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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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301

Denkmalpflege — Sammlungen Forschungen Vereine

302

eine beträchtliche Zahl Dänischer Maler sich soeben
mit Erfolg aus den Überlieferungen der älteren Gene-
ration hinauszuarbeiten suchte. Es erwachte in der däni-
schen Kunstwelt ein reger Drang nach Frische und Natur-
kraft; dem Publikum war das Feldgeschrei »gesunde Kunst«
vertraut und ihr stand der rüstige, lebensstrotzende P. S.
Kröyer als der wahre »Standarienträger« vor. Und dann
tauchte er auf, der sanfte Vilhelm Hammershöi. Aber
von »gesunder« Kunst wird doch bei ihm keineswegs die
Rede sein können, vielmehr nur von einer durch und durch
echten. Die Luft in seinen Räumen erzählt uns, daß Monate
lang kein Fenster geöffnet wurde; der Qefühlsausdruck
seiner Figuren sprach ebenso deutlich wie ihre Bewegun-
gen von Müdigkeit und Lebensüberdruß, die Hautfarbe
bei den alten von hoffnungsloser Senilität, bei den jungen
von Bleichsucht. Die Werke Hammershöis fielen nicht wie
»Hospitalskunst« aus, weil er so malen wollte, sondern
weil er es seiner kränkelnden Natur zufolge so malen mußte.
Was ihn beseelte, was ihn trieb, war nicht ein inniges
Mitleid mit den Personen, denen seelische und körperliche
Gesundheit nicht vergönnt war, sondern eine unwider-
stehlich wirkende Nervosität, ein fieberhaft pochendes Herz.

Niemand wird es darum wundern, daß Hammershöi
bei der Mehrzahl seiner Landsleute erst nach einer ver-
hältnismäßig langsamen »Gewöhnung« Versländnis und
Anklang finden konnte. Weniger läßt es sich aber ver-
stehen, daß er zu Anfang auch von Seiten der »Sachver-
ständigen« so gründlich mißverstanden wurde, wie es tat-
sächlich der Fall war. Im Jahre 1885 verweigerte die Jury
einer Arbeit von ihm einen Platz auf der akademischen
Jahresausstellung. Fleute nimmt das betreffende Werk, ein
lebensgroßes Porträt eines jungen Mädchens (der Schwester
des Künstlers) in der »Hirschsprungschen Gemäldesamm-
lung« zu Kopenhagen eine allererste Stelle ein. s. m.

DENKMALPFLEGE

Veröffentlichung belgischer Baudenkmäler. Im

Auftrage des Generalgouverneurs soll in diesem Sommer
ein Werk über die belgischen Zisterzienser Abteien Orval,
Villers und Aulne erscheinen, das von Paul Clemen und
Cornelius Gurlitt herausgegeben ist. Das Werk, das im
Zirkel-Verlag erscheint, wird drei große belgische Bau-
denkmäler vor Augen führen, die zu den allerwichtigsten
und großartigsten Schöpfungen des Mittelalters in Belgien
gehören und die zumal für die Aufnahme und Verbreitung
der Gotik nach dem Norden und auch nach Deutschland
hin von größter Bedeutung sind. In ganz Belgien bekannt,
viel besucht und viel bewundert, haben diese riesigen, erst
in der französischen Revolution zerstörten Ruinenkomplexe
mit ihren zum Teil vorzüglich erhaltenen, wundervollen
Einzelbauten zwar eine große Zahl von lokalgeschichllichen
Erörterungen, aber nie eine würdige Aufnahme und archi-
tekturgeschichtliche Untersuchung gefunden.

Die deutsche Verwaltung, die auch die Fürsorge für
die Kunstdenkmäler als eine Ehrenpflicht aufgriff, hat den
Wunsch gehabt, nicht nur der Wissenschaft durch die Mit-
teilung dieses neuen und fast unbekannten Materials wich-
tige neue Quellen, der lebendigen Kunst neue Anregung
zuzuführen, sondern auch für die weiteren Erhaltungs-
arbeiten hier die Grundlagen zu schaffen. Auf Anregung des
Generalgouverneurs Generalobersten Freiherrn von Bissing
und mit dessen Unterstützung haben im vergangenen Jahr
eine' Reihe vo^ Architekten, die aus der Schule Cornelius
Gurlitts hervorgegangen sind, in monatelanger Arbeit die
Bauten auf das_Genaueste aufgenommen und untersucht.
Die Publikation wird auch als ein Zeugnis aufzufassen

| sein von dem Ernst und Nachdruck, mit dem noch während
der kriegerischen Operationen die deutsche Verwaltung
sofort diese Aufgabe einer friedlichen Kultur ergriffen hat.

SAMMLUNGEN
München. Die Sammlung neuerer Meister des
Bayrischen Staates hat durch eine größere Reihe von Neu-
erwerbungen eine sehr beträchtliche Bereicherung erfahren.
Vor allem ist eine Riesengebirgslandschaft mit aufstei-
gendem Nebel von Caspar David Friedrich zu erwähnen,
ein unbekanntes Hauptwerk des Meisters, das wohl um
1816—20 entstanden sein dürfte. Von F. v. Rayski wurde
die sehr lebendige, an Gericault gemahnende Darstellung
eines sächsischen Dragoneroffiziers zu Pferd erworben, von
Peter Burnitz eine für die Art dieses Künstlers sehr charak-
teristische Schwarzwaldlandschaft, von Max Liebermann
ein feldgrauer Husarenoberst, der im vorigen Jahre in der
Berliner Akademie-Ausstellung viel bewundert wurde. Fast
mehr kunsthistorisch als künstlerischinteressantisteinfrühes,
etwa 1860^61 entstandenes Selbstporträt von Lenbach (Brust-
bild). DieSammlungder Münchner Meister der siebziger Jahre
des vergangenen Jahihunderts wird kräftig weiter ausgebaut.
Dafür wurden erworben: eine »Partie aus Altmünchen«,
eine der glücklichsten Arbeiten des sehr ungleichen Philipp
Hellmer, drei Studien von Nikolaus Mathes (»Sakristei«,
»Frühling«, »Roter Schlitten«), eine sehr flotte Skizze des
Ungarn Em. Spitzer; von Ludwig Voltz eine Studie »Wald-
rand« und von dem Berliner Heinr. Rettich ein koloristisch
recht fesselnder Vorstadthof. Slevogt wird nun auch durch
eine Landschaft in der bayrischen Staatssammlung vertreten
sein: die 1914 entstandene Einfahrt in den Hafen von
Syrakus. A. Weisgerbers letztes noch vor dem Kriegsaus-
bruch vollendetes Hauptwerk »Absalom« wurde gleichfalls
erworben. Als Geschenke gelangten in Staatsbesitz ein
Bild von Heinr. Bürkel »Gefangennahme einer Räuber-
bande in den Abruzzen« und eine sehr lebendige kleine
Skizze des Diezschülers Franz Friedbichler »Viehmarkt in
Dingolfing«. Die edle Bronzebüste des Kronprinzen Rupp-
recht von A. v. Hildebrand, die auf der vorjährigen Se-
zessionsausstellung zu sehen war, ist nunmehr vom bayri-
schen Staat angekauft worden. a. l. m.

FORSCHUNGEN
Ein bisher unbekanntes Werk des Veit Stoß.

Berthold Daun hat in der schönen steinernen Tetzel-Ma-
donna außen an der Tetzelkapelle der Ägidienkirche zu
Nürnberg, die früher fälschlich für ein Jugendwerk des
Adam Kraft galt, eine tüchtige, für die Spätzeit des Veit
Stoß charakteristische Arbeit erkannt, die den Schnitzfiguren
des Bamberger Altars nahe steht. Die Beweisgründe wird
demnächst ein Aufsatz im Repertorium für Kunstwissenschaft
bringen. Außerdem hat Daun in dem restaurierten Steinrelief
der Auferweckung des Lazarus außen an der Sebalduskirche
zu Nürnberg ein Werk des Adam Kraft festgestellt.

VEREINE

Ein österreichischer Staatsgalerieverein. Nach
Bodeschem Berliner Muster hat jetzt auch die K. K. öster-
reichische Staatsgalerie, die die Kunst Österreichs, insbe-
sondere des 19. Jahrhunderts, in Wien sammelt, ihren
Galerieverein. Seine jüngste Erwerbung ist eine Alabaster-
Marmorgruppe des österreichischen Barockplastikers Dorf-
meister. Das Ziel des Vereins ist vor allem die Lösung
der Unterbringungsfrage in einem besonderen Galeriebau
— vorläufig ist die Staatsgalerie in dem unteren Belvedere
untergebracht. Das Gesamtaktivum des Vereins hat die
stattliche Höhe von fast 350000 Kronen.
 
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