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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Barach, Moritz: Sommerausstellung im neuen Künstlerhaus zu Salzburg
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunst-Literatur und vervielfältigende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0425

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Sommerausstellung in Salzburg — Personal- und Ateliernachrichten

aber scheinen, quantitativ ist die Ausstcllunc; diesmal besser gestaltet,
das Gute ist niehr konzentriert, es mus; sich nicht zu sehr durch
das Mittelgnt dnrchzwttngen nnd daS Bortreffliche prüsentiert sich
voniehmer und mit mehr stolzer Ruhe. Ilustreitig ffudet sich
diesmal viel Schoneres vor und es zeigt sich im allgemeinen ein
cntschiedener Fortschritt in der Wahl der aufgeuommeueu Bilder.
Leider verbietet uns der karg zugemessene Raum, so eiugehend
als wir verlockt werden, auch nur auf die ganz besonderS hervor-
ragenden Objekte der Ausstellnug hmzuweisen. Dennoch konnen
wir nicht uuterlasseu, eiuige Bilder besvnders hervorzuhebcu. Da
tritt unS schon vor allem ein „Motiv ans Norwegeu" von A.
Normann in Düsseldorf mttchtig anziehend eutgegen. Es stellt
eine gcwaltige Berg- oder eigentlich FclSgegend dar, riesige, im-
ponierende Massen, »ngeuwhnliche Forme», wie wir sie in unseren
Bergeu kaum kennen lernen. Darum mag viclleicht das Ganze
sremdartig erscheincn, aber eS ist mit starkcr Naturwahrheit ge-
gebeu. Die Techuik in der Darstellung ist groff und von
edlem Knnstsinn geleitet. Sv mancher dürfie meinen, eiu
duukel bewölkter Himinel, statt des frcundlichen htttle besser
gepafft, und dem Bilde einen viel groffartigcren Charakter ver-
liehen, und gewiff häite jeder andere Maler diesen Weg einge-
schlagen, um leichter eiuen allgemein zugttnglichen Effekt zu erzielen.
Normaun hat aber eiu heiteres Licht über die gewaltigen Steiu-
masjen verbrciteu ivolleu, und die Landschast am F-uffe der Berg-
partie erscheint dadurch von gewinnender Wttrme, und besvnders
der geradezu meistcrhaft ausgefiihrte See erweckt eine sehr s>i»i-
pathische Stimmung. So ichr bei dcm Bilde der Verstand des
Malers gewirkt hat, so jehr hat auch seiu Gemüt mitgeschaffen.
Gerade dieser Vereiuigimg aber verdankt das Gemttlde seine un-
widerstehliche Wirkung. Es dürfte hier am Plaüe sein, an Grill-
parzers Verse zu erinner»:
„Der erste Stoff, er kommt aus Gottes Hand,
Draus spinnt seiue Fäden der Verstaud,
Doch soll das Gespinnst dir Nuffen geben,
Muff ueu das Gemüt es zum Stoffe weben."
Doch wir wvlleu den Beschauer zu einem zweiten Bilde
mit incht miuderer kiiustlerischer Bedeutung führen, das uuser
Juteresse, wenn auch in ganz auderer Weise in Anspruch nimmt.
Es ist das A. Schöns: „Jm Bräustüblgarten zu Salzburg",
eine wahrhaft anmutende Arbeit des trefflichen Meisters. Es
sprießt aus dem ganzen ein so duftiger, aus dem wohlwollendsten
Herzeu hervorbliihender Hunwr, daff man förmlich angesteckt wird
von dcm volkstümlich lebensfreudigen Siuu, der über der figuren-
reichen, getreu der Natur abgelauschten Gruppe schwebt, welche
das Gemälde in den glücklichsten Farben und iu trefflicher Cha-
rakteristik darstellt. Die nach Salzburger Art dicht aneinauder
gedrttngten Verehrer des Gersteusafts sind in den mannigfachsten
Gattungen, verschiedensten Ausdriicken der Genufffreude vom Pinsel
erfafft und köstlich ist besvnders der im Vordergrunde stehende
trunkselige Landmann mit ti)pischem Ausdnick des echten Salz-
burgers, ebenso ist links der Wurstfanatiker entworsen, dcr am
Tische silit und uach dem juugen Mann, offenbar einem ermüdeten
Touristen oder etwa wandernden Malcr schielt, der nicht Irinkt,
nicht ißt, sonderu enist und beivundernd iu die Gegend hinaus-
blickt. Durch diese einzige Figur ist es dem sinnigen Künstler
gelungen, iu den Jubel des Ganzen eiuen feinen Gemütton hinein
zu bringen. — Minder ivollte uns A. Schöns zweites Bild in
dieser Ausstellung: „Masken" befriedigeu. Es ist ebenfalls
figurenreich. Der Maler zeigt iu der Gruppierung und Farben-
ökonoinie seiue vielbewührte Meisterschaft, aber es >cheint uns, als
habe hier mehr die Kombination in der Jdee geschaffen und
Griffel und Pinsel sich weniger von der Natur fllhren lassen.
Demwch macht auch dieses Bild eine fröhliche, wenu auch flüch-
tigere Wirkung als das ersterwähute.
Doch uoch zu rechter Zeit besinnen wir uns, nnd Jhrer
Weisung gedenkend, uns möglichst kurz zu fassen, wolleu wir uur
die Zügcl, die wir bisher etwas locker hielten, straffer anziehen.
Demgemäff erwtthncn wir vor allem wciter, daff einige Gemttlde
ülterer Meister, wie Amerling, Achcnbach, A. Zimmerinann,
Schleich mit ihren incht mehr neucn, aber meisterlichen Leistungen
zur Zierde der Ausstellung gercichen, uud neuerlich ihre immcr
frische Wirkung nicht versagen. Ferner seien hervorgehoben: Fr.
v. Pausinger „Viehmarkt", lebeudig gruppiert, mit gewohnter
Korrektheit in der Zeichnung und nicht ohne Humor; Colombo
aus Mailaud „Am Lande", naturtreu und farbenfrisch; Steg-
inanii (Düsfeldorf) „Aus der Lorenzokirche in Nüimberg", sehr
stimmuugswarm; Grützner (München) „Weinprobe", bedeutend

in der virtuosen Verteilung von Duukel und Licht, ün bekannten
glücklichen Genre gehalten: Hanptmann(München) „Erechtheion",
durch edle Zeichnuug und milde Farbe hervorstechend; Hinter-
holzer, Salzburg „Waldinneres im Herbste", mit feiner Em-
pfindnng uud poetischer Stimmung, die vielleicht durch die Staffage
eher alteriert, als gefördert wird; Ondrizek Salzburg „Damen-
portrttt", sorgfttltig und elegant ausgeführt: Egon Norden,
(München) „Wie Groffmutter spinnl", sebr bübsch und uiedlich;
Dahl (München) „Jn der Wjese", warm in Jdee und Farbe,
nur ein bischen — affektiert; Hermanu Kaulbach, eiue reich
ausgeführte Kvstümstudie auS der gräfl. Arco'scheu Galerie im
Schloff Acuf; Julius Grau (Berlin) „Anwrund Psyche" geist-
reich gedacht und trefflich durchgeführt, und noch viele audere, die
alle zu erwtthnen zu weit fiihreu würde. Vvu „Stillleben"
sind so viele vorhanden, daff mau fast — nuruhig werden könute,
wenn nicht jene von Efflinger, Chartenwnt, Mikesch, Lorinser,
Gchbe, Millbacher uns durch Slimmung und fleiffige, technisch
routlnieite Durchführung deinwch zu fcsseln wüfflen.
Vorzügliches enthttlt die Abteilung für Pastellmalerei nnd
Aguarelle. Da stehen voran die Jtaliener Rochi, Bodini,
Achini, Bvmpiani, Colombo. Sehr uelte Aquarclle hat
die küustlerisch so bevorzugte Grttfin Lamberg geliefert: Reise-
skizzen aus Dalmatieu. Wahre Perlen aber in dieser Abteilnug
bildeu die virtuos gemalten Aquarelle uud Pastelle von der
Wienerin Charlotte Lehmann. Summa Summaruni: Eine
sehr hübsche Ausstellung. M.

Personal- und Meliernnchrichten
—r Der bisherige Prttsident der kvinglicheu Akademie der
Künste, Historienmaler Prvf. Karl Becker, desjen Amtsperiode
mit Ende September d. I. ablttuft, ist von dem Senat siir das
GeschttftSjahr vom l. Oktvber 1887 bis ult. September von
neiiem zum Präsidenlen der Akademie erwtthlt worden und hat
die Allerhöchste Bestätigung als solcher bereits erhalten. ?lls
Stellvertreter des Präsidenten, bisher Geheimer Regierungs-Rat
H. Ende, ist der Musiker, Profcssor Or. Josef Joachim nach
erfolgter Wahl für die gleiche Zeit bestätigt wvrden.
" Der Maler Prof. Fritz vou Uhde ist zu mehrmonat-
lichem Aufenthalte nach DreSden übergesiedelt. Er malt an dem
Bilde einer Kinderprozession.
—r Der Senat der dlkademie der Künste zu Berlin hat
eins seiner lebenSlänglich ernannten Mitglieder, den Historienmaler,
Professor Karl Gottfried Pfannschmidt, am 5. v. Mts. durch
den Tcd verloren. Wir werden Gelegenheit nehnien, auf deu
Verstorbeueu im uttchsten Heft noch in einem besondereu Aufsatz
zurückzukommen.
Berliu. Ildolf Menzel hat im dluftrage der Stadt
Hamburg dcn Ehrenbürgerbrief siir den Stisler der englischen
Galerie in der Hamburger Kunsthalle, Herru Schwabe in London,
genialt. Jn diesem neuesten Werke Menzels, das al? eine sciner
vollcndetsten dldressenmalereien gepriesen wird, ist von besonders
ursprünglicher Erfiuduug die Figur der Stadtgöttin, die Hammonia.
Jm Vordergruude ist als besonderes Sinnbild Haniburgs die
Vereinigung des Meeres mit der Elbe durch zwei allegorische
Figuren von groffer Schönheit dargestellt. Es lväre dringend
wünschenswert, daß dieses bedeutende Werk des greisen Meisters
in Deutschlaud zur dlusstellung gelangt. Der hochherzige Kunst-
sammler, für den der Ehrenbürgerbrief bestimmt ist, wird sich
gewiff gern zu diesem Opfer bereit finden lassen.
— Klaudius Schraudolph hat in München jetzt auch
die Fresken der dritten Fassadenseite des Hütcl Bellevue beendet,
von welchem er schon früher zwei Seiteu" iu gleicher Weise ge-
schmückt hatte. Entwurf und Zeichnuug der Fassade stammen
von ihm selbst und die Detailausfühi'ulig des architektonischen
Teiles von den Regieruiigsbaumeisteru Eiseulohr und Weigle
in Stuttgart her. Die Ausführung geschah durchweg mit Keim-
schen Mineralfarben, und zwar sührten den figürlichen Teil
Schraudolpb und seiu SchülerGebhard Fugel, den architektonischen
die Dekorationsmaler Leutner, Dietl uud dessen Schüler
Kellner aus.
6. V. Berlin. Ludwig Knaus' neuestes Werk stellt
ciuen verarmten Greis dar, der im Kaffcehause beim Glase Grog
die Zeitung liest. Jm Hintergrunde des Gemäldes steht die Jn-
schrift „sic tr.-insit gloria inunäi". Der Eindruck der herabge-
konimenen Größe spricht aus den schlaffen Zügen des fein ge-
schnittenen Kopfes sowie aus der ganzen zerlumpten Erscheinung.
 
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