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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Aus Karlsruhe
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Voss, Georg: Die Berliner Kunstausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0453

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zss Aus Aarlsrube. vom kjerausgeber — Die Berliner Aunstansstellung. Von Georg voß
Sohn wäre! Jn der Mannigfaltigkeit der Erzengnisse hat dann Paul Marcus in Berlin Treffliches geleistet,
im Reichtnm der phantastischen Komposition stehen zwei Kandelaber nach Götz' Entwurf obenan. Auch
München ist dnrch Kirsch u. a. sehr gnt vertreten. Es wäre indes nnmöglich, alles Vortresfliche, was nächst
Karlsrnhe, Mnnchen, Leipzig, Berlin, Frankfurt rc. geleistet, auch nnr anzufnhren. — Leider habe ich anch
nicht mehr Zeit zum Besuche dcr eben jetzt in Freibnrg eröffncten oberrheinischen Gcwcrbeausstellung gefunden,
wo besonders die Schwarzwälder Uhrenindnstrie, dank dem Einflnß des begabten Architekten Bichweiler, die
überraschendsten Fortschritte zeigen soll.
Jch kehre daher zur Malerei znrück, wo ich bei Prof. Schönleber noch eine Reihe köstlichcr Land-
schaftsbilder von der Riviera und Venedig fand, die an Lichtfülle nnd Meisterschaft in Darstellnng dcs
Wassers und der Luft alles bisher von ihm Geleistete übertreffen und zngleich, wie die kürzlich in München
ausgestellten, eine Anffassung Jtaliens zeigen, die vou der bishcrigcn meist konventionell-idealisierenden voll-
ständig verschieden ist. — Am nächsten steht sie dem Naturalismns des Ciardi, ja übcrtrifft ihn in der Dar-
stellung des bewegten Meeres und selbst in Feinheit des Tons, wenn sie anch dcn Zaubcr des Sonnenlichts,
das er über die Lagune breitet, kaum erreicht. Jminer aber ift es eine hochinteressante künstlerische Per-
sönlichkeit, die sich in diesen Werken nnd ihrer, diesen sv unzähligemale be- nnd niißhandelten Vorwürfen
gegenüber, eine seltene Unabhängigkeit zeigenden Auffassnng ausspricht. Die streng stilisierende Darstellnng
Jtaliens und der südlichen Natur überhaupt vertreten dann mit besonderem Glück Kanoldt und Close, als
einstige Schüler Prellers und Rottmanns, der ja auch ein Badener war.
Das ist es nun überhaupt, was dieser jungen Karlsruher Schnle eine so große Bedeutnng sichert,
daß sie eine Anzahl Künstler zählt, die sich vollkommen sclbstündig und eigenartig ausgebildet haben und doch
zu den besteu und begabtesten Dentschlands zählen. Dicselbe wird daher noch ganz auders von sich reden
machen als bisher, wenn die Keller, Hoff, Heer, Volz, Götz, Schönlcber, Baisch, Hascmann rc. so fortmachen
wie bisher und ihr erhalten bleiben. — Siud sie doch mit ihreu Werken nur der höchste Ausdruck eines
künstlerisch von jeher hochbegabten und in voller Harmonie mit der ihn umgebenden reichen Natur ge-
bliebenen Volksstammes, Kinder desselben Geistes, der in Scheffels Werken einen so bezaubernden, Natur-
frische und Formvollenduug vereinenden Ausdruck gefnnden! — Vielfach verwandt mit dem österreichischen
Stamm durch die leichte Empfänglichkeit, das Talent nnd den Schönheitssinn, haben sie doch vor diesem das
rein deutsche Wesen und Empfinden voraus, das jenem in dem Wiener Völkergemisch oft, nnd nie zu seinem
Vorteil, verloren gegangen. Überdies lebeu sie hier, aufs liebevvllste behaudelt und gefördert vom Herrscher-
haus und getragen von der Neigung und Guust der gauzen Bevölkerung, in einer ganz andcren Atmosphäre
als der haß- und kampferfüllten, die dcn Künstler in Wien umgibt. Jm Gegenteil zeigen, dank dem Beispiel
des Regenteupaares, speziell die Karlsruher eine Liebe zur uud Aufopferuugsfähigkcit für die Kunst, die ihnen
vor zwanzig Jahren noch kein Mensch zugetraut hätte. Dafür hat die Kunst aber auch ihre Stadt aus einer
der langweiligsten und ödesten in eine der hoffnungsvollsten und liebenswürdig behaglichsten umgewandelt, die
wir in Deutschland besitzen.

Dre Berliner Kurrstausstellung

von Ge

er stolze Barock-Palast, welcher im vergangenen Jahre
für die Jubiläums-Ausstelliing errichtet wnrde, hat
abermals seine Hallen geöffnct. Der Abstand, welcher die
gegenwärtige Ausstellung von der vorigen treimt, ist natur-
gemäß eiu großer. Zn der vorigen Ausstellung war nm
der besonderen Veranlassung willen das beste zusaminen-
gebracht, was viele unserer bedeiitendsten Meister seit Jahren
geschaffen hatten. Dazu war das Ansland in einer bisher
in Berlin unerhörten Anzahl von tüchtigen Werken ver-
treten. Diesmal dagegen fehlt das Ansland so gut wie
ganz, nnd von den dentschen Künstlern ist ein Teil der be-
währtesten Kräfte ausgeblieben. Andreas Achenbach,
Bleibtreu, Böcklin, Bokelmann, Defregger,
Hähnel, Janssen, Fritz Aiignst v. Kaulbach, Len-
bach, Gab. Max, Menzel, Passini nnd Vantier sind
nicht vertreten. Ein vollständiges Bild von der Leistungskraft

rg voß

der dentschen Kimst darf daher nicmand hier erwarten.
Was indessen anf der Ansstellnng sofort ins Ange fällt,
das ist die große Anzahl von tüchtigen Werken jnnger und
wenig bekannter Künstler. Die Ausstellung liefert in dieser
Beziehung den Beweis eines außerordentlich frischen Vor-
wärtsschreitens der dentschen Kunst. Die Erfolge unserer
Knnst sind nicht mehr an wenige klangvolle Namen ge-
bunden, sondern ein junger Nachwuchs hat sich mutig an
die Seite der Alten geschwnngen und dies nicht in be-
fangener Nachahinimg des Stils der älteren Meister, son-
dern in der überall hervortretcnden Absicht zn einer neuen
und vollkommcneren Darstellung der wirklichen Wclt hin-
durch zu dringen. Die Kämpfe auf diesem Gebiete werden
gerade von den jungcn Künstlern ausgefochten.
Das Hauptthema unter diesen neuen Bestrebungen
ist die Darstellung eines hellen Tageslichts, welches
 
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