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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0233

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453

Nekrologe — Sammlungen — Vermischtes

454

Uffizien ab. Wie vorhin Fürbringer zeigt J. die Neigung,
seinen Künstlern höchst subjektiv gewählte Schranken zu
ziehen, ohne zu bedenken, daß ein Meister vom Wuchs
eines Rogier oder Bouts — bei allem Abstand von den
Sonderwegen des großen Jan — Möglichkeiten birgt, die
schematischer Einschnürung Widerstand entgegensetzen.
Über die Frage der Identifizierung des Uffizienbildes mit
dem Mittelstück eines Triptychons, das schon Cyriacus von
Ancona beim Herzog von Ferrara als Rogier sah, gleitet
J. — mit der Souveränität dieser Richtung der historischen
Überlieferung gegenüber — fort. Auch in der Gesamtbe-
handlung des Themas zeigt sich der Vetf. seinen beiden Kol-
legen verwandt: er geht vom Begrifflichen aus und weiß
die Dokumente den vorgefaßten Ideen zu beugen. Den
lang- und feingesponnenen Ausführungen zu folgen ist dem
Uneingeweihten nicht leicht. J. geht mit besonderer Sorg-
falt dem Auftreten transitorischer Vorgänge in den Dar-
stellungen nach: er stellt ferner zwei Gegensatzpaare auf —
mimisch und kontemplativ, plastisch und malerisch — , die
er sich insofern decken läßt, als das, was er »mimisch«
nennt, der plastischen Gestaltung zudrängt, während seinen
»kontemplativen« Charakteren die speziell malerische Ge-
sinnung eignet. Daraus wird weiter ein Gegensatz zwischen
den plastischen südlichen und malerischen nördlichen Nie-
derlanden konstruiert. Bei diesem Schwelgen in Begriffen
kann es geschehen, daß die — nach Consensus fast aller
altniederländischer Forscher — dem Petrus Christus ge-
gebene Brüsseler Beweinung zuerst auf Grund ihrer ma-
lerischen-kontemplativen Eigenschaften dem Christus abge-
sprochen und für holländisch erklärt wird und daß dann
die Sonderheiten holländischer Kunstübung eben aus der
gleichen Beweinung herausdestilliert werden. Das Material
auch dieser Arbeit läßt sich ohne Mühe bereichern; abge-
sehen von der Fülle der Werke minderer Ordnung sind
Stücke erster Bedeutung nachzutragen, so von Petrus Chri-
stus eine Beweinung in New York, von Memling die
Kreuzabnahmen in der Capilla real zu Granada und in Peters-
burger Privatbesitz, von Gerard David eine Reihe von Be-
weinungen, u. a. im Escurial (Mittelbild eines Flügel-Altars),
bei Böhler, München (Privatbes.) und bei Johnson, Phila-
delphia, von Massys die frühe Beweinung des L ' vre usw.
usw. Die Fremdheit des Autors dem Stand der t ^entliehen
Spezialforschung gegenüber offenbart sich in ersiaunlichen
Einzelbemerkungen, so wird von einem »Maitre d'Oultre-
mont« gehandelt, während das Oultremont-Triptychon selbst
seit Jahren dem Werk des Haarlemers Jan Mostaert ein-
gereiht werden konnte.

Ich möchte der jungen theoretisierenden Forschung als
Beschluß ein Wort des alten Theoretikers Friedr. Schlegel
sagen: »Die Anschauung soll überall das Erste seyn; die
Resultate derselben ordnen sich an den Ruhepunkten der
Betrachtung von selbstzu allgemeinen Grundsätzen, deren Zu-
sammenhang, sowie die innere Einheit der hier aufgestellten
Ansicht, der Nachdenkende leicht finden wird«. Grete Ring.

NEKROLOGE
Am 31. August 1916 ist an der Somme der junge
Maler Hans Sutter gefallen. Als Solin des Professors
Conrad Sutter, der durch seine Hessischen Spielsachen
und zuletzt durch seine Radierungen sich einen Namen
gemacht hat, ist er am 16. April 1887 in Mainz geboren.
1905 wurde er Trübners Schüler in Karlsruhe. Später hat
er sich in Frankreich aufgehalten, wo er Pierre Bonnard
nahe stand und namentlich Renoir auf sich wirken ließ.

Nach seiner Rückkehr lebte er bei seinem Vater auf Schloß
Breuberg im Odenwald. Neben seiner malerischen Tätig-
keit wurde er dessen künstlerischer Mitarbeiter in den
Werkstätten für Hessische Spielsachen. 1913 siedelte er
nach Frankfurt über. In seinem Lebenswerk tritt die Land-
schaft gegen das Figurenbild, besonders das Bildnis, und
das Stilleben zurück. Merkwürdig ist, daß er durch Trübner
hindurch eine Zeitlang unter Leibis Bann geriet. Von dem
dunkeln Ton der früheren Zeit befreite ihn der Aufenthalt
in Frankreich. Durch seine früheren Bilder geht nicht selten
ein geheimer Zauber des Rokoko; nicht nachempfunden
sondern als Eigenwuchs. Es war überhaupt, als ob er in
seinem Wesen einen Schuß gallischen Blutes gehabt hätte.
Der feine, sichere, erfinderische Geschmack, der geistreiche
Strich, die heitere anmutige Farbe finden sich, zumal bei
dem jüngeren Künstlergeschlecht, bei uns nicht so häufig.
Es verlohnte sich, die Werke des jungen Künstlers, mit
dem so schöne Hoffnungen ins Grab gesunken sind, in
einer Gedächtnis-Ausstellung zu zeigen. f. r.

SAMMLUNGEN

Geheimer Regierungsrat Karl von Kühlewein hat dem
Münzkabinett im Berliner Kaiser-Friedrich-Museum

ein großes Vermächtnis letztwillig hinterlassen. Es enthält
nicht weniger als 5000 Berliner Medaillen. Sie verteilen
sich in ungefähr gleicher Zahl auf das Kaiserhaus, die
Stadt Berlin und ihre Körperschaften, geschichtliche Persön-
lichkeiten und Privatleute. Dazu gehören auch 700 Kopien
solcher Berliner Medaillen.

VERMISCHTES
Oskar Kokoschka, der als österreichischer Soldat eine
schwere Verwundung erlitt, ist davon noch nicht ganz ge-
heilt. Der Künstler weilt zurzeit in Berlin, wohin er ein-
geladen wurde, um große Wandgemälde auszuführen — falls
es gelingen sollte, ihm auf längere Zeit für diesen Auftrag
Urlaub zu verschaffen. — Ein ähnlicher Auftrag wurde kürz-
lich dem Berliner Maler Willy Jaeckel in Hannover zuteil.
Er schuf vier große Wandbilder für einen Erholungsraum,
die in der demnächst zu eröffnenden Herbstausstellung
der Berliner Sezession zu sehen sein werden. — Eine
neue Arbeit von Fritz Klimsch ist in der Arbeiterkolonie
Leverkusen bei Köln aufgestellt worden. Es ist an einer
Straßenkreuzung ein kleiner, ganz in Kalkstein ausgeführter
Brunnen. In volkstümlicher Formung trägt der Brunnenstock,
der aus den kleeblattartig angeordneten drei Schalen auf-
steigt, die Gestalt einer Mutter, die ihr Kind nährt. Für
Leverkusen, für das Gebäude der Duisbergschen Farbwerke,
arbeitet der Künstler zurzeit an einer Nike. Das Werk, das
in Bronze ausgeführt werden soll, wird nach dem Kriege
im Treppenhaus des Verwaltungsgebäudes dort einen
schönen Platz erhalten, wo die Gedenktafeln der Gefallenen
der Fabrik angebracht werden sollen. — Professor J. V.
Cissarz, der einen Ruf an die Frankfurter Kunstgewerbe-
schule erhalten und angenommen hat, übernimmt dort die
Leitung der Abteilung für dekorative Malerei; der Künstler
hat gerade auf diesem Gebiete in letzter Zeit sein hervor-
ragendstes Werk geschaffen: die Malereien in der Rats-
herrentrinkstube des Stuttgarter Rathauses. Die Bilder dieser
Festräume zeigen ein Hochzeitsmahl, eine Rast am Quell,
musizierende und ruhende Gestalten und einen Tanz, in Dar-
stellungen, in denen Cissarz mit Glück einen vollkommen per-
sönlichen Freskostil in balladenhaf t erzählenderWeise erstrebt.

Inhalt: Hermann Fürbringer, Die künstlerischen Voraussetzungen des Genfer Altars der Brüder van Eyck. F. Rudolf Uehe, Skulpturennachahmung
auf den niederländischen Altargemälden des 15. Jahrhunderts. Karl W. Jähnig, Die Darstellungen der Kreuzabnahme, der Beweinung und
der Grablegung Christi in der altniederländischen Malerei. — Hans Sutter t- — Vermächtnis für das Münzkabinett im Berliner Kaiser-
Friedrich-Museum. — Vermischtes. — Anzeige.
 
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