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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Aus Karlsruhe
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0449

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n. Iahrgang. Left L3

Geptember


Ker«ausgege6en von Irieörich 'UechL

,Tie Kmlst fiir Asle" erscheinl in halbinonallichcn Heften von 1V2—2 Vogen reich illustrierten Textcs und ca. 4 Bilderbeilagen in Umschlag. Abonnementspreis im
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Nus Karlsruhe
vom L)erausgeber
gi.l^an kaim die badische Hanptstadt nie besuchen, ohne über ihr jetziges ebenso fröhliches als gesundes Anfblnhen
das lebhafteste Vergnügen zn empfinden. Jst sie anch immer noch wcit entfernt, das brausende Leben
zn zeigen, welches das benachbarte Franksurt durchflntet, oder den Reichtnm, der einem dort auf Schritt und
Tritt eiitgegenkvmmt, so bemerkt man doch die steigende Wohlhabenheit an den überaus zahlreichen und oft
sehr künstlerisch ansgeführten Bauten, die im merkwürdigsten Gegensatz zn der früheren Kläglichkeit stehen, wie
sie von der steigenden Kunstliebe der Bevölkernng ein überaus vorteilhaftes Zeugnis ablegen.
Worin Karlsrnhe aber sowohl dem soviel reicheren nnd dreimal größeren Frankfurt, als —
München, Berlin, Dresden und Düsseldorf ansgenommen — sämtlichen übrigen deutschen Städten entschieden
überlegen erscheint, das ist die wachsende Bedentnng der dortigen Knnstschule. Vorab, weil sie mit dem mäch-
tigen Wachstum der Stadt selbst im genanesten Zusammenhang steht. Jch wüßte in der That nicht, daß ich
irgendwo die architektonische, plastische und malerische Thütigkeit in so vollkommener Harmonie znr Bildnng
einer wirklich natnrwüchsigen Kunst vereint getroffen hätte, die allen ihren Erzeugnissen einen so durchaus
gesnnden, gemeinsamen Charakter anfzndrücken im stande wäre. Offenbar hängt dies auf das engste damit
zusammen, daß die Hauptträger dieser Knnstblüte nicht mehr von überall her aufgelesen und „berufen" sind,
sondern alle dem Lande selbst oder doch der nächsten Nachbarschaft entstammen, also den festen Boden eines
gesunden Volkstums unter sich, die Gleichheit des Geschmacks und des Charakters mit denen gemein haben,
deren ideale Welt sie gestalten sollen.
Ein weiterer günstiger Umstand war dann. daß sich unter dem Dutzend ausgezeichneter Klinstler,
welche jetzt die Führnng der Schule übernommen, zwei Talente ersten Ranges befanden, um welche sich dann
die andern ganz natnrgemäß gruppierten. Zunächst der Architekt Durm, der als Chorführer bald die Bild-
haner Volz, Heer und Möst bei seinen zahlreichen Bauten beschästigte, und die aus der Kunstgewerbeschnle her-
vorgehenden Talente ebenso in Anspruch zu nehmen imstande war.
Dem hochbegabten Architekten gesellte sich aber alsbald auch der große Maler zu, ohne den heutzu-
tage überhaupt keine Knnstschnle sich bilden oder auf die Länge bestehen kann. Man sagt gewiß nicht zn viel,
wenn man Ferd. Keller als die eigentlich treibende Krast dieser Schule bezeichnet, wie er jetzt nach Hans
Makarts Tode unzweifelhaft der erste Kolorist unter den dentschen Historienmalern nnd zugleich derjenige ist,
welcher der Freskomalerei eine ganz nene, nicht nachgeahmte, sondern vollkommen eigenartige, durch malerische
Freiheit und Schönheit gleich sehr bestechende Wendnng gegeben hat. An ihn schlossen sich dann Hoff, Schön-
leber, Baisch, Kanoldt, Hammer u. a. m. ganz naturgemüß an, nm eine Koloristenschule zu bilden, wie sie so
mannigfaltig und charaktervoll zugleich in Dentschland kanm je dagewesen ist, und wie sie vor allem der
Landesart des Gartens Dentschlands, des sonnigen Baden entspricht. Dieser allem Schönen mit Leidenschaft
zngewandten fröhlichen Landesart hätte eine Kunstrichtung wie die des Cornelius niemals entsprechen können,
so wenig als einer Zeit, welche wie die hentige sich der nach langen Kämpfen endlich glanzvoll errungenen
nationalen Einheit, Macht und Größe und einer Blüte erfreut, wie sie Deutschland seit dem sechzehnten Jahr-
hundert niemals mehr gesehen.
D,e Nunft für All- ll.
 
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