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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Museen — Ausstellungen

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Vorbild, aber auch spielerischer und mitunter ein wenig
billig. Später baute er seine Bilder aus zarten, farbigen
Schichten in der Weise Cezannes auf, wobei zu bemerken
ist, daß er Paris nur ganz flüchtig, vierzehn Tage lang,
gesehen hatte. Vertrauter waren ihm Italien und Tunis,
wo er eines Lungenleidens wegen den Winter vor dem
Kriege im Innern des Landes lebte, römische und afrika-
nische Motive spielen denn auch in seinem Werk eine
Rolle. Aber wie er von allen Reisen zum Sommer sehn-
süchtig und dankbar nach Rees zurückkam, so ist auch für
seine Kunst die Heimat der Nährboden geworden. Wie
kein Zweiter schien er, dessen Entwicklung in den letzten
Lebensjahren fast atemlos ging, berufen, der Schilderer des
wunderschönen niederrheinischen, schon ins Holländische
sich verlierenden Landes zu werden, er hat in zahllosen
Bildern und Studien, Skizzen ihrer flachen, grünen, von
weidenden Kühen wie mit bunten Flecken bestickten Wiesen
gemalt, über die sich, von Sommerdunst leicht getönt, die
blaue Himmelskugel spannt, während am Horizont Rauch-
säulen gespenstig ragen. Als er seinen Malstuhl über
Wesel hinaus gen Duisburg schob, nahm er den Kampf
mit dem hier ihn bedrängenden Industriebild in ungestümem
Eifer auf, das großartige Schauspiel der Ruhrorter Kaiser-
Wilhelm-Brücke, die Niederrheinische Hütte, Zechen und
Hochöfen hat er in Bildern festgehalten, durch deren
leidenschaftlichen Strich der hastige Puls der Industrie-
bezirke zu zucken scheint. Während des Krieges rief ihn
ein ehrenvoller Auftrag nach Aachen, wo er für das Jubi-
läum eines Großindustriellen eine Mappe mit Aquarellen
des Hüttenwerkes »Rote Erde« zu malen hatte, dann warf
ihn in Essen ein Blutsturz nieder, dessen Folgen er erst
nach einjährigem Siechtum in Rees, im Elternhaus, erliegen
sollte. Isselmann, der die großen Städte, vor allem auch
die Kunstzentren mied, hatte den Weg zum Kunstmarkt
und auch zu den Galerien noch kaum gefunden. Im künst-
lerischen Vorort seiner Heimat, in Düsseldorf, ist er noch
unvertreten, als einzige öffentliche Sammlung besitzt das
Kunstmuseum der Stadt Essen eine Anzahl seiner Bilder,
darunter ein Selbstbildnis, eine Reeser Wiesenlandschaft,
eine funkelnde Impression der Ruhrorter Brücke. Man
spürt vor ihnen, daß sie noch nicht das letzte Wort ihres
begabten Schöpfers bedeuten, aber mit ihrem herben, im
frischen Wind des Wiesenlandes gereinigten Zusammen-
klang von Blau und Grün stehen sie in der niederrheini-
schen Malerei, abhold aller Weichlichkeit, so selbständig
und verheißend da, daß sie mit Ernst Isselmanns Heimgang
einen unersetzlichen Verlust erleidet. Ernst Gosebrock.

0 Alice Trübner hat am 20. März in Berlin ihrem
Leben selbst ein Ende bereitet. Als Malerin genoß sie
verdiente Schätzung. Sie war die treueste Schülerin ihres
Gatten Wilhelm Trübner, dessen breiten, kurzen Pinsel-
strich und dunkeltonige Harmonien sie übernahm. Es war
oft nicht leicht, ihre Arbeiten von den älteren Werken des
Mannes zu unterscheiden. Dessen jüngerer Entwicklung
zu starker Farbigkeit ist sie nicht gefolgt. Wer in per-
sönlichem Formenausdruck das einzige Recht des Künst-
lers erblickt, mochte ihr Mangel an Selbständigkeit vor-
werfen. Wem das einzelne Werk als solches einen Wert
bedeutet, der dankte der gepflegten Kunst Alice Trübners
manchen feinen Genuß.

MUSEEN

© Die Sammlung Adolphs von Beckerath hat,
soweit sie in den Besitz des Kaiser-Friedrich-Museums
überging, in dem Eingangsraum der italienischen Abteilung,
wo sonst die Tafelbilder des Trecento untergebracht sind,
vorübergehend Aufstellung gefunden. Bis auf wenige

Werke, wie vor allem die beiden Sibyllen von Giovanni
Pisanos Sieneser Domkanzel und das schöne Bildnisrelief
des Matteo Civitale, die schon seit längerer Zeit zum Be-
stände des Museums gehören, ist die Sammlung bisher der
weiteren Öffentlichkeit unbekannt, und es mag darum ein
kurzer Hinweis hier gegeben werden. Denn selbst für die
reiche Sammlung italienischer Renaissanceskulptur des
Berliner Museums bedeutet der Nachlaß von Beckeraths
einen sehr erheblichen Zuwachs. Die Robbiasammlnng
wird um zwei Stücke vermehrt, ein schönes glasiertes
Madonnenrelief und ein Tondo mit Maria zwischen
schwebenden Engeln, beides charakteristische Arbeiten
des Luca. Von den anderen Hauptmeistern der floren-
tinischen Frührenaissance sind Desiderio und Antonio
Rossellino mit je einem Madonnenrelief in Stuck vertreten,
Mino da Fiesole mit einem reizenden marmornen Knaben-
köpfchen und der Stil des Verrocchio durch eine zierliche
Johannesbüste. Ein seltenes Stück ist das Relief der
Madonna in einem Tabernakel mit Putten von Giovanni
da Pisa. Der Art des Tamagnini nähert sich ein außer-
ordentlich fein gezeichnetes Bildnisrelief im Rund. Eben-
falls in mailändische Gegend weist ein Marmorrelief der
Maria mit dem Johannesknaben mit einer interessanten
landschaftlichen Hintergrundsdarstellung, das hier ver-
mutungsweise mit Solari in Verbindung gebracht wird.
Aus Rom stammen zwei dekorative Marmorreliefs mit
Darstellungen Amors als Angler und eines musizierenden
Tritonen. Nach Venedig führt eine Reihe von Stücken,
unter denen ein Rahmenfries mit Cherubimköpfen besonders
hervorragt, der dem Meister von S. Trovaso zugeschrieben
wird. Dem Stil des Tullio Lombardi kommt die Marmor-
statue eines knienden Engels nahe. Um etwa 100 Jahre
später als diese Stücke, gegen Ende des 16. Jahrhunderts,
entstanden ist ein Marmorrelief des toten Christus in Halb-
figur. Eine sehr reizvolle Arbeit ist endlich die vergoldete
Holzfigur des Markuslöwen. Das feinste an dekorativer
Holzplastik der Frührenaissance stellen zwei Kandelaber
dar, deren edler Aufbau ebenso hoch zu rühmen ist wie
die subtile Durchführung des Details. Zum Schluß sei
die bedeutende Sammlung von Bronzen erwähnt, in der
eine Reihe ganz erstrangiger Stücke sich befinden.

Königl. Gemäldegalerie in Dresden. Die Zweite
Kammer des sächsischen Landtags hat soeben die geforder-
ten Summen für den Bau der modernen Galerie in Dresden
genehmigt. Der Bau soll noch in diesem Jahre beginnen.

AUSSTELLUNGEN
Frankfurt a. M. Im Februar veranstaltete der Kunst-
salon Schneider zum besten der Frankfurter Künstlerfür-
sorge — neben einer Anzahl Zeichnungen und dem fast
lückenlosen graphischen Werk an Radierungen, Tacheo-
graphien, Steindrucken und Algraphien — eine größere,
gegen 80 Nummern umfassende Ausstellung von Ge-
mälden Hans Thomas. Sie war ausschließlich aus Privat-
besitz und zwar hauptsächlich Frankfurter Privatbesitz zu-
sammengebracht und bot ein ganz hervorragendes Inter-
esse; waren doch alle Schaffensperioden des Künstlers,
von seiner Frühzeit an bis ins Jahr 1916, in bezeichnenden
Schöpfungen vertreten. Von 1860 stammte das wohl wenig
bekannte Brustbild einer alten Frau (Besitzer Herr Hof-
juwelier Louis Koch), seelisch bereits vertieft, wenn auch
bescheiden in den Mitteln und sparsam in der Farbe:
Grau und Schwarz mit wenig Rot. Dann das Porträt der
Schwester (von 1863), mit dem Strickstrumpf in der Linken
vor Baum in Landschaft, wohl auch nur selten gezeigt,
aber in der frischen Sinnlichkeit der Farben- und Formen-
gebung und der Innigkeit der Beseelung von ganz be-
 
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