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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0120

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227

Ausstellungen

— Sammlungen

228

froh sein. Der Dargestellte steht an einem Schreibpult, er
hat eine vom Maler oder dem Maler vorgeschriebene Pose
angenommen: seine linke Hand ruht auf dem Pult, das
Papier, worauf er schreiben will, festhaltend, und ist in
echt Halsscher Verkürzung gegeben; die rechte, etwas
schwer und ungegliedert erscheinende Hand liegt vorn am
Rande des Pultes und hält mit den gekrümmten Fingern
die Feder; das ernste, charaktervolle, von einem kurz-
geschnittenen Barte umrahmte Antlitz ist dem Beschauer
zugewendet, und die Augen blicken durchdringend und
gütig zugleich. Den Kopf mit der hohen durchfurchten
Stirn bedeckt ein schwarzes Käppi, schwarz ist auch die
Gewandung, die sich nur wenig von dem eine Nuance
helleren braungrauen Hintergrund abhebt. Das Bild ist in
Lebensgröße. Links oben findet sich das Monogramm des
Künstlers und 1650 AET SVAE 45. Das Werk stammt also
aus demselbenjahre wie das bekannte Bildnis des Theologie-
professors Johannes Hoornbeek in Brüssel. m. d. 11.

AUSSTELLUNGEN
München. Der Frauenklub München veranstaltete in
der Galerie Helbing unter dem Titel »Frauenluxus von
Einst« eine sehr interessante Ausstellung, die man jedoch,
namentlich in diesen ernsten Zeiten besser» Das Kunstgewerbe
im Dienste der Frau« genannt hätte. Um das Zustande-
kommen dieser wohltätigen Zwecken dienenden Ausstellung
und um die äußerst geschmackvolle Aufstellung machten sich
Baronin Bissing, sowie Dr. R. Oldenbourg und Dr. E.
v. d. Bercken besonders verdient. Es waren durchweg
Stücke aus Privatbesitz, die in der Zeit von etwa 1560 bis
1850 entstanden sind: Kostüme, Spitzen, Schirme, Fächer,
Dosen, Schmuck, Silberund Porzellan. Unter den Kostümen
ragte ein weißes Empirekleid mit feinster Durchbrucharbeit
und Goldstickerei (Dr. Schneeli) hervor, das Staatskleid der
Königin Amalie von Griechenland (Prof. Dr. Bassermann-
Jordan) mit seiner biedermeierischen Fülle erweckte mehr
als Kuriosität Interesse. Einen ganz eigentümlichen Reiz
besaß die große Vitrine mit Perlstickereien, darunter eine
entzückend blumige Sammlung von Beuteln, Kinderhäub-
chen und Jäckchen aus der Biedermeierzeit (Frau S.Lämmle).
Ausgezeichnete Beispiele französischer in Lack (vernis
Martin) gemalter Fächer stellten Fürstin Öttingen-Spielberg
und Gräfin Pappenheim aus, eine ganze Reihe erlesener
Dosen und Fächer des 18. Jahrhunderts aus der Sammlung
des jungen Prinzen Friedrich Leopold von Preußen waren
in einer eigenen Vitrine vereinigt. In einem zierlichen
Stickereirahmen der Rokokozeit aus Elfenbein und ver-
goldeter Bronze (Frau Lämmle) sah man noch eine nicht
ganz vollendete Stickerei eingespannt. Als ein weiteres
apartes Kuriosum sei der prachtvolle Papageienkäfig, Empire,
vergoldete Bronze, genannt, den ursprünglich Napoleon der
Königin von Bayern geschenkt hatte und der später von Len-
bach aus dem Nachlaß der Lola Montez erworben wurde.
Unter den Silberarbeiten stand das reich ziselierte Tauf-
becken mit Kanne, um 1700 (Dr. G. Schneeli), obenan; sehr
gutes Empiregeschirr stellte Frau J. Böhler aus. Eine Reihe
prachtvoller italienischer Stickereien des 17. und 18. Jahr-
hunderts hatte Herr Pringsheim zur Verfügung gestellt.
Während das Porzellan verhältnismäßig schwach vertreten
war, machte die reiche Zahl erlesener und seltener Spitzen
allein schon diese Ausstellung sehenswert: Venezianische
Nadelspitzen aus dem 17. Jahrhundert (Sammlung Prings-
heim), vor allem ein großer Kragen in punto a roselline;
Alencon- und Argentanspitzen (Baronin Pranckh, Frau
v. Leipzig, Frau J. Helbing); Brüsseler Arbeiten, vor allem
eine große Klöppelspitze vom Anfang des 18. Jahrhunderts
(Gräfin Beust) und ein kleiner Schirm mit venezianischer

Nähspitze (Frau v. Hildebrand). Auch der Schmuck war
in verschiedenen Gattungen in hervorragender Weise ver-
treten, es seien nur die Hauptstücke hier kurz genannt:
Goldemailschmuck mit Rubinen um 1600 (Frau Hedwig
Pringsheim, die auch noch andere treffliche Barock- und
Rokokoschmuckstücke zur Verfügung gestellt hatte), ein
Anhänger von 1609 (Prof. E. Bassermann-Jordan), Hals-
schmuck und Ohrgehänge mit Miniaturen auf Elfenbein
unter Bergkristall um 1780 (Frau Prinzessin Ludwig Fer-
dinand), Halsschmuck mit Moosachaten und Perlen um
1815 (Bassermann), Halsschmuck mit Turmalinen und Perlen
in emailliertem Ooldfiligran vom Anfang des 19. Jahr-
hunderts (Gräfin Verri della Bosia). Frau v. Lenbach hatte
verschiedene interessante Rokoko- und Empireschmuck-
stücke beigesteuert. Besonderes Interesse aber erregte der
künstlerisch untadelige eiserne Schmuck aus der Zeit der
Freiheitskriege aus der Königl. Eisengießerei in Berlin aus
dem Besitz von Frau Beemelmanns. A.L.M.

Die Berliner Ausstellung der Freien Sezession

hat einen, im Hinblick auf die augenblicklichen Zeitver-
hältnisse ganz außerordentlichen wirtschaftlichen Erfolg
bereits in ihren ersten Wochen zu verzeichnen. Es sind
mehr als zwanzig Bilder und Plastiken verkauft, und der
Besuch ist andauernd rege. Unter den Käufern auf der
Ausstellung erscheint auch diesmal wieder die Stadt Berlin,
die drei Bilder erwarb: eine saniländische Landschaft von
Waldemar Rösler, ein Tulpen-Stilleben von Theodor Hagen,
eine »Straße« von Lene Schneider-Kainer. Unter den übri-
gen Verkäufen sind einige Hauptwerke der Ausstellung:
eine weibliche Marmorfigur von Fritz Klinisch, »Maria
Himmelfahrtstag« von Hans Thoma, eine Parkmauer«
von Wilhelm Trübner, »Middelburg« von Fritz Rhein. Weiter
seien noch genannt: Dora Hitz, Westermayr, Oskar Moll,
Theodor Hagen, zwei Bilder von O. Müller, eine Landschaft
von Walter Klemm, vier Bronzen von Rene Sintenis, Maria
Slavona, Moriz Melzer, die Mädchenbüste von F. Ronder.

SAMMLUNGEN

Im Stettiner Museum hat Otto Hettner ein monu-
mentales Freskogemälde vollendet. Es ist als Probefresko
für einen großen Auftrag gedacht, der den Künstler für
Jahre hinaus in der Kuppelhalle des Museums beschäftigen
würde. Hettner malte in dem sechs Meter großen Ge-
mälde die Sintflut. Sein dramatisch zugespitztes Bild zeigt
Akte von stärkster ausdrucksvoller Bewegung. Hettner
hat das Werk in der alten, heute fast ganz vergessenen
Freskotechnik unmittelbar auf den Kalk an der Wand ge-
malt. Sein in Farbe gezeichneter großer Karton, der aber
von der Farbigkeit des Freskos noch nichts enthält, wird
auf der Schwarz-Weiß-Ausstellung der Berliner Freien
Sezession zu sehen sein.

Neuerwerbungen des Viktoria- und Albert-Mu-
seums in London. Wir lesen im Burlington Magazine
(Oktober 1915): Die durch den Tod des Mr. Fitzhenry aus dem
Museum zurückgezogenen Leihgaben haben in den Sammlun-
gen französischerunditalienischerPlastikempf.ndhche Lücken
zurückgelassen, wenn auch sein Kopf eines Knaben und
seine Jungfrau mit dem Christuskind m vergoldeter Bronze
durch Ankauf dem Museum erhalten geblieben sind. Der
Knabenkopf ist von der 1912 vom Burlington Fine Arts
Club veranstalteten Ausstellung her bekannt (abgebildet
als Nr. 10 auf Tafel VIII des Ausstellungswerkes). Die
Madonnastatuette war in denselben Räumen auf der Aus-
stellung sienesischer Kunst 1904 zu sehen, wo sie Jacopo
della Quercia zugeschrieben wurde. Mit mehr Wahrschein-
lichkeit darf sie als ein Werk von Jacopos Schüler G10-
vannini Turini in Anspruch genommen werden. — Unter
 
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