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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Maas, Max: Die Ausgrabungen der Amerikaner in Ägypten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0111

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXVII. Jahrgang 1915/1916 Nr. 22. 25. Februar 1916

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11 a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

DIE AUSGRABUNGEN DER AMERIKANER
IN ÄGYPTEN

Das Metropolitanmuseum in New York hat
im Beginn des Krieges die Ausgrabungen bei der Pyra-
mide von Lisht aufgegeben und mit den Mitteln des
Robb de Peyster Tytus Memorial-Fonds an verschie-
denen Stätten des alten Theben erfolgreiche Aus-
grabungen unternommen. Ausführliche, mit Abbil-
dungen und Plänen geschmückte Berichte bringen
die Museumsbulletins vom Oktober, November, De-
zember 1915.

Zunächst wurden die Gräber einiger Großwürden-
träger zu Schech Abd el-Kurnah in Angriff ge-
nommen — zuerst das Grab des Surer (Nr. 48 nach
Gardiner und Weigalls topographischem Katalog der
Privatgräber Thebens). Dieses Grab eines Schreibers*
Kammerherrn und Fächerträgers des Königs Arne-
nophis' III. war schon vor einigen Jahren auf Kosten
des Königs von Sachsen, der damals Theben be-
suchte, durch den Service des Antiquites auszugraben
begonnen worden. Damals wurden zwei wunder-
volle Reliefs, Amenophis auf dem Throne darstellend,
gefunden, von denen das eine fast vollständig er-
halten, das andere, farbenreiche, aber sehr stark frag-
mentiert war. Die noch unausgegrabenen Teile des
Surergrabes umfaßten einen Hof, der nicht allein unter
der natürlichen Aufhäufung des Schuttes von Jahr-
tausenden, sondern auch durch die von den Aus-
grabungen auf Kosten des Königs von Sachsen her-
rührenden Massen zugedeckt war; ferner die inneren
Hallen, von denen die erste, 24 Meter lange und bis
zu der Hälfte der Höhe im Schutt verborgene Halle
am Ende drei Tore von einzigartiger architektonischer
Gestalt aufwies. Am 29. Dezember 1914 begannen
die Ausgrabungen des Metropolitan-Museums, und
schon am 15. Januar war die zweite, die Langhalle,
ausgeräumt, welche aber durch ein früher geschehenes
Einfallen des ursprünglichen Daches, wodurch ihre
Höhe sich verdoppelte, ganz falsche Proportionen
zeigte. Ursprünglich hatte sie e^i Mittelschiff mit
zwei Seitenschiffen gebildet, deren leichtgewölbte Decke
von 20 Papyrusbündelsäulen getragen wurde. Bei
dieser Halle wurde ein gewaltiges Papyrusmanuskript
von prozessualer Wichtigkeit, das auch interessante
Preisangaben zeigte, gefunden. Hinter der zweiten
Halle lag eine dritte, ebenfalls aus drei Flügeln be-
stehende und von vier Reihen Papyrusbündelsäulen
getragene Halle. Die Kapitelle bestehen aus solchen
umgekehrten Papyrusbündeln, wie man sie in Karnak
gefunden hat. — In dem Hofe wurden eine Anzahl
Gräber, die hier eingegraben waren, aufgedeckt. Die
Sarkophage waren ausgeräumt, bis auf ein Grab aus

der 19. Dynastie, das einen Goldschmied namens
Nebi und einen unbekannten Mann barg, in dessen
Sarg noch die Mumie einer Frau und eines Kindes
hineingequetscht waren. In einer Grube fand sich dort
auch ein schöner königlicher Kopf in schwarzem Granit,
der wohl Tutmosis IV. darstellt, dessen Tempel nicht
weit entfernt von der Stätte liegt. Tausende von In-
schriftfragmenten wurden außerdem gefunden, von
denen viele zu dem fragmentierten farbenprächtigen
Amenophis-Relief gehören, das, wie vorher bemerkt,
bei den auf Kosten des Königs von Sachsen ge-
machten Ausgrabungen gefunden worden war. —
Surer selbst ist im Bildnis nicht gefunden. Er war
in Ungnade gefallen und alles, was ihn betrifft, so-
wohl bildliche Darstellungen wie Inschriften, trug nicht
mehr seinen Namen. Es ist um so schmerzlicher
für die Ausgräber, daß dieser hohe Beamte in dem
Kampf zwischen Amon undEch-en-aton(Amenophis IV.)
in Ungnade fiel, da die kostbaren Statuen und Grab-
beigaben Surers dabei verstümmelt wurden, die sonst
wohl die amerikanischen Museen geschmückt hätten.

Außer dem Surergrab versuchten die Amerikaner
auch das Grab des Pu'fmre (Nr. 39 der Liste) auszu-
graben, womit sie aber nicht zu Ende kamen. Das
Grab ist in einen hohen Felsen eingeschnitten, und
Schäfte, Kammern und Gänge liegen so über- und
untereinander, daß die Ausräumung außerordentlich
schwierig war, ganz abgesehen davon, daß die um-
wohnenden Fellachen auch Gefahren für ihre Häuser
durch die infolge der Ausgrabungen sich öffnenden
Hohlräume fürchteten. An einer Stelle steigt man
achtzig Stufen und drei Stockwerke hinunter, um auf
längst geräumte, sehr baufällige Grabkammern zu
stoßen. Das eigentliche Grab des Pui'mre wurde
endlich tief unter der Erde durch einen Brunnen im
Vorhofe, eine abschüssige Passage, zwei Treppen
und zwei Vorkammern erreicht. Die Kühnheit der
alten Grabräuber, mögen es Ägypter, Römer oder
Fellachen gewesen sein, ist ebenso bewundernswert
wie die Arbeitskraft der amerikanischen Ausgräber,
die nach schwierigster Arbeit nur das ausgeraubte
Grab des Pu'imre erreichten.

Außer dem Ausräumen und Aufnehmen der Gräber
von Userhet, ersten Propheten Thutmösis I., und
Thothemhab (Nr. 51 und 45 der Liste) wurden noch
Untersuchungen in dem längst bekannten Grab des
Nakht (Nr. 52; Baedekers »Ägypten« S. 300, 301), aus
dem Anfang der 18. Dynastie gemacht, wobei eine
entzückende, farbenprächtige Statuette des Nakht ge-
funden wurde. Die Arbeit ist ausgezeichnet und er-
innert an die Wandmalereien des ersten Zimmers des
Nakht-Grabes. Sie ist aus weißem Kalkstein, 40 cm
hoch; die kniende Figur hält einen Stele vor sich,
 
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