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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 6 (Juni 1928)
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Siebert, L.: Mit Schülern auf der Fahrt durch Schwabens und Frankens altertümliche Städte
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0189

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Liiwlschnitt Obcrrcalschnle Eblinqcin 11. S. tStndienrat Kaiser

delitsche Tieue ist i» lilni zu Hause, auch echker
deulscher Ersindergeisk. Mii einer gewissen Wehmuk
und Ehrfurchk standen meine Schüier, nlle im 2ahr-
hundert deS Fiugverliehcs geboren, vor dem Berb-
lingerhaus und gedachken deS Schneiders vo» Alm,
den auch seine Zeit nur deshalb verlacht, weil sie
ihn nichk verskanüen hat. Dasz das Münster einer
gründlichen Besichkigung unkerzogen wurde, verskeht
sich von selbst, auch auf den Turm sind wir hinauf-
gestiegen, soweit das möglich ist, und haben uns ge-
srcnt, dasz er mik seinen 161 Meker Höhe immer
noch der höchste Kirchtum der Welt ist, und zwar
einschlieszlich der Vereinigten Skaaten!

Nun ging unsere Ncise nordwärks auf der be-
rühmken Nouke Nördlingen, Dinlrelsbllhl, Rothen^
burg. Man hakle mir gesagt, diese Aeihenfolge
inüsse ich einhalten, da sie eine Stelgerung bedeuke.
Das mag im groszen und ganzen richtig sein, obwohl
ich persönlich, und ich skehe da mit meiner Ansichk
nichk allein, in mancher Hinsicht in Dinlrelsbühl eine
Art Höhepunlrt sehe. Gewitz, Aokhenburg ist groß-
artiger und hat landschaftlich eine äuszersk günstige
Lage, aber Dinlrelsbühl ist in sich geschlossener, was
äuszerlich auch schon dndurch ziim Ausdruck lrommk,
dasz es, rings von der auch mit zahlreichen Türmen
bewehrken Mauec umgeben, ohne Vorskädte unmlktel-
bar vor dem Beschauer aufkauchk. Eine vollständig
erhalkene Mauer hat auch Nördlingen, sie umziehk
clwa lrreisförmlg, also ohne Minlrel und Baskionen

die ganze Skadt. Die Mauer mit ihrem tadellos
erhaltenen hölzernen Wehrgang ist sür Nördllngen
geradezu chacalrkeristisch. An den Skadttpren haben
die Nördlinger wie die Dinkelsbühler Tafeln an-
gebrachk, die uns, die wir im Nuhrgebiet. die fran-
zösische Herrschaft geniigend lrennen gelernt hatken,
sympathisch berührten. Sie enkhalten bemerhens-
werte Hmweise auf die Leiden der besehten Gehiete,
auf Leo Schlageters Heldentod und auf die daraus
zu ziehenden Lehren. Von den Wehrbauten .abge-
sehen gefielen uns in Nördlingen am besten die
gokische Halle der Georgskirche, üas Nathaus und
die Kprnschranne. Die Nördlin'ger Stadtverwalkung
gibk sich übrigens neuerdings viel Mtihe, durch ge-
schickte Propaganda, zu der auch wie in. Nothen-
burg und Dinkelsbühl ein historisches Festspiel ge-
hört, diesen beiden Städten Konkurrenz zu machen
und den Fremdenstrom stärker als bisher in ihre
Sladk zu leiten. Das ist gerade das Schöne an
Dinkelsbühl, dasz es nichk oder noch nicht in Gefahr
ist, daß dieser „Skrom" seine unberührte Schönheit
crtränkk. Die Summe der einzelnen Häuser ist in
Dinkelsbühl ohne Zweifel schöner als in Nokhen-
burg, fast jedeä HauS isk ein inkeressanter Fachwerk-
bau. Datz auch Dinkelsbtihl, so abgeschieden es heute
liegt, einmal Teil hatke am groszen Verkehr, zeigen
üie im Vergleich zu anderen Skädken sehr breiten
Straszen, die das Äokhenburger Tor im Norden mit
dem Äördlinger Tor im Süden verbinden und den
innerhalb der Skadl liegenden Teil der alten, über-
aus viel benuhken Skrahe Würzburg—Donauwörth—
Augsburg bilden. Das Wahrzeichen Dinkelsbühls
ist seine späkgotische Georgskirche, die als üie schönste
Hallenkirche Süddeutschlands gilt. Sie liegt ziem-
lich im Miktelpunkt der Stabt, die durch das die
vier Skadtkore verbindende Straszenkreuz ihre Glie-
üerung erhalken hak. Es ist schwer zu sagen, welche
von den zahlreichen romantischen Skraszen die schönske
sei, vielleichk die Segringer und die untere der vier
Schmiedgassen mit dem von Künstlern so ofk fest-
gehaltenen Blick auf den „grünen Turm". 6n der
Segringer Strasze liegt das alte Gnsthaus „Zur
Nose", daS vor allem durch seinen alkertllmlichen
Hof berühmt gewordene Hezelsche Zaus und auf
üer anderen Seite nach dem Markkplah zu das statt-
liche Waggebäude, die frühere Nakskrinkstube, in
der ofk Fürsklichkeiken, darunker Karl V. und Gu-
stav Ädolf ihr Quarkier aufgeschlagen haben. 6n
der Nokhenburger Strasze hak die deuksche Aenais-
jance eines ihrer schönsten Denkmäler in ganz Süd-
deukschland, das „deuksche Haus" mik seiner herr-
lichen Fachrverkfassade. Ein umfangreiches Gebäude
ist die daneben liegende Kornschranne, in dem der
Kornhandel statkfand. Heuke spielk sie eine grohe
Rolle als Festspielhaus für das historische Heimat-
spiel von der „Kinderzeche", daä aufgebauk ist auf
die Errekkung der Stadt aus der Gefahr der Zer-
störung durch die Schweden im 6ahre 1632. Es ist
nakürlich nicht möglich, im Rahmen dieser Skizze
alles üas auch nur zu streifen, was wir hier in
Dinkelsbühl und dann nachher auch in Rothenburg
nn architekkonisch oder auch nur nn kulkurhiskorisch
wichtigen Bauwerken zu sehen bekamen, es kann
sich gewissermaszen nur um Slreiflichker handeln.

Die Fahrk von der Wörnihskadt Dinkelsbühl nach
Rokhenburg ob der Tauber bietek landschaftlich nichk
 
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