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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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345

Wettbewerbe — Ausstellungen

hindurch ging er mit der Absicht um, einen der köstlichen
kleineren Familienpaläste des Quattrocento, an denen die
Arno-Stadt so reich ist, in seinen Besitz zu bringen, um ihn
wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen und
mit Kunstwerken der Zeit zu beleben. Endlich fand er nach
langem Suchen in einem Eckhaus der Via dei Benci das
Objekt, wie er es wünschte — wenn auch vernachlässigt,
durch Einbauten entstellt, wie so viele dieser Monumente.
Nun machte er sich mit der gleichen Beharrlichkeit, die
dem Forscher eigen war, daran, die späteren Verunstal-
tungen zu entfernen. Seine praktische Erfahrung als
Architekt kam ihm zugute; das Glück begünstigte seinen
Eifer; ein köstlicher Hof mit feinen Kapitellen, der große
Raum des Erdgeschosses mit den Konsolen in Pietra
Serena, alte Balkendecken, ein wundervoller großer Saal
im oberen Stockwerk traten zutage; an der feinen Zier-
kunst glaubte er Giuliano da San Gallo als Meister seines
Palastes zu erkennen. Jeden Tag, wenn es sein immer
ungünstiger sich gestaltender Zustand erlaubte, war er in
seiner Palazzina zu finden, um den Arbeitern Weisungen
zu geben und ihr Tun Schritt für Schritt zu verfolgen. Es
war eine Freude für die wenigen, denen er den Einblick
gestattete, ihn die Einzelheiten des Bauwerks erläutern zu
hören; vor seiner Schilderung entstand dann das alte Haus
wieder wie ein lebendiges Ganzes.

Aber nun sollten die Mauern auch einen würdigen
Inhalt in sich aufnehmen, und dieser Idee galt eine uner-
müdliche Sammlertätigkeit, die schließlich sein Junggesellen-
heim im obersten Stock eines Hauses am Lungarno degli
Archebusieri, von dem aus man einen herrlichen Blick
über die Oltr'Arno-Seite der Stadt genoß, zu einem wahren
Magazin werden ließ. Fast täglich wanderte er in den
Morgenstunden, bevor er ins Archiv kam, bei den kleineren
Antiquaren und Vermittlern herum, die ihm auch, da sie
seine Sammelleidenschaft kannten, manch wertvolles Stück
ins Haus brachten; sein geschultes Auge erkannte im
Trödel das Wertvolle: er hat eine Fülle interessantester
Stücke zusammengebracht. Wie konnte er sich freuen,
wenn ihm ein guter Fang gelungen war; so als er ein
paar Stühle des Quattrocento aus dem Besitz der Strozzi
in seine Hände brachte. Auch dekorative Stücke aller Art,
Türen etwa, kaufte er, wo sich Gelegenheit bot, immer im
Hinblick auf sein Haus. Und zu dem Mobiliar kamen die
Werke der Plastik und der Malerei, die allmählich seine
Räume zu füllen begannen. Ein kunsthistorisch wichtiges,
auch durch seine Größe bedeutsames Bild darunter, ein
Spätwerk von Gozzoli, mit einer Darstellung der Kreu-
zigung; im übrigen überwog das Trecento in seinem Besitz.
Ein besonderer Glücksfall brachte ihm ein Tondo von
Piero di Cosimo (im Originalrahmen) ins Haus. Aber als
den bedeutsamsten Fund betrachtete er selbst den eines
Marmorkopfes von Desiderio, den er bei einem kleinen
Händler als Kopie nach der Antike erworben hatte. Übrigens
war er alles andere als einseitig in seinen Sammlerneigungen:
Bücher, Manuskripte, Zeichnungen (unter denen Hörne ein
paar prächtige Stücke besaß), Medaillen, Plaketten zeigte
er in guten Stunden dem Besucher, indem er hier und da
eine Schublade oder die Tür eines alten Schrankes öffnete.

Es ist die Tragik dieses der eindringenden Beschäf-
tigung mit dem Florentiner Quattrocento gewidmeten Le-
bens, daß er das letzte Ziel, das er erstrebte, nicht erreicht
hat. Er hat das Haus, das er mit so viel Verständnis
wiederherstellte, nicht mehr durch die zahlreichen Gegen-
stände seines Sammeleifers belebt gesehen und das hübsche
Quartier mit der Loggia im oberen Stockwerk nicht bewohnen
dürfen. Aber er hat vorschauend für sein Werk gesorgt,
das laut einer Verfügung mit seinem künstlerischen Nach-
laß in öffentlichen Besitz übergeht. Wir hoffen, daß er

die Ausführung seines Willens zuverlässigen Händen an-
vertraut hat, und daß sein Werk, wie er es sich gedacht, einst
vollendet, von dem feinen Geschmack des Sammlers und dem
tiefen Verständnis des Forschers beredte Kunde ablegen wird.
Und so möge auch sein literarischer Nachlaß, die reichen
unveröffentlichten Schätze, die er gelegentlich wohl Freunden
zeigte, den Besten anempfohlen sein! Gronau.

Am 10. Mai ist in Wien der Maler Max Kurzweil
plötzlich gestorben (geboren 1S67 in Bisenz in Mähren).
Als feinfühliger und redlich strebender Künstler hat er ein
für manches der jüngeren Talente Österreichs typisches
Schicksal in besonders charakterislischer Form erlebt. Der
frische impressionistische Naturalismus, in dessen Zeichen
die Sezession begründet worden war, hat ihn nicht lange
befriedigt; in Klimts dekorativer Vornehmheit glaubte er
dann seinen Halt zu finden. Aus diesem Hort warfen ihn
dann die starken neuen Bestrebungen, die man als syn-
thetisch zu benennen pflegt und mit dem Namen Cezannes
am eindringlichsten kennzeichnen kann. Kurzweil war
nicht mehr jung genug, sich dieser Welle unbefangen und
rückhaltlos hinzugeben; er hat um eine innerlich ehrliche
Lösung schwer gerungen, und unter der ungenügenden
Erreichung dieser unzweifelhaft tief gelitten. Dem süd-
lichen Meer, dessen Kraft und Glut wiederzugeben er stets
von neuem gekämpft hat, galt seine letzte Arbeit; im Auf-
trag des Kriegspressequartiers war er im Kriegsgebiet an
der Adria tätig.

WETTBEWERBE
In dem Wettbewerb für Heldenhaine, den der Be-
ratungsausschuß für Heldengräber in Ostpreußen ausge-
schrieben hat, hat das Preisgericht die Entscheidung gefällt.
253 Entwürfe waren eingegangen. Den ersten Preis er-
hielt Architekt W. Koch-Berlin-Friedenau, den zweiten Re-
gierungsbaumeister Böttger- Königsberg, den dritten Architekt
Brücke-Laage i. M., den vierten die Architekten Fähler und
Rainer in Offenbach a. M. Zehn Entwürfe wurden angekauti.

AUSSTELLUNGEN
Leipziger Jahresausstellung 1916. Auch der Verein
Leipziger Jahresausstellung (»Lia«) hat sich, in dieser Zeit der
allgemeinen Wiederbelebung des künstlerischen Interesses,
zu einer kleinen, aber äußerst dankenswerten Kunstschau ent-
schlossen. Die Mitglieder dieser Vereinigung zeigen zum
erstenmal seit geraumer Zeit neuere und ältere Leistungen,
wobei die Graphik wieder ein bedeutsames Wort mitspricht.
Von Klinger finden wir einen weiblichen Studienkopf aus der
Gussow-Periode des Meisters, auffallend malerisch behandelt,
und von einer nuretwasinsKühleabgeschwächrenLeibischen
Tonigkeit. Unter den neueren Werken imponiert die Richard
Strauß-Büste durch die selbstverständliche Sicherheit der
Arbeit und ungesucht bedeutende Auffassung. Um Klinge:
scharen sich die Jüngeren, wie Horst-Schulze, Tiemann,
Rentsch, Steiner-Prag mit überwiegend landschaftlichen
Bildern: duftig-weiche Luftstimmungen von der belgischen
Küste von Tiemann und seinem begabten Schüler Hans
A. Müller, behagliche holsteinische Landhäuser von Steiner-
Prag, idyllisch verträumte Flecke aus dem Saaletal von
Horst-Schulze und die für Rentsch so charakteristischen
koloristischen Landschaftsprobleme. — C. W. Bergmüllcr
zeigt einige malerisch tüchtige Leistungen, darunter be-
sonders das charaktervolle Bildnis seiner Gattin.

Mit graphischen Arbeiten treten hervor Max Seliger
(ausgezeichnete Porträtköpfe von sprechender Frische und
Lebendigkeit), Bossert, für dessen Bewertung die ausge-
stellten Arbeiten ein äußerst glücklich gewähltes Material
 
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