Venus von Milo oder des Apoll von
Belvedere zur Demonstration richtigen Brillensitzes in den
Schaufenstern der Optiker. Im nächsten Jahre wird in Berlin
eine Ausstellung „Gas und Wasser" stattfinden, der wir den
besten Erfolg wünschen — pünktlich erscheint wiederum
der Antrag, „eineNachweisung der wichtigsten künstlerischen
Darstellungen des Badewesen" zur Verfügung zu stellen
und „besonders charakteristische und künstlerische Dar-
stellungen des Badelebens und von Badegelegenheiten für
den gedachten Zweck leihweise zu überlassen. Was geschieht
nun, wenn die Museen Rembrandts „Susanna im Bade" und
Corregios „Badende Leda" nicht zwischen Gasbadöfen und
Wasserklosetts ausstellen lassen? Dann haben sich die Mu-
seen wieder einmal unbeliebt gemacht. Man hat es nicht
leicht ... W. Waetzoldt.
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