Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

DOI Artikel:
Widmann, Joseph Viktor: Der Monumental-Friedhof (Cimetero monumentale) zu Mailand: eine Reise-Erinnerung
DOI Artikel:
Pecht, Friedrich: Künstlerische Weihnachtsgaben, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0125

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der llloiiumental-^riedhof zu INailand. l)on I. !). Widmann. — üünstleriiche lVeihnachtsgaben von Fr. jdecht 89


aus^der persöulichen Geschichte des Verstarbenen wissen,
uni die Beziehungen ganz zu verstehen, die auf dem
Sarkophage angedeutet sind. So thront z. B. auf dem
ziemlich hohen Unterbaü über dem Grabe des angesehenen
Bilhauers Antonio Tantardini ein schönes Müdchen von
eigentümlich verdrossenem, nicht trauerndem, sondern trotzi-

Maße zuerkennen, als ihrer alteren Münchener Schwester.
Das hängt nun allerdings genau mit jener gewaltigen
Verwandlung zusammen, die mit der Reichshauptstadt
selber vorgegangen, seit sie sich erst zu diesem Range
emporgeschwungen. Berlin nämlich, früher die charakter-
loseste Stadt in Europa, bekommt zugleich mit seiner

gem Gesichtsausdruck. Dieser Bildhauer ist selbst der kolossalen Vergrößerung auch eudlich eine sehr ausgeprägte
Scköpfer mancher hier vorhandenen Monumente, z. B. Physiognomie und einen sehr entschiedenen Charakter. Selbst-
des schönen Grabmals der Familie Scorzini. An dem verstündlich einen deutschen, von dem es früher keine Spur
Grabmale eines andern Bildhauers, Andrea Boni, steht zeigte. —^ Sah man da bald steifen, bald aufgeblasenen
die trauernde Muse seiner Kunst. Hier sei
auch des Bildhauers Tabacchi gedacht, der
besonders in Engelgestalten, z. B. auf dem
Monument der Familie Pigni (1877), eine
unbeschreibliche Anmut uud Lieblichkeit aus-
zudrücken vermocht hat.
Doch, wie wäre es möglich, anch nur
die allerhervorragendsten Kunstwerke dieses
Campo Santo aufzuzählen? Eine Stadt
der Statuen erblickt mau, wenn man von
einer erhöhten Stelle der großeu Halle
am Ende des Friedhofes den Blick über
das Ganze gleiten läßt. Und man muß
nicht bloß die unerschöpfliche Phantasie der
Künstler bewuudern, die für denselben
tragischen Gegenstaud immer neue Jdeeu
aufzubriugeu wissen, sondern auch den pietüt-
vollen Sinn eiuer kunstfreundlichen Bevöl-
kerung, in welcher hundert und hundert
Familien für ihre Angehörigen aus eigenen
Mitteln das zu stande bringen, was in
den meisten Ländern diesseits der Alpen,
wo es sich z. B. um einen berühmten
Mann handelt, meist uur durch öffeutliches
Geldsammeln annähernd erreicht wird. Jn
Mailand allein leben und finden dlrbeit
mehr als tausend Bildhauer. So ist es
in einem Lande, wo dem Volke von Haus
aus der Kuustsinn im Blute steckt.
Der Mailäuder Friedhof ist, vom
künstlerischeu Standpuukte aus betrachtet,
der schönste Jtaliens; der Genuas ist aller-
dings reicher und laudschaftlich in viel
schönerer Lage. Großartige Denkmäler mit
lebensgroßeu Statueu trifft mau übrigens
vereinzelt selbst auf Torffriedhöfen Jtaliens,
so z. B. auch in der Ilmgegend Luganos,
wo sie nieistens aus dem Atelier des vor-
trefflicheuTessinerBildhauersVelastammen. Vildnis rinrs Xraustskanrrs. (1866.) von chranz von Lenbach

Lkünstterische WechnachtMaüen
von Lr. Pecht
lSchluß)

l^j^enn es nnzweifelhast ein Vorzng der Kunstwerke wie
der Menschen ist, daß man ihnen den Voden deut-
lich ansieht, auf dem sie gewachsen sind, und der sie ge-
nährt hat, wenn sie mit einem Wort Rasse besitzen, so
muß man diesen Vorzug der „Berliner Bunten
Mappe", Originalbeiträge Berliner Künstler uud Schrift-
steller, (Müncheu, Verlagsanstalt Bruckmann, Preis kart.
10 M., eleg. geb. 12 M.), ganz gewiß in nicht geringerem
Die Runst für Alle II

Zopf, mageres ,und splitternacktes Hellenen-, mehr oder
weniger geistvolles Judeu- und Franzosentum, so war deutsch
uur die entsetzliche Nüchternheit sund 'sLangweiligkeit der
großen Masse. Jetzt^haben aber fünfzehn Jahre genügt,
um das genaue Gegenteil hervorzubringen, jetzt sind es
gerade die neuerstandeneu deutschen Bestandteile der Stadt,
die nicht nur am stolzesten, lebendigsten und naturwüch-
sigsten aussehen, soudern auch dem Ganzen jenen außerordent-
lich pikanten Reiz geben, wie er allem jugendlich Auf-
strebendem eigen.
Aber nicht nur die Hüuser und Plütze, sondern auch die
Meuscheu, welche sie füllen, haben sich selbstverstüudlich kaum
 
Annotationen