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Krieg und Kunst
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den anderen Ankäufen befinden sich ein sehr merkwürdiger
Kopf Johannes des Täufers aus Alabaster, aus Yarnton in
Oxfordshire stammend, ein Krummstab aus Wallroßelfen-
bein und ein Buddhakopf aus blauem Granit aus der
Periode der nördlichen Weidynastie, d. h. aus den Jahren
386-549 nach Christus, für die buddhistische Kunst in
China das früheste Datum. Die Mehrzahl der Erwerbungen
in der keramischen Abteilung verdankt man der Freigebig-
keit von Privatleuten. Der nationale Kunstsammlungen-
Fonds erwarb für das Museum eine englische Fayence-
schiissel (English Delft) aus dem 17. Jahrhundert, die
einmal im Burlington Fine Arts Club ausgestellt war
(Abbildung auf Tafel 25 des Katalogs). Die Testaments-
vollstrecker des Herrn E. B. Ede gaben unter anderem
einen Satz schöner Delfter Vasen, eine Kamingarnitur, zum
Geschenk. Ein Albarello aus italienischer Majolika aus der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, der auf die Verwandt-
schaft zwischen den spanischen und italienischen Fabrikaten
Licht wirft, ist eine weitere wichtige Erwerbung.
Eine historische Sammlung von Papiertapeten hat
weitere Fortschritte gemacht, aber es besteht auch das Be-
dürfnis nach einer gleichen Sammlung von Originalzeich-
nungen für Buchillustrationen. Sir William Ingram hat
jedoch diese Sammlung für das 19. Jahrhundert wesentlich
bereichert durch seine Schenkung von mehr als 5000 Zeich-
nungen englischer Illustratoren dieser Periode, aus denen
eine Auswahl getroffen werden darf. Geschenkt wurden
ferner Radierungen von dem verstorbenen William Dyce,
Probedrucke von Muirhead Bone, die entwertete Zink-
platte der berühmten Radierung »Der Tod des Land-
streichers« von Legros, Seymour Hadens Schabkunstblatt
The Haunt of the Mosquito« und eine seltene Radierung
von Gainsborough. Die Sammlung Lithographien ist um
verschiedene Proben von Conders Kunst vermehrt worden.
Herr F. E. Jackson vermittelte die Schenkung einer Reihe
bezeichneter Probedrucke von Plakaten, die von ihm selbst,
von Joseph Pennell, Frank Brangwyn und andern ent-
worfen waren und die ursprünglich von der Untergrund-
bahn-Gesellschaft herausgegeben waren. Erwähnen wir
ferner eine chinesische Papiertapete, die sehr viel Ähn-
lichkeit mit den Tapeten in Wotton-under Edge und lghtham
Mote zeigen und die im Juliheft des Burlingion Magazine
1905 beschrieben sind. Unter den erworbenen Buch-
einbänden sind zu nennen der Einband einer 1494 in
Augsburg gedruckten Ausgabe der »Postilla Guillermi
super Epistola et Evangelia«; ein Exemplar von »La Table
de lancie philosophe Cebes, natif de Thebes et Auditeur
Daristote« in der Pariser Ausgabe von 1529 mit den be-
rühmten Holzschnitten des Geoffroy Tory, und ein eng-
lischer Einband in dunkelblauem Maroquinleder aus der
Zeit um 1700. Von den Silberarbeiten heben wir hervor
eine silberne Schüssel aus dem 14. Jahrhundert, die aus
der Studley Royal Church in Ripon stammt, ein Geschenk
des Herrn Harvey Hadden. Herr Talbot Hughes schenkte
eine Sammlung Kostüme, hauptsächlich aus dem 18. Jahr-
hundert, und Sir Charles und Lady Waldstein einen schönen
Chormantel, der der Überlieferung nach früher der Kathe-
drale in Burgos gehörte. Von ganz besonderem Interesse
sind auch die Gobelin-Karten, die jetzt alle zusammen aus-
gestellt sind. Mr. Lavery schenkte ein von ihm gemaltes
Porträt von Rodin. Ein Bildnis Heinrichs IV. von Frank-
reich, von einem Künstler, der im Anfang des 17. Jahr-
hunderts für den Hof von Jahangir arbeitete, wurde für
die Abteilung indische Malerei angekauft. Königin Mary
überließ leihweise für die Ausstellung der modernen Maler-
schule von Kalkutta eine Zeichnung in Wasserfarben von
Abanindro Nath Tagore, die Eifersucht der Königin
Tishyarakshita. M D H
KRIEG UND KUNST
Zum Wiederaufbau in Elsaß-Lothringen. Auf
Anregung des Elsaß-Lothringischen Kunstgewerbeveieins,
der von den ostpreußischen Erfahrungen gelernt hat und
deshalb möglichst frühzeitig mit den Vorarbeiten für den
Wiederaufbau beginnen will, hat sich aus Vertretern der
Architekten und Ingenieure sowie des Gewerbes ein Aus-
schuß für den Wiederaufbau gebildet. Die wichtigste Auf-
gabe für einen Zusammenschluß von Kunst und Handwerk
wird dabei, wie die »Vogesen« schreiben, in der Gründung
eines gemeinsamen Geschäftsunternehmens erblickt. Die
Schaffung von Werkstätten für elsaß-lothringische Heimat-
kunst, vielleicht auf genossenschaftlicher Grundlage, ist ge-
plant. Hierdurch würde Künstlern, Kunstgewerbetreibenden
und Handwerkern die beste Möglichkeit zu einem gedeih-
lichen Zusammenwirken und zur Übernahme von Groß-
aufträgen für den Wiederaufbau gegeben werden, ohne
daß dabei in die Selbständigkeit der Einzelnen unliebsam
eingegriffen würde.
Die Tätigkeit der Werkstätten würde zweckmäßig durch
eine Rohstoff-Einkaufsgesellschaft und durch handwerk-
liche Fachlieferungsgenossenschaften unterstützt werden.
Sie brauchten sich nicht allein auf den Hausbau und die
Herstellung von Hausgerät zu beschränken; ein großes
Feld wird sich ihnen auch in den zu schaffenden Denk-
mälern sowie Friedhofs- und Gräberanlagen für unsere ge-
fallenen Kämpfer darbieten. Auch auf die Gestaltung der
Außenreklame müßten die Werkstätten künftig Einfluß zu
nehmen versuchen, damit die bisher durch das Reklame-
unwesen eingetretene Verunstaltung unserer Städte- und
Landschaftsbilder künftig vermieden bleibt. Ein Zusammen-
arbeiten der Werkstätten mit der Kunstgewerbeschule, der
technischen und gewerblichen Unterrichtsanstalten wäre
erwünscht; auch in den Dienst der Berufsausbildung kriegs-
geschädigter Gewerbetreibender könnten die Werkstätten
gestellt werden. Ferner wäre die Errichtung von Zweigstellen
der Werkstättengemeinschaft mit ständigen Ausstellungs-
räumen in den größeren Städten Elsaß-Lothringens notwendig.
In Wien wird eine Ausstellung im österreichischen
Museum für Kunst und Kunstgewerbe vorbereitet, die die
Kunstdenkmäler aus den gefährdeten und geräumten
Bezirken an der italienischen Front vorführen soll. Es
handelt sich um einen Teil der Kunstschätze des Görzischen
Küstenlandes, der zu Beginn des Krieges mit Italien nach
Wien in Sicherheit gebracht worden ist.
In Ungarn sind sowohl im Süden wie im Norden
zahlreiche Ortschaften dem Kriege zum Opfer gefallen.
Die Maßnahmen der Regierung bezwecken in erster Linie,
wie Professor Nagy im »Zentralblatt der Bauverwaltung«
schreibt, der obdachlosen Bevölkerung Unterkünfte zu
schaffen, den Wiederaufbau der öffentlichen Gebäude zu
sichern, die Herstellung des verlorenen Viehstandes,
Wirtschafts- und Hausgerätes zu ermöglichen.
Nun hat die »Landeskommission zur Vorbereitung der
öffentlichen Arbeiten nach Beendigung des Krieges«, welche
die maßgebenden industriellen, technischen und Künstler-
kreise in sich vereint, dem Staate ihre Mithilfe angeboten.
Die ihr angehörenden Architekten haben Pläne für Häuser
geschaffen, die dem Dorf, den örtlichen und einheimischen
Verhältnissen der bäuerlichen Kunst entsprechen. Das An-
gebot wurde von den staatlichen Stellen angenommen, und es
werden nicht die anfangs geplanten Einheitshäuser, sondern
dem Dorfgepräge angepaßte abwechselungsreiche Haus-
arten gebaut werden. Behufs einheitlicher Führung der ge-
sellschaftlichen Hilfsbewegung entstand unter der Obmann-
schaft des früheren Ministerpräsidenten Grafen Khuen-He-
dervary eine »Landeskommission für den Wiederaufbau der
Krieg und Kunst
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den anderen Ankäufen befinden sich ein sehr merkwürdiger
Kopf Johannes des Täufers aus Alabaster, aus Yarnton in
Oxfordshire stammend, ein Krummstab aus Wallroßelfen-
bein und ein Buddhakopf aus blauem Granit aus der
Periode der nördlichen Weidynastie, d. h. aus den Jahren
386-549 nach Christus, für die buddhistische Kunst in
China das früheste Datum. Die Mehrzahl der Erwerbungen
in der keramischen Abteilung verdankt man der Freigebig-
keit von Privatleuten. Der nationale Kunstsammlungen-
Fonds erwarb für das Museum eine englische Fayence-
schiissel (English Delft) aus dem 17. Jahrhundert, die
einmal im Burlington Fine Arts Club ausgestellt war
(Abbildung auf Tafel 25 des Katalogs). Die Testaments-
vollstrecker des Herrn E. B. Ede gaben unter anderem
einen Satz schöner Delfter Vasen, eine Kamingarnitur, zum
Geschenk. Ein Albarello aus italienischer Majolika aus der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, der auf die Verwandt-
schaft zwischen den spanischen und italienischen Fabrikaten
Licht wirft, ist eine weitere wichtige Erwerbung.
Eine historische Sammlung von Papiertapeten hat
weitere Fortschritte gemacht, aber es besteht auch das Be-
dürfnis nach einer gleichen Sammlung von Originalzeich-
nungen für Buchillustrationen. Sir William Ingram hat
jedoch diese Sammlung für das 19. Jahrhundert wesentlich
bereichert durch seine Schenkung von mehr als 5000 Zeich-
nungen englischer Illustratoren dieser Periode, aus denen
eine Auswahl getroffen werden darf. Geschenkt wurden
ferner Radierungen von dem verstorbenen William Dyce,
Probedrucke von Muirhead Bone, die entwertete Zink-
platte der berühmten Radierung »Der Tod des Land-
streichers« von Legros, Seymour Hadens Schabkunstblatt
The Haunt of the Mosquito« und eine seltene Radierung
von Gainsborough. Die Sammlung Lithographien ist um
verschiedene Proben von Conders Kunst vermehrt worden.
Herr F. E. Jackson vermittelte die Schenkung einer Reihe
bezeichneter Probedrucke von Plakaten, die von ihm selbst,
von Joseph Pennell, Frank Brangwyn und andern ent-
worfen waren und die ursprünglich von der Untergrund-
bahn-Gesellschaft herausgegeben waren. Erwähnen wir
ferner eine chinesische Papiertapete, die sehr viel Ähn-
lichkeit mit den Tapeten in Wotton-under Edge und lghtham
Mote zeigen und die im Juliheft des Burlingion Magazine
1905 beschrieben sind. Unter den erworbenen Buch-
einbänden sind zu nennen der Einband einer 1494 in
Augsburg gedruckten Ausgabe der »Postilla Guillermi
super Epistola et Evangelia«; ein Exemplar von »La Table
de lancie philosophe Cebes, natif de Thebes et Auditeur
Daristote« in der Pariser Ausgabe von 1529 mit den be-
rühmten Holzschnitten des Geoffroy Tory, und ein eng-
lischer Einband in dunkelblauem Maroquinleder aus der
Zeit um 1700. Von den Silberarbeiten heben wir hervor
eine silberne Schüssel aus dem 14. Jahrhundert, die aus
der Studley Royal Church in Ripon stammt, ein Geschenk
des Herrn Harvey Hadden. Herr Talbot Hughes schenkte
eine Sammlung Kostüme, hauptsächlich aus dem 18. Jahr-
hundert, und Sir Charles und Lady Waldstein einen schönen
Chormantel, der der Überlieferung nach früher der Kathe-
drale in Burgos gehörte. Von ganz besonderem Interesse
sind auch die Gobelin-Karten, die jetzt alle zusammen aus-
gestellt sind. Mr. Lavery schenkte ein von ihm gemaltes
Porträt von Rodin. Ein Bildnis Heinrichs IV. von Frank-
reich, von einem Künstler, der im Anfang des 17. Jahr-
hunderts für den Hof von Jahangir arbeitete, wurde für
die Abteilung indische Malerei angekauft. Königin Mary
überließ leihweise für die Ausstellung der modernen Maler-
schule von Kalkutta eine Zeichnung in Wasserfarben von
Abanindro Nath Tagore, die Eifersucht der Königin
Tishyarakshita. M D H
KRIEG UND KUNST
Zum Wiederaufbau in Elsaß-Lothringen. Auf
Anregung des Elsaß-Lothringischen Kunstgewerbeveieins,
der von den ostpreußischen Erfahrungen gelernt hat und
deshalb möglichst frühzeitig mit den Vorarbeiten für den
Wiederaufbau beginnen will, hat sich aus Vertretern der
Architekten und Ingenieure sowie des Gewerbes ein Aus-
schuß für den Wiederaufbau gebildet. Die wichtigste Auf-
gabe für einen Zusammenschluß von Kunst und Handwerk
wird dabei, wie die »Vogesen« schreiben, in der Gründung
eines gemeinsamen Geschäftsunternehmens erblickt. Die
Schaffung von Werkstätten für elsaß-lothringische Heimat-
kunst, vielleicht auf genossenschaftlicher Grundlage, ist ge-
plant. Hierdurch würde Künstlern, Kunstgewerbetreibenden
und Handwerkern die beste Möglichkeit zu einem gedeih-
lichen Zusammenwirken und zur Übernahme von Groß-
aufträgen für den Wiederaufbau gegeben werden, ohne
daß dabei in die Selbständigkeit der Einzelnen unliebsam
eingegriffen würde.
Die Tätigkeit der Werkstätten würde zweckmäßig durch
eine Rohstoff-Einkaufsgesellschaft und durch handwerk-
liche Fachlieferungsgenossenschaften unterstützt werden.
Sie brauchten sich nicht allein auf den Hausbau und die
Herstellung von Hausgerät zu beschränken; ein großes
Feld wird sich ihnen auch in den zu schaffenden Denk-
mälern sowie Friedhofs- und Gräberanlagen für unsere ge-
fallenen Kämpfer darbieten. Auch auf die Gestaltung der
Außenreklame müßten die Werkstätten künftig Einfluß zu
nehmen versuchen, damit die bisher durch das Reklame-
unwesen eingetretene Verunstaltung unserer Städte- und
Landschaftsbilder künftig vermieden bleibt. Ein Zusammen-
arbeiten der Werkstätten mit der Kunstgewerbeschule, der
technischen und gewerblichen Unterrichtsanstalten wäre
erwünscht; auch in den Dienst der Berufsausbildung kriegs-
geschädigter Gewerbetreibender könnten die Werkstätten
gestellt werden. Ferner wäre die Errichtung von Zweigstellen
der Werkstättengemeinschaft mit ständigen Ausstellungs-
räumen in den größeren Städten Elsaß-Lothringens notwendig.
In Wien wird eine Ausstellung im österreichischen
Museum für Kunst und Kunstgewerbe vorbereitet, die die
Kunstdenkmäler aus den gefährdeten und geräumten
Bezirken an der italienischen Front vorführen soll. Es
handelt sich um einen Teil der Kunstschätze des Görzischen
Küstenlandes, der zu Beginn des Krieges mit Italien nach
Wien in Sicherheit gebracht worden ist.
In Ungarn sind sowohl im Süden wie im Norden
zahlreiche Ortschaften dem Kriege zum Opfer gefallen.
Die Maßnahmen der Regierung bezwecken in erster Linie,
wie Professor Nagy im »Zentralblatt der Bauverwaltung«
schreibt, der obdachlosen Bevölkerung Unterkünfte zu
schaffen, den Wiederaufbau der öffentlichen Gebäude zu
sichern, die Herstellung des verlorenen Viehstandes,
Wirtschafts- und Hausgerätes zu ermöglichen.
Nun hat die »Landeskommission zur Vorbereitung der
öffentlichen Arbeiten nach Beendigung des Krieges«, welche
die maßgebenden industriellen, technischen und Künstler-
kreise in sich vereint, dem Staate ihre Mithilfe angeboten.
Die ihr angehörenden Architekten haben Pläne für Häuser
geschaffen, die dem Dorf, den örtlichen und einheimischen
Verhältnissen der bäuerlichen Kunst entsprechen. Das An-
gebot wurde von den staatlichen Stellen angenommen, und es
werden nicht die anfangs geplanten Einheitshäuser, sondern
dem Dorfgepräge angepaßte abwechselungsreiche Haus-
arten gebaut werden. Behufs einheitlicher Führung der ge-
sellschaftlichen Hilfsbewegung entstand unter der Obmann-
schaft des früheren Ministerpräsidenten Grafen Khuen-He-
dervary eine »Landeskommission für den Wiederaufbau der