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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Heilbut, Emil: Reisebrief aus Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0193

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II. Iabrgang. Dest;o

Z5. Lebruar ^557


—Kerrausgegeben von Iuieöräch 'Aecht W—

„Lic Kunst fiir Allc" erscheiut in haibmoiiallichcn Heslcn von l'/c—S Bogen rcich illustricrten Textcs und ca. 4 Bitderbcilagcn in Umschlag. Abonnementspreis im
Buchkiandel odcr durch die Post (ReichspostvcrzcichniS Nr. 3lül, bavr. Bcrzcichilis 410) 3 M. 6ü Pf. flir das Bicrtcljahr (6 Heste); das einzelne Hcft
7S Pf. — Jnscrate lnur durch R. Mosse) die viergespalicne Nonparcillezcile Sü Ps. Iü,00ü Beilagen 60 M., bci größerem Format oder Umfang Preisaufschlag.

Reisebrief aus Dresden
Von Dermanri Delferich

i.
m Restauratioiissaal waren schou die meisten Fremdeu
beisammen, als ich hinunter kam, um meinen Kaffee
zu triuken. Kunslgespräche schwirrteu durch die Luft, uud
an den Wänden hingen Liotards unvermeidliches Choko-
ladenmädchen uud die so gradnasige Vestalin von Angelika
Kauffmann. Alles sprach vou der Kunst, die Atmosphäre
des sonst behaglich mit Topsgewächsen geschmückten Ranmes
schien damit wie geladen und selbst an meinem Nachbar-
tisch erwachte der Enthnsiasmus bei einem Familchen,
welches im übrigen nicht sehr für denselben disponiert
schien. Die Mama hatte bisher nnr nach Eiern geschrieen
(deren sich verzögerndes Erscheinen der Oberkellner symmetrisch
die Arme schlenkernd zu entschnldigen suchte), monsieur 1s
kils schien überhaupt noch nicht völlig wach zu sein und
barg das Haupt hinter der „Kölnischen", da ließ plötzlich
die Tochter, des Hauses Regentin, ihre Stimme laut
werden. Mamachen, sagte sie.
Mama sah sie an, auch der Bruder hob das Haupt
-— Mamachen, wie ich mich auf die Galerie freue.
Freust du dich anch? Wie? Nicht? Willst du dich mal
gleich freuen? Drängend und verweisend schüttelte sie
vor dem Zlntlitz der Mama den Zeigefinger, und diese,
aus Augen, die vielleicht die Sehnsucht nach Eiern so trüb
machte, strengte sich krampfhaft an, kunstbegeisterte Blicke
auf die Tochter zu werfen, wie als wäre es ihrer Seele
in der That ein inniges Bedürfnis, Rubens und Rem-
brandt wieder zu sehen. Ganz nach den Wünschen ihrer
Früulein Tochter.
Dieses Bild der zur Liebe zur Kunst gezwungenen
Mutter ist typisch für die Fremdengefühle in Dresden.
Jeder fühlt in Dresden die Verpslichtung des Galerie-
besuches und weh dem, der paßt. Es ergießt sich ja der-
selbe Frenidenstrom auch nach München und Berlin, aber
an diesen Orten wird er nicht so ausschließlich von dem
Bewußtsein einer Notwendigkeit in die Galerien getriebeu.
Berlin hat seine universelle Großartigkeit, München sein
Bier, aber Dresden hat nur die Galerie. Vielleicht daß
es nicht sowohl die Erwägung ist, die schönste der Galerien
Die Kunst für Alle II


WarmvrbüstL der Naiserin Kugusta. von A. wolff

Teutschlands zu betreten (eine Galerie, mit welcher nur
Florenz und Madrid gemessen werden können), wie die
Jdee, es wäre nobler, eine Sammlung zu besichtigen, die
Entree kostet, als eine, die gratis ist: jedenfalls nimmt es
>s
 
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