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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Ausstellungen — Sammlungen

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große »Kniende« von Lehmbruck genannt, deren gotisch-
zarte Anmut ebensoviel Größe wie innere Musik besitzt.
E. Scharffs Soldatenbüste wie sein Mädchenkopf in Marmor
beweisen aufs neue das außerordentliche Talent dieses
jungen Künstlers. Sowohl in formaler Hinsicht wie auch
durch die eigenartig geheimnisvolle, ein wenig an leonardeske
Schöpfungen anklingende Stimmung wissen sie in steigen-
dem Maße zu fesseln. Schließlich sind die drei Porträt-
büsten B. Bleekers zu rühmen, unter denen man die Marmor-
büste König Lud wigsll I., die,ohne eine exakt-photographische
Ähnlichkeit zu besitzen, doch charakteristischer und leben-
diger ist, als alle anderen Darstellungen dieses Fürsten —
wohl als die abgeklärteste Leistung bezeichnen darf, die
dem Künstler bis jetzt gelungen ist. a. l. m.

Der Elberfelder Museumsverein hat nach dem in
der Hauptversammlung erstatteten Tätigkeitsbericht im
zweiten Kriegsjahre neben Kollektivausstellungen von Kriegs-
bildern von W. Schreuer-Düsseldorf, H. Liesegang-Düssel-
dorf, E. Liebermann-München, Reinold Gruszka-Krefeld und
neben Ausstellungen von Werken graphischer Kunst folgende
Sonderausstellungen veranstaltet: eine Ausstellung von Ar-
beiten verwundeter Soldaten aus den Elberfelder Lazaretten
(Lazarettausstellung), eine Ausstellung der Bergischen Kunst-
genossenschaft, eine Ausstellung von Menzelschen Zeich-
nungen aus dem Besitze der Kgl. National-Galerie. Maß-
gebend war dabei vornehmlich der Gedanke, den Künstlern
auch im Kriege beizustehen. An Private wurden im ganzen
für 8182,50 M. verkauft. Die Zahl der Besucher betrug24571.
Zu der Entwicklung des Kaiser-Wilhelm-Museums trug der
Verein auch im vergangenen Jahre durch eine Anzahl
Schenkungen bei. Wie der Vorsitzende, Geheimer Kommer-
zienrat Freiherr von der Heydt, mitteilte, ist der dem Mu-
seum überwiesene, aus 189 Nummern bestehende Nachlaß
des Elberfelder Dichters Otto Hausmann mit Dank ange-
nommen worden.

Leipziger Kunstverein. Mit einer umfänglichen Kol-
lektion tritt der Kasseler Akademielehrer G. Burmester zum
erstenmal vor ein großes Publikum. Die Produktion weniger
Jahre drängt sich zu einem Bilde von robusten Linien und
Klängen zusammen: impressionistische Studien aus der
früheren Phase des Künstlers, breit behandelte Kompo-
sitionen etwa in der Art L. von Hofmanns und einige Akt-
studien von einer kräftigen männlichen Eigenart. In den
ersten Arbeiten ist der Ausgangspunkt Burmesters, Schön-
leber, noch deutlich erkennbar, später scheint ihn haupt-
sächlich Olde mit seiner faustsicheren impressionistischen
Manier beeinflußt zu haben, doch ist überall die persön-
liche Note des Künstlers unverkennbar. Die fernere Ent-
wickelung führt von dem pastosen Impressionismus mehr
und mehr zum dekorativen Gemälde und zur stilisierten
Farbe, und gerade diese neuesten Versuche vermögen uns
nicht restlos zu überzeugen. Vieles wirkt an ihnen an-
empfunden und akademisch-konventionell. Sicherlich besitzt
Burmester ein tüchtiges handwerkliches Können und eine
gesunde realistische Begabung. Da er das fünfzigste Lebens-
jahr bereits überschritten hat, ist für Seitenwege kein Raum
mehr vorhanden. Nach dem bisher in der dekorativen
Gattung von ihm Geschaffenen bleibt abzuwarten,zu welchen
Resultaten der Künstler in dieser Richtung gelangen wird.

Karlsruhe. Professor Walter Georgi, bekanntlich ein
Sohn des früheren Leipziger Oberbürgermeisters, veran-

staltete im Badischen Kunstverein« eine große Aus-
stellung von Werken seiner letzten Schaffensperiode, die
den begabten Meister von einer ganz neuen Seite zeigen.
Hatte er bisher ganz im Stile der bekannten Münchener
»Schöllet, der er vor seiner Berufung an die Karlsruher
Kunstakademie lange Jahre angehört hatte, gearbeitet, so
sehen wir ihn jetzt in seinem neuesten großen »Land-
scliafts- und Marinezyklus aus der Bretagne« — die er kurz
vor dem Kriege besucht hatte — als getreuen Nachfolger
der dort tätigen Pariser Meister, wie Cottet, Simon, Truchet
und anderer. Sehr geschickt weiß er die düster melan-
cholische, großlinige Stimmung jener interessanten, meer-
umbrausten Felsenlandschaften in feinster toniger Farben-
empfindung mit den einfachsten Mitteln in monumentaler
Großzügigkeit im Bilde wiederzugeben. Ebenso vortrefflich
sind seine in gleichem geschlossenen Stile groß gedachten
und empfundenen »Kriegsszenen«, sowie die Porträts, in
welchem Fache der begabte Künstler besonders Hervorragen-
des von jeher leistete. — Auch die Nachlaßausstellung des
kürzlich verstorbenen Aquarellisten und Landschafts- und
Architekturmalers Viktor Roman bietet in ihrer schlichten und
sachlichen Naturtreue künstlerisch recht Ansprechendes.

Hannover. Im Oberlicht- und Kupferstichsaal des
Kestner-Museums findet zur Zeit eine umfassende Aus-
stellung graphischer Arbeiten von Emil Nolde statt.
Über seine Kunst ist in der Zeitschrift für bildende Kunst
ausführlich die Rede gewesen, Schiefler hat 1908, Sauerland
1914 eingehend über sie gehandelt. Neu sind nur die
Aquarelle von einer Reise nach Neu-Guinea, und unter
diesen von besonderer Großartigkeit die Köpfe von Einge-
borenen, in denen alle Wildheit, aller Stolz und die ganze
tropische Natur sich widerspiegelt. Trotz und Gutmütig-
keit, Kampfeslust und bacchische Ekstase sind hier vereint.
Es scheint, als sei vor der Natürlichkeit dieser Wilden
Noldes Pinsel plötzlich andächtig geworden. Das Launen-
hafte und Verzerrte, das oft durch seine Werke tollt, ist
hier abgestreift. Mit sicherem Gefühl bannt er den Ausdruck
dieser Rasse, entkleidet seine Modelle aller Bedingtheiten
und steigert sie zu monumentaler Gestaltung. Küppers.

SAMMLUNGEN

Die Sammlung Delfter Fayencen aus dem Ver-
mächtnis John F. Loudon im Ryksmuseum. Am

15. Juni ist die keramische Abteilung im Unterstock des
Ryksmuseums für das Publikum wieder geöffnet worden;
die Aufstellung der dem Museum von Mr. Loudon ver-
machten Sammlung Delfter Fayencen hatte eine völlige
Neuordnung dieser Abteilung nötig gemacht und deshalb
war der ganze Unterstock längere Zeit ganz geschlossen
gewesen; der auf diese Weise neueingerichtete Saal macht
jetzt einen würdigen und vornehmen Eindruck. Die Gegen-
stände sind alle in neuen Glasschränken angeordnet, die
Gesimse, worauf sie stehen und die den Hintergrund bilden,
sind mit einem weißen gerieften Stoff bespannt, von dem
sie sich vorzüglich abheben. Das Vermächtnis Loudon
bedeutet quantitativ und qualitativ eine außerordentliche
Bereicherung der Sammlung; der Bestand an Fayencen hat
sich mehr als verdoppelt; zu vier Vitrinen, in denen der alte
Besitz untergebracht ist, sind elf hinzugekommen, die nur die
Kostbarkeiten des Legates Loudon bergen. Auf die Samm-
lung selbst werde ich noch zurückkommen. m. d. h.

Inhalt: Die Kunstversteigerungen in Berlin und Wien im Mai 1916. — Kriegergrabmal und Kriegerdenkmal. Zur Ausstellung des Leipziger Kunst-
gewerbemuseums. Von Hermann Voss. — Freiherr Otto von Schleinitz f, Franz Hoch f; August Fink f; Rudolf Linnemann f. — Personalien.
— Ausstellungen in München, Elberfeld, Leipzig, Karlsruhe und Hannover. — Delfter Fayencen von John F. Loudon im Ryksmuseum.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11 a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., q.m.b.H., Leipzig
 
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