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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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139

Vereine — Krieg und Kunst — Vermischtes

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hier um das Selbstbildnis eines Malers, der sich bei der
Porträtierung eines Oeometers (oder Architekten) porträ-
tierte und so ein sehr interessantes Doppelbild schuf.
Frimmel vermutet dem Stile nach darin ein Werk des
Sienesers Domenico Beccafumi aus der Zeit um 1510. Auch
den porträtierten Baumeister hat Frimmel in Giovanni Batt.
Peloro erkannt oder zumindest durch das beigebrachte
stichhaltige Material diese Deutung mehr als wahrschein-
lich gemacht. Von besonderem Werte sind in den Ge-
mäldestudien auch die vielen Nachrichten über verstorbene
und lebende Künstler. Vielfach zieht Frimmel auch die
ausländischen Blätter heran, wofür ihm gerade jetzt be-
sonderer Dank gebührt. Auf Seite 43 des Heftes findet
sich ein interessanter Nekrolog für Alfred von Wurzbach,
der durch persönliche Erinnerungen ebenso farbig wirkt
wie Frimmels kürzlich in der »Neuen Freien Presse« ver-
öffentlichter Nachruf auf Gabriel Max.

VEREINE

Der Vorstand der Berliner Freien Sezession hat

durch Einberufung einiger Mitglieder und die dadurch be-
dingte Wahl von Ersatzmännern in seiner Zusammensetzung
Veränderungen erfahren. Er besteht nunmehr aus: Prot.
August Gaul, Kurt Herrmann, Otto Hettner, Käte Kollwitz,
August Kraus, Wilhelm Lehmbruck, Oskar Moll, Emil Orlik,
E. R.Weiß. Ausgeschieden sind demnach: Hans Baluschek,
Rudolf Großmann, Erich Heckel, Max Oppenheimer und
Heinrich Zille. Der neue Vorstand bildet zugleich die Jury
für die im Januar stattfindende zweite Ausstellung dieser
Künstlergruppe, die um den Ehrenpräsidenten Max Lieber-
mann die alte Sezession vereinigt.

KRIEG UND KUNST
Die Berliner Akademie der Künste wendet sich in
einem Schreiben gegen die Aufstellung minderwertiger
Gedenktafeln für Gefallene: Der Luftfahrerdank in Berlin
versendet einen Prospekt über ein von dem Maler und
Bildhauer Marschall modelliertes Relief »Helm ab zum
Gebet«, das in Zusammenstellung mit Namentafeln aus
Marmor zur Errichtung von Kriegerdenkmälern Verwendung
finden soll. Da das Relief künstlerisch minderwertig und
die Vorbereitung solcher, jedem künstlerischen Empfinden
widersprechenden Dutzenddenkmäler durchaus verwerflich
ist, sieht sich die Königliche Akademie der Künste zu
Berlin im Interesse des Ansehens unserer deutschen Kunst
veranlaßt, alle Städte und Gemeinden vor dem Ankauf und
der Aufstellung dieses Reliefs eindringlichst zu warnen.

Die Deutsche Freie Architektenschaft, Zweigverein Ost-
preußen, hatte unter ihren Mitgliedern einen Wettbewerb
zur Erlangung von Entwürfen zu Denkmälern auf
Einzelgräbern, Massengräbern und Kampfstätten erlassen.
87 Entwürfe sind eingegangen, neun Preise wurden ver-
teilt. In der Gruppe »Einzelgräber« erhielt den zweiten
Preis Max Schönwald, Mitarbeiter Otto Hutzmann in Königs-
berg, den zweiten und dritten Preis Jos. Wentzler in Köln.
In der Gruppe »Massengräber« fiel der erste Preis an Max
Schönwald, mit seinem Mitarbeiter Otto Hutzmann, der
zweite Preis wieder an Max Schönwald, der dritte Preis
an Jos. Wentzler in Köln. Dieser erhielt auch sämtliche
drei Preise der Gruppe »Kampfstätten«.

Rettung der bedrohten KunstdenkmälerGaliziens.

Das Armeeoberkommando hat in Anerkennung der wichtigen
Kulturaufgaben der Denkmalpflege sämtliche Militär-Lokal-
behörden angewiesen, etwa an sie gestellten Ansuchen um
Stellung von Arbeitsmannschaft zur Mitwirkung bei Konser-

vierungsarbeiten an Kirchen und anderen historischen Bau-
werken nach Möglichkeit zu willfahren, um sie vordem Verfalle
zu retten. Mit der Leitung derartiger Arbeiten in Galizien ist
der Landeskonservator Dr. Thaddaeus Szydlowski betraut.

Die von den Russen zerstörte, noch aus der Zeit des
deutschen Ordens stammende alte Kirche in Alienburg
ist jetzt gesprengt worden, um neu aufgebaut zu werden.

VERMISCHTES
Eine ehemals berühmte Porzellanfabrik ist, wie die
Voss. Ztg. berichtet, in Fulda mit ihren letzten Resten vom
Erdboden verschwunden, um einer Oberrealschule Platz zu
machen. Die ehemalige fürstbischöfliche Porzellanfabrik
wurde vor 150Jahren (1765) vom Fürstbischof Heinrich VIII.
von Bibra gegründet und erlangte bald einen bedeutenden
Ruf. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts war es bei vielen
Fürsten geradezu Modesache geworden, eine solche Fabrik
ins Leben zu rufen und echtes Porzellan in möglichster
Vollendung herzustellen. Fürstbischof Heinrich berief als
Leiter der neu errichteten Fabrik einen durch seine tech-
nischen und künstlerischen Fertigkeiten in anderen be-
deutenden gleichen Unternehmen bewährten Fachmann
namens Nicolaus Paul, der jedoch, trotzdem der Fürst-
bischof ihm für seine Tätigkeit eine für die damalige Zeit
außerordentlich hohe Vergütung zahlte — er erhielt 600
Gulden, 8 Klaftern Holz, 50 Pfund Lichte und freie Woh-
nung —, bereits im Jahre 1766 in die Dienste des Land-
grafen von Hessen-Kassel trat und in der Porzellanfabrik
zu Kassel Anstellung fand. Aber der Fürstbischof sorgte
für Ersatz, und so entwickelte sich die Fabrik in verhältnis-
mäßig kurzer Zeit zu einem angesehenen und in Kunst-
kreisen bald außerordentlich geschätzten Unternehmen.
Auch finanziell kam der unternehmende Kirchenfürst auf
seine Rechnung insofern wenigstens, als er nicht allzu
große Zuschüsse zu machen brauchte. Daß solche über-
haupt nötig wurden, lag in der Hauptsache daran, daß
nach dem Willen des Gründers das Hauptgewicht auf
Kunstporzellane und weniger auf Gebrauchsgegenstände
gelegt wurde. Die Leistungen waren denn auch auf dem
gepflegten Gebiete ganz hervorragend, und zwar wurden
in der Hauptsache Service und Zierfiguren, vielfach mit
glanzvoller, geschmackvoller Verzierung, schön bemalt und
reich vergoldet, hergestellt. Das Fuldaer Porzellan war an
sich ein ganz hervorragendes Erzeugnis und hat später
Weltruf erlangt, wurde von Sammlern sehr gesucht und in
die fernsten Erdteile versandt. Fürstbischof Adalbert III.
ließ die Fabrik als solche zwar noch bestehen, aber den
Betrieb einstellen, eine Tatsache, die viel und außerordent-
lich bedauert worden ist, da die Kunstporzellanmanufaktur
dadurch einen ebenso schweren Schaden erlitten hat wie
die Einwohnerschaft der alten Bischofstadt, die niemals
Überfluß an industriellen Unternehmungen zu verzeichnen
gehabt hat. Gleich den Erzeugnissen der ebenfalls nur
kurze Zeit bestandenen Porzellanfabrik zu Halle a. S., die
von 1735—1755 betrieben wurde, werden Gegenstände der
alten eingegangenen Fuldaer Porzellanfabrik heute, wie
bekannt, von Sammlern mit hohen Summen bezahlt.

Handschriften-Inventare der italienischen Biblio-
theken. Die soeben erschienenen Bände 22 und 23 der von
dem verstorbenen Giuseppe Mazzatinti begründeten, und
von Albano Sorbelli in Bologna fortgesetzten »Inventari
dei manoscritti delle biblioteche d'Italia«, deren Fertig-
stellung durch die Unruhen des Krieges nur unwesentlich
verzögert wurde, liefern einen neuen Beweis für die Sorg-
falt, mit der dieses Riesenwerk bearbeitet wird, das eine
Katalogisierung sämtlicher in italienischen Bibliotheken be-
 
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