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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 8.1928

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Heft 8 (August 1928)
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Boger, Emma: Wie dient der Zeichenlehrer der Mädchenbildung?
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Müller, Richard: Das Problem der künstlerischen Erziehung: Bericht über einen Erfurter Vortrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.27998#0259

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312!

fühlsincWg oft lwinen Zngang flnden. Der leichleske
unö sicherske Weg znm Verslcindnis der Form führt
liber die eigene Arbeit. Diese Arbeik wird, wenn
nnch im nllerbcscheidenslen Mcch, im bildhnften Ge-
stniten gekan, ivenn der Lehrer den Unkerricht rechk
ielkek. Deshaib isk eS natiirlich, dntz man beim Be-
trnchten von Kunstwerlcen von dem ausgeht, was die
Schliler bei der eigenen Arbeit erfahren haben, so
wird ihnen am ehesten die ganze Geskalt eines Bil-
des Mgcinglich.

Aäher lcann hier nicht auf dieses Gebiet einge-
gangen werden, ich möchte nur noch zeigen, wie der
Lehrec auch hier sein Teil dazu beikragen könnke,
dasz wir einmal bessere Wohnungen bekommen. Er
könnke ekwa im Lichibild Näume mikeinander ver-
gleichen lassen. Da kann man z. B. einmal nur auf
die Beleuchtung sehen und sich den Ankerschied im
Eindruck klar machen zwischen einem Aaum mik

Oberlicht, einem mit einseiliger und einem mik zwei-
seitiger Beleuchkungi oder man vergleicht einen Ae-
naissance- und einen Rokokoraum und suchk sich klar
zu werden, auf was der verschiedene Eindruck be-
ruht. So läjzt sich gewih auch manches erreiche».

Wenn die Mädchen einmal Frauen werden, die
in Kleidung und Wohnung der Schönheit Ausdruck
geben auf ihre eigene Weise, dann kann der Zei-
chenlehrer mit dem Erfolg seiner Arbeit zufrieden
sein. Ein anderes Ziel braucht er in seinem Fach
nichk zu verfolgen.

Ueber seinem besonderen Arbeilsgebiet darf er
aber nicht vergessen, dasz er mit seinem ganzen
Wesen unmittelbar auf die Mädchen einwirkt und
sie beeinflußt in ihren rein menschlichen Eigenschaf-
ken; und das; sein Einflusz recht stark und gut isk,
musz ihm noch wichkiger sein als das Ziel selnes
Fachs, wie jedem anderen rechken Lehrer auch.

^ Das Problem der künstlerischen Erziehung

Berichk über einen Erfurker Borkrag von Or. Richard M ü l l e r - Freienfels, Dozent an der
Staaklichen Kunslhochschule und der StaaklichenHcademie für Kirchen- und Schulmusik in Berlin.

(chihalksangabe vom Borkragenden selber.)

Mik ihren skark besuchten Märzveranstalkungen
hat die Erfurker Akademie der Missenschafken von
ihrer neuen Pädagogischen Abteilung aus fllr die
lculturelle Gelkung der Erziehungssragen nachdrück-
lich und mik schönem äuszeren Gelingen geworben.
Die allgemein grundlcgenden Borlräge, in denen
Professor Aloys Fischec-München das Wesen des
„pädagogischen Genius" und Professor Theodor Litt-
Leipzig „die psychologischen Grundlagen der Arbeiks-
schule" erörtert hatten, wurden glücklich ergänzk
durch dle Versolgung der Vildungsfragen in ein
Sondergebiet der Kultur, das der Kunsk, hinein.
Am 30. März sprach Dr. Richard Müller-Freienfels
über das Thema „Das Problem der künstlerischen
Erziehung". 3n dieser Vorkragssihung krak — durch
einflihrende Worke des Aruseumsdirekkors Dr. Her-
berl Kunze geleikel — zum ersken Male die Erfurter
kulkurpädagogische Arbeiksgemeinschaft „Museum
und Schule" vor die breitere Oeffentlichkeik. Von
dieser Gruppe aus ist in prakkischen Versuchen und
mit lheorekischen Erwägungen die Ausgahe in An-
grlsf genommen worden, zwischen dcm AildungSinsli-
luk der Kunstsammlung und der Erziehungsarbeit der
Schule lebendige Mechselbeziehungen anzubahnen.

Dr. Müller-Freienfels bok für die folgenden
Grundgedanken psychologisch und philosophisch wirk-
sam vertiefke Ausfassungen sowie eine ungemein
klare sprachliche Fvrmgcbung und slcherte damik zu-
gleich einen reichen Erlrag seines Themas lllr die
praktische Bildungsarbeit. Er führte ekwa folgendcä
aus:

Aus vielen, kief in der gesamlen neueren Kultur-
entwickluiig liegenden Gründen isl heute die Erzie-
hung zur Kunst ein wichkiges Problem geworden.
Zwar läszt sich zeigen, dah das keine moderne Ma-
rokke isk, sondern dah die Erziehung zur Kunst kaum
eine geringere Tradikion hak als etwa der wissen-
schafkliche Ilnkerrichk, immerhin jedoch isl das Pro-
blem gerade In unserer Zeik brennend geworden,

weii die älkeren Formen der künstlerlschen Erzie-
hung versagen und ganz neue Forderungen und Nol-
wendigkeiken aufgekauchk sind.

3n vier Sonderaufgaben spallek sich daS Problem,
die zunächst aufgezählt seien:

1. Das Problem des künsllerischen SchassenS.

2. DaS Problem des künsllerischen Nachschassens.

3. Das Problem des künstlerischen GenieszenS.

4. Das Problem des künstlerischen Urkeils.

3ede diesec Svnderaufgaben hat ein eigenes Ge-

sicht, wenn sie auch alle aufs Engske zusnmmen-
hängen.

Mit Rechk stellt die moderne Zeik das klinslleriiche
Schaffen in den Vordergrund. Nichk ekwa, dah
jeder Mensch lernen sollte, Symphonien und Dra-
men zu schreiben oder Oelgemälde zu produzieren!
Dle Aufgnbe liegt ganz wo anders! Es gilk zu zei-
gen, datz ein künsklerisches Schaffen in weit ein-
facheren Formen möglich ist, datz schon im sprach-
lichen Ausdruäi, in Fnrben- und Formenslnn, die
sich im Allkag bekätigen, schöpferlsche Momenle zu
wecken sind, die jedeS Menschenlebe» zu berelchern
vermögen. Hier gilt es nnzukiiüpfen und auszu-
bauen, die in jeder Kindesseele wirksamen Aus-
drucks- und Gestalkungsfähigkeiken zu steigern und
zu enkwickeln. Eine Fülle werkvoller Äusgnben isl
hier zu lösen, denen gegenüber die frühere Erzie-
hung vielfnch rechk gleichgttlkig und hilflos war.

Vom Schnssen aus musz auch das ^kachschassen
erzogen werden. Es gilk im Sprechen eines Ge-
dichks, im Vortrag eines Musikstücks und >» ver-
wandken Anfgaben das schöpferische Mvmenk zu be-
konen und dadurch auch dns Nachschnssen über me-
chanisches Reproduziecen zu wsirklicher Kunsk zu
skeigern.

Vor allem das künstlerische Genieszen aber, die
Empfänglichkeik für hohe Kunst, mutz als Erziehungs-
ziel erkannk werden. Das kann nur auf Grund
einer Einsicht in die Psychologie des kiinsllerischen
 
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