Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

DOI Artikel:
Pecht, Friedrich: Rudolf Jordan: geb. in Berlin 4. Mai 1810 - gest. in Düsseldorf 26. März 1887
DOI Artikel:
Fitger, Arthur: 29. Frühjahrs-Ausstellung des Hamburger Kunstvereins
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0314

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rudolf Iordan. vom k?erausgeber — 29. Frübjahrs-Ausstelluug in lhamburg. von A. Fitger 24z
aus der nachemander, um nur die bedeutendsten zu nennen, Henry Ritter, Woodville, Hanley,
A. Schmid, Kindler, Schlesinger, Dieffenbach, Vautier, R. Sohn, Frl. Friedrichsen u. a. m.
hervorgegangen sind. Gewirkt hat er indes anf fast alle damaligen Künstler in der niederrheinischen Maler-
stadt. Denu kaum weniger bewunderungswürdig an ihm ist die Nachhaltigkeit seines Wesens, das ihn
nun ein halbes Jahrhundert lang mit fast ungeschwächten Kräftcn diese Schilderungen des Strandlebens fort-
setzen und nur ihreu Schauplatz allmählich erweitern ließ. Hatte er schon früh die Normandie besucht, deren
malerische Küsteu ihn besonders anzogen, so entstanden noch ganz zuletzt Bilder des bir ans Ende unermüdlich
arbeitenden Meisters von dort, wie denn eine Sturmszene noch die letzte Bcrliner Ausstellung zierte, und
kanm irgend ein Ermatten des 76 jährigen erkennen ließ. Schon früher, um 1868, war die hier mitgeteilte
„Snppenverteilung in einem französischen Kloster" entstanden, die uns wohlthuend zcigt, wie sehr er sich in
deu Charakter der dortigen Bevölkerung hineingelebt, und wie geschickt er anch solche Motive malerisch zu ver-
werten wußte, wenn sie auch vielleicht an unmittelbarer Wahrheit seine Schilderungen deutscher Seeleute nicht
crreichen. — Aber'auch mit dew holländischen und friesischen Dünen war er nicht weniger vertraut, als mit
den Felsen von Helgoland und Rügen, und wußte das spezifische Wesen all' dieser verschiedenen Bevölkerungen
in seinen Bildern sehr wohl zu unterscheiden. So ist er denn, geliebt und verehrt von allen, die ihn kannten,
nach nnd nach ein silberhaariger Patriarch geworden, dessen Andenken unvergessen bleiben wird, so lang es
eine nationale deutsche Kunst gibt.

rc>. Lrübiabrs-Ausstellung des Lamburger Kunstverems
V011 A. Fltger (Bremen)

„Die große Frühjahrs-Ausstelluug dieses Jahres ist
das Ergebnis der Bcmühungen des Kunstvereins, mit
den Künstlern in umnittelbare Verbindung zu treten; ein Ziel,
das mit Hülfe der permanenten Ausstellung iu der Börse
in cineni Zeitraum von drei Jahren erreicht ift. Von allen
Kunstzentren Deutschlands, sowie aus einigen außerdentschen
Ländern ist die Beteiligung so reich nusgefallen, daß der
Vorstnnd die Neuernug angezeigt gefunden hat, bei dem
Ülufhnngen die Schulen zu trennen. Auf diesem Wege
wird es dem Befchauer erleichtert, sich selbst bei fragnien-
tarischem Bkaterial ein Bild von den künstlerifchen Ten-
denzen der einzelnen Schulen zu macheu."
Mit diesen Worten wird der Katalog der Aus-
stellung eingeleitet uud sie führen uns sogleich auf den
richtigen Standpunkt, deu wir ihr gegenüber einzu-
uehmen haben. Nur eines ist fehr fchade. Die Zahl
der eingcsandten Kunstwerke ist fast um das dreifache
größer als die Ausstellungssäle fassen können, und niacht
es nötig, daß man serienweise mit den Gemälden wechselt.
Wer nun blos zu kurzem Besuch iu Hamburg verweilt
wie ich, der wird sich doch kein gauz vollständiges Bild
von der Eigenart der einzelnen Schuleu machen, geschweige
eine in allen Teilen zutreffende Charakteristik der ganzcn
Ausstellung geben können. So muß ich mich denn darauf
beschräuken, nur ganz im allgemeinen den Eindruck zu
schildern, den ich von meinem Besuch in der Aus-
stellung am 14., 15. und 16. April empfangen habe.
Er wäre fast zusammenzufassen in die Worte: Meister-
werke höchsten Ranges, die den Beschauer mit Allgewalt
in alle Himmel emporheben, fehlen gänzlich; hochachtbare
Leistungen, die deni Vollkommenen bald näher bald ferner
stehen, bilden die breite Masse; an einigem ganz Ver-
unglücktem und Unzulänglichem fehlt es auch nicht. Es
wird niemanden wundern, daß die Ausstellung solch' Gesicht
zeigt; zeigt doch unsere Kunst im allgemeinen auch kein
wesentlich anderes. Und wenn einige der wenigen Talente
höchsten Ranges in unserer Ausstellung genügend vertreten

wären, so würde man diese für ein verkleinertes aber ganz
getreues Spiegelbild unserer Kunstzustände im großen
halten dürfen. Ein Lenbach ist freilich da, ein skizzen-
haftes Selbstporträt des Meisters aus dem Anfang der
fechziger Jahre, uud auch der stüchtigste Besucher wird
sofort von diesem Bilde durch die Noblesse des Tons und
die geistreiche Zeichuuug gefesselt werden und empfinden,
daß hier das Ungewöhnliche geboten wird; der eigentüm-
liche Zauber, den das Gcnie über jede, felbst die gering-
fügigste seiuer Schöpfuugen mit der Notwendigkeit eiuer
Naturerscheinung ausbreitet, hebt auch diese Lenbach'fche
Skizze sofort hoch über ihre Umgebung empor. Aber
dieser eine Lenbach müßte noch wenigstens einen Defregger,
einen F. A. Kaulbach, einen Diez, einen Andreas Achen-
bach zur Seite haben, wenn uns die Ausstellung annähernd
zeigeu wollte, welche Höhen die moderne Malerei in
Deutschland gelegentlich zu erreichen vermag. Und so wie
wir die Namen unserer Besten nur spärlich vertreten finden,
so siud auch die hervorragenden Namen des Auslandes
nichts weniger als vollständig in den Sälen der Kunst-
haüe vereinigt. Auch das Ausland hält sich anf dem
Niveau des Tiichtigen, Fleißigen, Achtbaren und sinkt nur
ganz gelegentlich einmal tief in die Regionen der Stümperei
hinab, wie z. B. mit den beiden Bildern des Profeffors
Antonio Licato in Neapel.
Schienen schon auf der großen Berliner Jubiläums-
Ausstellung die nationalen Unterschiede oft sehr verwischt,
ja im Vergleich zu den Unterschieden, die sich etwa im
17. Jahrhundert zwischen Jtalienern, Niederländern, Deut-
schen, Spaniern und Franzosen zeigten, kaum noch erkenn-
bar, so machen wir auf unserer kleinen Hamburger Aus-
stellung diese Wahrnehmung in noch erhöhterem Maße.
Ein Streben nach Wahrheit zeigt sich überall und der
Hydra des akademischen Manierismus scheint die moderne
Kunst für eine zeitlang die Köpfe abgeschlagen zu haben;
aber auch überall begegnen wir der Anschauung, daß das
erste beste, was dem Maler zufällig vor Augen lag, schon
ZI'
 
Annotationen